„Worms Stück für Stück“ – Bauer und Bäuerin beim „Brüten“
Eine Pressemitteilung der Stadt Worms:
Diese tönerne Prägeform zeigt ein seltsames Bild: Ein Bauer mit entblößtem Gesäß, der auf einem Korb Eier „brütet“. Ihm gegenüber betrachtet eine Bäuerin ein Ei in der erhobenen Hand. Das Spruchband dazwischen kann uns den Sinn nicht mehr verraten: Es ist kaum mehr zu lesen. Das „Brüten“ war ein häufigeres Bild in der Satire der Zeit und ist hier vielleicht als Metapher für eheliche Sexualität zu verstehen.
Das Museum Andreasstift besitzt noch weitere dieser „Model“, die zu Beginn der Frühen Neuzeit beliebt waren, um vor allem Küchlein herzustellen. Auch das Nachlass-Inventar des Patriziers Claus Stalburg von 1524 erwähnt einige „kuchelstaine“ mit mythologischen, christlichen und volkstümlichen Darstellungen. Einer davon war diesem offenbar ähnlich: Zu sehen sei „eyn bauer und 1 weip, die dreschen aus eyeren jung huner“. Beauftragt hatte er die Model beim Metallschmied Hartmann Kistener in Frankfurt, der also vielleicht auch die Form im Besitz des Museums angefertigt hat.
Die Zusammenarbeit von Bauer und Bäuerin war vor 500 Jahren angesichts eines Lebens am Existenzminimum und der Bedrohung durch Schädlinge und Missernten unerlässlich. Das „Ehe- und Arbeitspaar“ bildete sich im Mittelalter als eigene wirtschaftliche Einheit heraus. Es konnte – bei allen Abgaben an Kirche und Grundherrn – immer freier über den Gewinn aus der eigenen Arbeit verfügen und diesen auch besser vererben. Die Frau wurde wirtschaftlich wichtiger und bekam mehr eigene (auch rechtlich gesicherte) Spielräume.
Auch im Bauernkrieg von 1525 spielten Frauen eine Rolle. Bekannt wurde die „schwarze Hofmännin“ Margarethe Renner, die die aufständischen Bauern der Umgebung Heilbronns anspornte und dafür ins Gefängnis geworfen, aber später freigelassen wurde. Mehr über den Bauernkrieg und seine Zeit erfahren Sie in unserer Sonderausstellung „‘Die Luft der Freiheit‘ – 500 Jahre Bauernschlacht Pfeddersheim 1525“ ab dem 4. Juli. Die interessante Prägeform ist dagegen schon jetzt in der Wechselvitrine im Erdgeschoss des Museums Andreasstift zu sehen.