Was Grundstücksgeschäfte der Stadt Oppenheim angeht, konzentrierten sich die Vorwürfe des unbekannte Verfassers des Memorandums gegenüber dem Bundestagsabgeordneten und Bürgermeister der Stadt Oppenheim, Marcus Held, konkret auf vier Punkte, die wir nachfolgend aufgeführt haben. Bei einem Gespräch am 05. April mit Marcus Held nahm dieser ausführlich Stellung zu den einzelnen Vorwürfen.
VORWURF 1: ÜBERNAHME EINES SCHEINGESCHÄFTS BEIM KAUF DES GRADINGER-GRUNDSTÜCKS
Schon seit längerem Stadtgespräch in Oppenheim ist der am 1. April 2016 abgewickelte Grundstücksverkauf zwischen Horst Gradinger und der Stadt Oppenheim. Dass der Besitzer eines bekannten Möbelhauses Verkaufsabsichten gehegt hatte, war schon seit einigen Jahren öffentlich bekannt. Darauf beziehend unterstellt der anonyme Verfasser dem Bürgermeister von Oppenheim, dass auch er von den Verkaufsabsichten Gradingers gewusst haben muss, aber trotzdem habe er eine vollkommen überflüssige Vermittlungsleistung zu Lasten des städtischen Haushaltes übernommen. Tatsächlich zahlte die Stadt Oppenheim an Herrn Gradinger einen Kaufpreis in Höhe von 580.000.- Euro sowie 5,95% Maklercourtage an ein zwischengeschaltetes Immobilienbüro namens „frb-Immobilien“. Dass an einen Makler 34.510.- Euro Courtage gezahlt wurden, ist dabei weniger Stein des öffentlichen Anstoßes, sondern vielmehr die Tatsache, dass hinter dem Regionalbüro Bad Kreuznach, über das der Kauf abgewickelt wurde, die Eheleute Ute und Erich Menger stehen. Herr Menger ist der Amtsvorgänger von Marcus Held als Stadtbürgermeister von Oppenheim. Sowohl Erich als auch Ute Menger gehören beide, genauso wie Held, der SPD an und sind nach Mengers Amtszeit nach Bad Kreuznach verzogen. Dass ein ehemaliger Stadtbürgermeister einige Jahre nach seiner Amtszeit nicht unerheblich von einem Grundstücksverkauf in seiner alten Heimat profitiert, war schnell Stadtgespräch in Oppenheim. Held erklärte im Gespräch mit unserem Magazin, dass Gradinger tatsächlich schon seit etlichen Jahren auf der Suche nach einem Käufer für sein Grundstück gewesen sei und habe zunächst ein regionales Maklerbüro mit der Suche beauftragt, jedoch erfolglos. Dass Gradinger dann seinen alten „Busenfreund“ (Held: „Das können Sie ruhig genau so schreiben!“) Menger eingeschaltet habe, der mittlerweile in der Immobilienbranche tätig war, könne man doch nicht ihm als seinem Nachfolger anlasten. Davon abgesehen hat sich Held beim Verkauf des Gradinger-Grundstücks an den Ratsbeschluss gehalten, der einen Kaufpreisrahmen von 620.000 Euro festlegte, inklusive aller Nebenkosten wie z.B. Maklercourtage. Der unbekannte Verfasser des Memorandums wirft Held vor, dass die Übernahme einer Provisionsverpflichtung lediglich ein Scheingeschäft und die eigentliche Intension eine andere gewesen sei. Man kann es aber drehen und wenden, wie man will: Man wird in dieser Sache nicht mehr weiter kommen, denn der einzige, der Auskunft geben könnte, ob er aus Gefälligkeit eine Maklervereinbarung zugunsten Mengers unterschrieben hat, wäre Horst Gradinger selbst. Der ist aber zwischenzeitlich verstorben.
VORWURF 2: MERKWÜRDIGKEITEN BEI DER ENTWICKLUNG UND VERMARKTUNG VOM „KRÄMERECK-SÜD“ DURCH DIE STADT OPPENHEIM
In den Verlautbarungen der Stadt Oppenheim wird im Zusammenhang mit Bauprojekten immer wieder auf die Beauftragung von PlangUT, in Person von Rudolf Baumgarten, verwiesen. So auch bei der Entwicklung des Baugebietes „Krämereck-Süd“. Die Geschäftsadresse der Firma PlangUT ist die Merianstraße 2, was die gleiche Adresse wie das Rathaus Oppenheim ist, die Internetseite weist das Unternehmen als „Planungsgemeinschaft für Umwelttechnik“ aus. Wenn man nun – ähnlich wie bei dem Verkauf des Gradinger-Grundstücks – eine Verbindung zur SPD sucht, muss man nicht lange suchen, denn Rudolf Baumgarten ist Ortsbürgermeister von Uelversheim, einem neun Kilometer von Oppenheim entfernten Ort mit knapp 1.100 Einwohnern. Außerdem ist Baumgarten Beisitzer im Vorstand der SPD Rhein-Selz, deren Vorsitzender Marcus Held ist. Der besagte Baumgarten tritt bei der Vermittlung der städtischen Grundstücke gleich doppelt in Erscheinung. Vorab sollte man erwähnen, dass die meisten Grundstücksinteressenten direkt an die Stadt Oppenheim als Grundstücksverkäufer herangetreten waren, weil sie aufgrund großflächiger lokaler Plakatwerbung, über das Internet oder schlichtweg aufgrund von Ortskenntnis, was in einem Ort mit 7.000 Einwohnern sicherlich nicht ungewöhnlich ist, auf das Neubaugebiet Krämereck-Süd aufmerksam geworden waren. Der Vorwurf des anonymen Verfassers des Memorandums geht dahin, dass Herr Baumgarten bei der Vermittlung der Grundstücke nie in Erscheinung getreten sei und seine Aufgabe allenfalls darin bestanden hätte, Grundstückinteressenten die entsprechenden Pläne und einen Grundstückskaufvertrag zuzusenden. Trotzdem sei regelmäßig die Hinzufügung entsprechender Maklerklauseln erfolgt, denn auch bei der Vermarktung des Baugebietes „Krämereck-Süd“ kommt erneut Rudolf Baumgarten ins Spiel. Die Verträge enthielten zusätzlich eine so genannte Maklerklausel zugunsten der Firma „ImmobilienService Rudolf Baumgarten“. Diese Klausel enthielt folgenden Wortlaut: „Die Vertragsbeteiligten erklären, dass dieser Vertrag durch Vermittlung der Firma ImmobilienService Rudolf Baumgarten, 55278 Uelversheim, Ulfriedstraße 31, als Makler zustande gekommen ist…() Der Käufer hat nach seinen Angaben mit dem Makler vor der heutigen Beurkundung vertraglich eine Maklerprovision in Höhe von 2 Prozent des Kaufpreises zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer (also insgesamt ____Euro) vereinbart.“ Bei einer zu vermarktenden Fläche von 13.100 m² im Neubaugebiet Krämereck-Süd kommen mal eben zwei Millionen Euro an Verkaufserlösen zusammen, für den Makler blieben für die Vermittlung immerhin noch 40.000.- Euro, sofern alle Käufer 150.-€ pro Quadratmeter zahlen und alle die Maklerklausel unterzeichnen. Und die Nachfrage war so groß, dass die SPD Oppenheim sogar einen Antrag im Stadtrat einbrachte mit Kriterien, nach denen potentielle Grundstückskäufer bevorzugt behandelt werden sollten, wie z.B. Familien mit Kindern, bauwillige Einheimische oder Leute, die z.B. über ein Gewerbe oder einen Verein mit Oppenheim verbunden sind. Warum man trotz dieser offensichtlich großen Nachfrage ein Immobilienbüro zwischengeschaltet hat, erschließt sich auf den ersten Blick nicht. Auf Nachfrage erklärte Held im Gespräch mit unserem Magazin, dass man im Rathaus Oppenheim gar nicht die Kapazitäten habe, um die insgesamt 55 Grundstücke der Stadt an den Mann zu bringen. Dazu müsste man einen Mitarbeiter monatelang nur diesen Job verrichten lassen. Die Kritik an den hohen Kosten für vergleichsweise geringe Leistungen lässt Held ebenfalls nicht gelten und relativierte uns gegenüber, dass die Maklercourtage mit 2% noch vergleichsweise gering ausfallen würde, da Baumgarten selbst auf mehr Prozente verzichtet hätte. Was die strafrechtliche Relevanz der Sache angeht, kann sich Held auch hier auf einen Stadtratsbeschluss beziehen, denn Baumgarten wurde sowohl als Planer als auch als Makler vom Oppenheimer Stadtrat beauftragt, weil seine hervorragende Arbeit über die Parteigrenzen hinweg geschätzt werde, so Held. Baumgarten ist auch regelmäßig als nicht-stimmberechtigter Gast in den Oppenheimer Stadtratssitzungen in beratender Funktion tätig. Für seinen Job als Ortsbürgermeister erhält Herr Baumgarten eine Aufwandentschädigung von 981.- Euro pro Monat, mit seinen Firmen PlangUT und Immobilien-Service Rudolf Baumgarten erzielt er durch die Entwicklung und Vermarktung des Neubaugebietes Krämereck-Süd der Stadt Oppenheim sechsstellige Umsätze. Alleine das mag für Kritiker bereits ausreichen, um laut „Vetternwirtschaft“ und „Kumpanei“ zu rufen, die es – nebenbei bemerkt – in dieser Form in nahezu allen Städten Deutschlands gibt; längst nicht nur in Oppenheim. Jedoch hat dies weder für den Rechnungshof noch für die Staatsanwaltschaft eine strafrechtliche Relevanz, denn sowohl bei der Beauftragung von Rudolf Baumgarten als Planer ebenso wie als Immobilienmakler handelt es sich erneut um die Umsetzung eines Stadtratsbeschlusses und es liegt auch in diesem Fall keine strafbare Handlung Helds vor.
VORWURF 3: SONDERKONDITIONEN UND MÖGLICHE KORRUPTION BEIM VERKAUF AN FRAU SCHMITT
Dass nicht für alle Grundstückskäufer die gleichen Konditionen galten, wird deutlich beim Kauf eines Grundstücks von Petra Schmitt, der Mutter eines Mitarbeiters der „HGO – Haus und Grundstücksgenossenschaft der gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaft Oppenheim mbH“, deren Geschäftsführer Marcus Held ist. Die Käuferin profitierte gleich mehrfach von Sonderkonditionen. Zum einen wurde bei ihr auf eine Maklercourtage verzichtet, zum anderen musste sie nur 130.-€/m² zahlen, was bei einer Fläche von knapp 1.500 m², auf denen die Eheleute Schmitt einen KFZ-Handel errichten wollten, eine Mindereinnahme von ca. 15.000 Euro für die Stadt bedeutete. Während man diese Sonderkonditionen noch damit erklären könnte, dass der KFZ-Handel neue Arbeitsplätze im Ort schafft, profitierten die Eheleute Schmitt kurz danach ein weiteres Mal von einem vermeintlichen Schnäppchen, als man exakt 307 m² Fläche dazu gekauft hat. Nimmt man die von Held ausgehandelten 130.-€ /m² als Grundlage, wären immerhin noch 39.190.- Euro nachzuzahlen gewesen. Stattdessen hat Held zu notarieller Urkunde Nr. 1479/2016 des Notars Dr. Henning Münch (Oppenheim) vom 17. Oktober 2016 mit Frau Petra Schmitt einen pauschalen Ausgleichsbetrag in Höhe von lediglich 5.000.- Euro verabredet. 16.- Euro pro Quadratmeter für ein Gewerbegrundstück klingen zweifelsohne wie ein echtes Schnäppchen. Relativiert wird dieser Sonderpreis, wenn man sich das zugekaufte Grundstück auf einem Plan anschaut, denn bei den knapp 300 m² Fläche handelt es sich um einen länglichen Randstreifen, der ursprünglich als Notausfahrt für eine geplante Polizeistation vorgesehen war. Da diese Pläne aber nie umgesetzt wurden, war das Grundstück mehr oder weniger wertlos für die Gemeinde gewesen. Zugegeben: Dass die Mutter eines Mitarbeiters der HGO beim Kauf eines städtischen Grundstücks gleich mehrfach von Sonderkonditionen profitiert, erscheint im Sinne einer Gleichbehandlung aller Käufer nicht sonderlich fair. Warum Held jedoch bei dem Zukauf von 307 m² einen Pauschalbetrag von nur 5.000.- Euro vereinbart hat, erscheint plausibel, denn außer dem KFZ-Handel hätte diesen Randstreifen sonst keiner nutzen können. Wahrscheinlich hätte das als Erklärung gereicht, wenn Held nicht kurz nach der Abwicklung des Grundstückskaufs der Eheleute Schmitt selbst für Gesprächsstoff in Oppenheim gesorgte hätte, als er bzw. seine Frau Verena einen Mercedes Vito erstand. Für jeden auf dem Nummernschild lesbar: erworben beim „KFZ-Handel V. Schmitt – Dienheim/Oppenheim“. Sowohl in der AZ vom 28. März 2017 als auch unserem Magazin gegenüber erklärte Marcus Held zu diesem Vorgang, dass seine Frau das Auto zum normalen Marktpreis gekauft habe und das könne er auch belegen. Auf unsere Nachfrage, ob er dies, rückblickend gesehen, als sonderlich glücklich einstufe, dass seine Frau ausgerechnet dort ein Auto erworben hat, wo er kurz zuvor bei einem Grundstückskauf einen niedrig erscheinenden Pauschalbetrag verlangt hatte, räumte Held ein, dass er nicht erwartet hätte, welche Wellen das schlagen würde. Man habe sogar mehrfach Leute dabei beobachtet, wie sie heimlich ein Foto vom neuen Mercedes Vita der Eheleute Held angefertigt hätten. Im Übrigen konnte sich nach dem Gespräch keiner der beteiligten WO! Redakteure daran erinnern, dass Held hierfür tatsächlich einen Kaufbeleg vorgelegt hat. Da Held zuvor jedoch alle Vorwürfe akribisch wie ein Anwalt entkräften konnte, immerhin hat er Rechtswissenschaft und Jura studiert, würde es sehr verwundern, wenn er ausgerechnet für einen derart offensichtlichen Fall von Korruption keinen entlastenden Kaufbeleg vorlegen könnte.
VORWURF 4: MERKWÜRDIGKEITEN BEI DEN GRUNDSTÜCKSKÄUFEN FÜR DAS NEUBAUGEBIET „KRÄMERECK-SÜD“
Die Entwicklung und Vermarktung des geplanten Neubaugebietes erfolgte durch die Stadt Oppenheim. Für den Zwischenerwerb des Areals „Krämereck-Süd“ hat die Stadt zunächst die Grundstücke von verschiedenen Eigentümern erworben. Die von dem unbekannten Whistleblower beigefügten neun Rechnungen von Grundstückskäufen belegen, dass die Stadt Oppenheim alleine 184.870,80 Euro an ein und dasselbe Immobilienbüro gezahlt hat, nämlich die GAJ Immobilien-Vermittlungs-GmbH, mit Sitz ebenfalls in Oppenheim. Gesellschafter, laut der beim Handelsregister hinterlegten Gesellschafterliste vom 23.01.1997: Frau Anita Finck und Jutta Finck de Monts. Dass die GAJ GmbH zeitweise die gleiche Adresse und sogar den gleichen Briefkasten hatte wie das Oppenheimer Steuerbüro „Finck & Partner“, ist nicht verwunderlich, denn Jutta Finck von Monts ist auch Gesellschafterin in der Steuerkanzlei, deren Inhaber Georg Finck ist, was nebenbei auch den Namen „GAJ“ (Georg, Anita, Jutta) erklärt. Laut „Bundesanzeiger.de“, wo die Jahresbilanzen aller GmbHs veröffentlicht werden, war die GAJ GmbH seit ihrer Gründung 1997 bis ins Jahr 2013 umsatzmäßig nicht sonderlich in Erscheinung getreten. Im Jahr 2011 wurden auf Aktiva und Passiva eine Bilanzsumme von 21.000.- Euro ausgewiesen, was auf die Tätigkeit einer sehr kleinen Gesellschaft schließen lässt, die zudem seinerzeit einen Verlustvortrag von ca. 43.000.- Euro mit sich herumschleppte. Im Jahr 2013 betrug die Bilanzsumme der GmbH, die offensichtlich jahrelang als Abschreibungsobjekt fungierte, sogar nur 18.000.- Euro. Einzig in den Jahren 2014 und 2015, als die Stadt Oppenheim die Grundstücke für das Neubaugebiet Krämereck-Süd erwarb, erlebte die GAJ GmbH plötzlich einen wahren Boom, denn im Jahr 2014 schoss die Bilanzsumme hoch auf 187.000 und betrug im Jahr 2015 immerhin noch 152.000.- Euro. Zudem wies die GAJ GmbH zum ersten Mal in ihrer Firmengeschichte im Jahr 2014 einen Gewinn in Höhe von 105.000.- Euro aus. Dass die zuvor brachliegende GmbH ausgerechnet in diesen beiden Jahren ihren Umsatz fast verzehnfacht hat, hängt wohl in erster Linie mit den Provisionszahlungen der Stadt Oppenheim an die GAJ zusammen. Ab dem Jahr 2016 verliert sich die Spur der „GAJ Immobilien Vermittlungs GmbH“ wieder, denn bei Google steht heute als Info „dauerhaft geschlossen“ für die letzte Geschäftsadresse „Baumschulweg 34 in Oppenheim“. Wenn man die Internetadresse „www.gaj-gmbh.de“ aufruft, landet man beim „Hof am Eigelsbach“, denn in Nackenheim vermietet Oliver Finck Ferienwohnungen. Die heutigen Gesellschafter der GAJ GmbH sind Oliver Franck und Anita Franck, Jutta Finck de Monts ist im Juni 2016 aus der Geschäftsleitung ausgeschieden. Die vorliegenden Fakten und Zahlen legen den Verdacht nahe, dass die Aktivierung der GAJ in den Jahren 2014 und 2015 in erster Linie dem Zweck diente, die Grundstücksverkäufe für das Neubaugebiet Krämereck-Süd abzuwickeln. Dass die Rechnungen, wie der anonyme Verfasser ausdrücklich betonte, von Held handschriftlich abgezeichnet wurden, hängt schlicht und ergreifend damit zusammen, dass Held auch hier einen Stadtratsbeschluss umgesetzt hat. Denn schon im Vorfeld der Grundstückskäufe hatte der Stadtrat in Oppenheim, der sich mehrheitlich aus der „Großen Koalition“ aus SPD und CDU zusammensetzt, beschlossen, dass man auch Maklercourtagen übernehme, da man – entgegen der Behauptungen von Anonymus – sehr wohl im Wettbewerb gestanden habe. Und wie ist es der GAJ GmbH, die zuvor weder werblich noch durch eine hohe Vermittlung von Immobilien in der Region in Erscheinung getreten war, gelungen mindestens neun, eventuell noch ein paar mehr Grundstücksverkäufer davon zu überzeugen, ausgerechnet ihre Maklerdienste in Anspruch zu nehmen? Diese Frage konnte auch Marcus Held im Gespräch mit unserer Redaktion nicht beantworten, gab aber immerhin zu, dass er erst durch unseren geplanten Artikel erfahren habe, dass die GAJ einzig in den Jahren 2014 und 2015 so hohe Umsätze erzielt habe. Da aber auch die Zahlung einer Maklercourtage vom Stadtrat abgesegnet war und kein Zusammenhang zwischen Held und dem Steuerbüro „Finck und Partner“ erkennbar ist, kann Held in dieser Sache auch kein schuldhaftes Verhalten nachgewiesen werden.
WAS BLEIBT ÜBRIG VON DEN VORWÜRFEN?
Aus den groß angekündigten Vorwürfen des unbekannten Verfassers, die unter Umständen den Tatbestand der Korruption, die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Stadt Oppenheim oder die Missachtung eines Stadtratsbeschlusses rechtfertigen würden, ist nach Durchsicht der Fakten aus strafrechtlicher Sicht rein gar nichts hängen geblieben. Es wird deshalb keine große Überraschung mehr sein, dass sowohl die parteiinterne Prüfung als auch die Überprüfung durch den Rechnungshof keine oder kaum Beanstandungen ergeben wird. Von daher wird die Staatsanwaltschaft auch keine weiteren Ermittlungen aufnehmen und der Hauptverdacht des anonymen Informanten, dass es von den profitierenden Firmen so genannte Kick-Backs an die SPD und/oder Held gegeben habe, zielt somit erneut ins Leere. Dass die Rheinpfalz in Erfahrung gebracht haben will, dass aus Oppenheim ungewöhnlich hohe Spenden in der SPD-Parteizentrale eingegangen seien, interessiert dann ebenfalls nicht mehr. Laut einer von der WELT zuletzt 2013 veröffentlichen Liste von „Spenden von natürlichen Personen über 10.000 Euro“ tauchen sowohl Rudolf Baumgarten (14.000.- Euro) als auch Marcus Held (19.000.- Euro) auf. Eventuelle Spenden an SPD-Ortsvereine sind hierbei nicht erfasst. Darauf angesprochen, kann Held daran nichts Anstößiges finden. Sein Handwerk besteht nun mal daraus, Netzwerke zu knüpfen, Vertraute in gewisse Positionen zu hieven, Seilschaften zu pflegen und wenn es sein muss, auch mit dem Klingelbeutel Klinken putzen zu gehen, wenn eine Veranstaltung ansteht, für die noch Spender gesucht werden. Natürlich auch bei Firmen, die von einem städtischen Bauauftrag profitiert hätten. Das sei doch ganz normal, lässt Held durchblicken. Ebenso normal wie die Tatsache, dass es oftmals die gleichen Firmen sind, die für Bauaufträge der Stadt Oppenheim den Zuschlag erhalten und verdächtig oft ein rotes Parteibuch haben. Während die einen darüber die Nase rümpfen, weil ihr moralischer Maßstab etwas strenger angelegt ist, werden andere sagen, dass der vermeintlich veraltete Politikstil Helds sinnbildlich für die Politik in ganz vielen anderen Städten des Landes steht. Um aber die Frage zurück zu kommen, ob etwas von den Vorwürfen an Held hängen bleibt im Hinblick auf den anstehenden Bundestagswahlkampf: Von der rechtlichen Seite her dürfte Held rehabilitiert sein, aus moralischer Sicht, je nachdem wie hoch der Maßstab von Wählern angelegt wird, wird auf jeden Fall irgendetwas in der Sache hängen bleiben. Diejenigen, die den von Oppenheimern hinter vorgehaltener Hand gern benutzten Spruch „De Held hält die Hand uff“ bedenkenlos unterschreiben würden, fühlen sich durch solche Vorwürfe bestätigt – auch wenn sie sich letztendlich als strafrechtlich vollkommen haltlos erweisen.