11. Oktober 2013
Mozartsaal in Worms:
Phil Collins ist wohl unbestreitbar einer der erfolgreichsten Musiker unserer Zeit. 250 Millionen verkaufte Tonträger und zahllose Preise sprechen eine deutliche Sprache. Das ändert aber nichts daran, dass seine Musik bis heute zum Diskutieren einlädt. Schnulzenpop oder einfach nur kitschig, Ausverkauf des Genesis-Erbe sind Vorwürfe, die immer wieder auftauchen.
Eine Zeitlang wurde auch kolportiert, dass Phil Collins‘ Abkehr von der Bühne mit dessen gekränktem Ego in Verbindung stehen würde, was der Engländer in einem Interview eisern dementierte. JÜRGEN MAYER ist im wahren Leben Geschäftsführer einer Innenarchitektur und Möbelmanufaktur. In seinem zweiten Leben ist er jedoch hauptamtlicher Phil Collins Kopist und hat damit die schwierige Aufgabe, mit seiner Band den hochglanzpolierten Radiosound des britischen Musikers auf die Bühne zu bringen. Mit der Tribute Band PHIL aus dem Raum Karlsruhe tourt der Mann, dem man eine gewisse optische Ähnlichkeit mit dem Original nicht absprechen kann, seit 1998 durch die Lande.
Mit der aktuellen „Another day in paradise“-Tour machten sie auch einmal mehr in Worms Halt. Nachdem die Band im Vorjahr in einem ausverkauften Theatersaal gespielt hatte, entschloss man sich, die Bühne in diesem Jahr in den Mozartsaal zu verlegen, was für ein Konzert die durchaus logischere Wahl war. Dass der Publikumszuspruch dennoch deutlich verhaltener war, zeigte einmal mehr, wie unberechenbar das Verhalten von Konzertbesuchern ist. Das änderte jedoch nichts an der Begeisterungsfähigkeit des Publikums, das den Sänger aus Sulzbach wie einen alten Bekannten zu begrüßen wusste und auch sonst jedes nette oder noch so alberne Animationsspielchen des Frontmanns mitmachte. Besonders originell und vor allem nur leidlich witzig waren die Textkarten, die zu „Another day in paradise“ von der Band hochgehalten wurden. Natürlich musste man schon zu diesem Zeitpunkt seine Erwartungen relativieren. Wer eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Werk von Genesis erwartet hatte, gerade was die frühen Jahre anging, war natürlich bei PHIL fehl am Platz. Hier regierte die Zerstreuung, die simple Unterhaltung, die Lust, dem Publikum einen kurzweiligen Abend zu bieten. Beim ersten Hinhören war durchaus eine gewisse Nähe zum Original zu vernehmen. Doch auch wenn Phil Collins – und das, was er aus Genesis gemacht hat – umstritten ist, steht außer Frage, dass Collins ein großartiger Sänger ist und seine Begleitband musikalisch stets auf absolut hohem Niveau agierte. Bei der Band PHIL klangen die Songs jedoch wie von einer Tanzkapelle dargeboten, die gerade ihr viertes Set auf einer Hochzeit im Grünen durchzog. Das großartige „Against all odds“ verkam an diesem Abend zu einer unerträglichen Schmonzette inklusive einer vor Kitsch triefenden Duetteinlage, während Songs wie „Land of confusion“ oder „I can`t dance“, gerade was die Rhythmuslinie betraf, wie etwas betagt wirkende alte Bekannte durch den Mozartsaal rumpelten. Und die Stimme? Beim ersten Zuhören war dem Badenser eine Nähe zum Original nicht abzusprechen, doch was fehlte war dieses bestimmte Phil Collins-Gefühl, das die Songs zumeist vorm Abrutschen in die Kitschbox rettete. Jürgen Mayer sang die Hits, wie es ein Kopist tut. Er imitierte Stimmungen, kopierte den Gestus, ohne aber jemals das Original zu erreichen. Vor Jahren schrieb Ex-Kollege Koch einen Verriss zu einem Konzert der erfolgreichen Tribute Band und erntete dafür wütende Leserreaktionen. Im Nachhinein kann man ihm nur attestieren, dass er Recht hatte. Wer anspruchslose Zerstreuung suchte, wem es reichte, Songs zu hören, die so klangen als ob, wurde an diesem Abend gut bedient. Der Rest legte sich am besten nach der Show die Originale auf und schwelgte in nostalgischen Erinnerungen.
FAZIT: Tribute Band Konzert, das zu keinem Zeitpunkt schaffte, dem Original gerecht zu werden. Wenn das Vorbild schon stets an der Klippe zu Kitschpop agierte, hat die Band PHIL diese schon längst überschritten. Kopie ohne Gefühl für das Original.