Es ist was mehr als 20 Jahre her, da war Worms in gewisser Weise ein El Dorado für den Autofahrer. Die Zahl der Zulassungen lag bei ungefähr 40.000 und überall in der Innenstadt konnte man ebenerdig parken, ohne sich umständlich durch ein Parkhaus manövrieren zu müssen oder in Feierabendstaus zu stecken. Doch die Zeiten haben sich geändert!
Heute sind mehr als 60.000 Autos zugelassen, viele Parkflächen sind verschwunden und das neu gebaute Parkhaus am Dom zeigt den Bürgern die lange Nase und wird frühestens Ende 2019 seine Schranken öffnen. Die Stimmung ist gereizt in Worms und gleichermaßen auch etwas schizophren. Einerseits sind sich die meisten Bürger darüber einig, dass wir mehr Lebensqualität wollen, sprich: entspannt im Grünen sitzen oder gemütlich einen Wein in der Stadt trinken; andererseits beharren viele auf ihr scheinbares Recht, alles auch mit dem Auto erreichen zu wollen. Natürlich ist uns 2019 weitestgehend klar, dass Autos nicht unbedingt zu einem besseren Klima beitragen, doch Umweltschutz hört leider bei vielen Menschen da auf, wo die vermeintlich persönliche Freiheit eingeschränkt wird. Zu sehen ist das immer wieder eindrucksvoll am absurden Verhalten vieler Autofahrer bei einem Ausflug in das Wormser Naherholungsgebiet namens „Wäldchen“. Auch am Osterwochenende drängten sich Massen an PKWs durch das Wäldchen, um zur Sandbank zu gelangen, den Tierpark zu besuchen oder einfach im Grünen zu flanieren. Der zuvor über die verschiedenen Wormser Presseorgane verbreitete Appell der Stadt Worms, wenn möglich auf das Auto zu verzichten, schien ungehört verpufft. Doch was kann die Stadt tun, um die Menschen zum Umdenken zu bewegen? Kann man von Familien mit Kind und Kegel verlangen, ohne Auto anzureisen? Das aktuelle Gedankenspiel der Stadt sieht vor, den Verkehr über eine Einbahnregelung durch die Kleingartenanlage Waldeslust zu lenken. Für die Anlieger ist das berechtigterweise ein absurder Gedanke, genauso wie der Ruf einzelner Autofahrer, durch den Bau zusätzlicher Straßen für Entlastung zu sorgen. Wofür ein Naherholungsgebiet, wenn keine Naherholung mehr möglich ist? Ein Anfang wäre es, eine Buslinie Richtung Tierpark zu veranlassen, aktuell ist dies nur mit Ruftaxis möglich. Letztlich wird auch eine Kontrolle, ähnlich wie beim Spectaculum, unumgänglich sein, denn auf die Vernunft alleine zu setzen, scheint eher unvernünftig. Es wird auch spannend sein, zu beobachten, wie man in naher Zukunft die Verkehrsberuhigung in der Innenstadt umsetzen möchte, denn das ist in Verbindung mit dem aktuell vorgestellten Tourismuskonzept geplant. Dem gegenüber steht nämlich, dass man getrost davon ausgehen kann, dass in den nächsten Jahren die Zahl der Zulassungen steigen wird. Und so lange keine Bereitschaft da ist, vielleicht mal andere Verkehrsmittel zu wählen, kann man davon ausgehen, dass die Beruhigung an einem Ort, zu mehr Unruhe an einem anderen Ort führt.