18. März 2018 | Lincoln Theater in Worms:
Was wäre gewesen, wenn der legendenumwobene britische König Richard Löwenherz und der Sultan Saladin sich während des dritten Kreuzzuges angefreundet hätten? Wäre möglicherweise das gegenseitige Abschlachten der Armeen überflüssig geworden? Und hätte man sogar voneinander lernen können? Diesen Fragen folgte die Islamwissenschaftlerin Regina Urbach in einer ungewöhnlichen Soiree.
Die Bühne des Lincoln Theaters war an diesem Sonntag in orientalisches Flair getaucht. Teppiche mit prächtigen Verzierungen, Paravents, Wasserpfeife und ein Diwan verliehen der Bühne den Charakter einer Unterbringung, wie sie im Zeitalter des Kreuzzuges typisch gewesen sein dürfte. Liegend auf dem Diwan, räkelte sich unruhig ein offensichtlich kranker Mann, der von seiner Schwester umsorgt wurde. Bei dem Mann handelte es sich nicht einfach um irgendjemanden, sondern um den britischen König, dem derzeit in Speyer eine ganze Ausstellung gewidmet ist. Veranstaltet von der Nibelungenliedgesellschaft und konzeptioniert von Dr. Regina Urbach, wandelte der Nachmittag zwischen Vortrag, szenischem Spiel und musikalischen Beiträgen. Die kamen vom Dafa Ensemble, das mit klassischen arabischen Stücken der Veranstaltung den passenden akustischen Anstrich gab. Kern war jedoch das Verhältnis von Orient und Okzident, was anhand der anfangs geschilderten Szene veranschaulicht wurde. Denn während die Schulmedizin des Königs versagte, war es ausgerechnet der Araber Saladin, der offenbar die rettende Medizin hatte. Während Löwenherz‘ Schwester sich skeptisch zeigte, beschwichtigte er, getrieben vom Glauben an das Edle im Menschen. Historisch akkurat war das natürlich nicht, denn wie Dr. Urbach direkt im Anschluss an diese Szene aufklärte, geschah dies niemals. Passiert war sie nur in der Fantasie des Briten Sir Walter Scott und dessen Roman „Der Talisman“. In diesem Moment offenbarte sich ein weiterer Aspekt dieser Soiree, nämlich die Frage nach der Wahrheit. Am Ende besiegelt Löwenherz, der von Arnulf Kienast gespielt wurde, diesen Aspekt mit dem Ausspruch: „Vive la légende. Es lebe die Legende“.
Fazit: Es ist letztlich unerheblich, was wirklich in den wilden Zeiten der drei Kreuzzüge passierte. Was zählt, ist die Entwicklung der Geschichte. Leider ist rund 1000 Jahre später immer noch ein Graben zwischen den Kulturen auszumachen. Lernen von Saladin und Löwenherz, hieß an diesem Nachmittag, mit Respekt einander zu behandeln.