Es wird immer schlimmer in Worms, hört man an einigen Ecken in Worms. Für jene Mahner war wahrscheinlich die gewalttätige Auseinandersetzung in der Rheinstraße Wasser auf die Mühlen. Zusätzlich Bestätigung erhalten sie durch die gemeinsamen Kontrollaktionen von Polizei und dem städtischen Vollzug, die in jüngster Zeit medienwirksam durchgeführt werden.
Der Fall Rheinstraße beginnt sich zu klären…
Bereits nach dem schicksalshaften Samstag Ende Mai dürfte es aufmerksamen Wormsern nicht entgangen sein, dass es im gesamten Stadtgebiet vermehrt zu Polizeikontrollen kam. Anfang Juli berichtete die Wormser Zeitung schließlich über eine erste gemeinsame Kontrollaktion der Stadt und der Polizei. Auf Nachfrage unseres Magazins folgte schließlich ein Pressegespräch, bei dem u.a. Oberbürgermeister Adolf Kessel, Bürgermeister Hans Joachim Kosubek, Angelika Zezyk, Stadt Worms Sicherheit und Ordnung, und Danilo Lange, Leiter der Kriminalinspektion Worms, teilnahmen. Zu Beginn des Gesprächs drängte sich dann auch gleich die Frage auf, wie es um die Sicherheit in Worms bestellt ist? Bereits im letzten Jahr unterhielten wir uns mit dem Kriminalinspektor über dieses Thema und wie damals berichtete er auch heute, dass zumindest die Statistik keinen Anlass zur Sorge bereite. Vielmehr habe man erkannt, dass das subjektive Sicherheitsgefühl der Wormser eher negativ sei. Lange stellte zudem heraus, dass es aus Sicht der Polizei besonders im Umfeld der Rheinstraße keinen besonderen Kriminalitätsschwerpunkt gäbe. Der erfahrene Polizist räumte aber ein, dass es bedenkliche Beobachtungen gab. So wurde unter dem Tresen eines Wirts ein Gummischlagstock sichergestellt, den dieser zur Selbstverteidigung dort positioniert hatte. Lange erklärt, dass der Polizei klar sei, dass man in bestimmten Kreisen die Probleme intern klären wolle. Auch das sei ein Grund für die verstärkten Kontrollen. Man hoffe, dadurch mehr Einblicke in abgeschotteten Kreise zu bekommen. Verharmlosen möchte er aber auf keinen Fall, was an diesem Samstag in der Rheinstraße passierte. Bereits am Mittag kam es dort zu einer Auseinandersetzung in unmittelbarer Nähe des Café Royal, die sich bis zum frühen Abend zog. Laut Lange waren daran 20 Personen beteiligt. Sechs wurden verletzt, drei davon schwer. Zwei Täter, in Worms lebende Türken (34 und 37), stellten sich bereits wenige Tage danach auf dem Polizeipräsidium Mannheim. Ermittelt wird wegen versuchten Totschlags. Zu dem Motiv konnte Lange aus ermittlungstechnischen Gründen nichts sagen und erklärte, dass man Hinweisen in Richtung Schutzgeld und/oder gekränkte Ehre nachginge. Kurz nach dem Gespräch mit Stadt und Polizei wurden drei weitere Beschuldigte in Frankreich am 4. August festgenommen. Ihnen wird Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Alle Beschuldigten sind 19 bzw. 20 Jahre alt und haben die türkische Staatsbürgerschaft.
Gemeinsame Kontrollen für mehr Sicherheit
Auch bei den bisherigen Kontrollen im Innenstadtgebiet konnte man erste Erfolge vermelden und registrierte Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, Waffengesetz, Fahren ohne Führerschein. Überdies waren zwei Personen zur Fahndung ausgeschrieben und eine hielt sich illegal in Worms auf. Bei einer weiteren Aktion konnte man auf ein Großaufgebot zurückgreifen. So habe der Zoll den städtischen Vollzugsdienst und die Polizei Worms unterstützt, verstärkt noch durch Mannschaften der rheinland-pfälzischen Bereitschaftspolizei. Sie kontrollierten Fußgänger wie Autofahrer und nahmen Gaststätten ins Visier. Der Schwerpunkt der Kontrollen lag insbesondere auf der Bekämpfung der Straßenkriminalität, aber auch der Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln der Corona-Verordnung. Bei dem Hintergrundgespräch erklärte Angelika Zezyk, dass man durch die gemeinsamen Streifen mit der Polizei mehr Befugnisse hätte, sodass sie nun auch in Lokale kommen, ohne Gründe zu nennen. Fündig wurde man in Shisha-Bars. Dort stellte man 84 Kilogramm Tabak sicher. In den Paketen wurden Manipulationen an den Banderolen festgestellt, was darauf hindeutet, dass hier ein Steuervergehen vorliegt. Es wurden entsprechende Anzeigen erstattet, berichteten Polizei und Stadt. Insgesamt wurden sechs Gaststätten näher unter die Lupe genommen. Neben der Einhaltung der Regelungen der Corona Bekämpfungs-Landesverordnung wurde durch den Vollzugsdienst der Stadt auch auf die hygienerechtlichen Vorschriften sowie die gewerberechtlichen Vorgaben in den Gaststätten und Cafés geachtet. Wegen einschlägiger Verstöße mussten dann tatsächlich zwei Einrichtungen noch während der laufenden Einsatzmaßnahmen geschlossen werden. Von Seiten des Zolls waren die „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ sowie die „Kontrolleinheit Verkehrswege“ im Einsatz. Hier wurde in einer Gaststätte ein Verstoß gegen den Mindestlohn festgestellt und geahndet, sowie eine Strafanzeige wegen illegaler Beschäftigung gestellt. Zudem besteht der Verdacht einer Straftat nach dem Steuergesetz, so deren Bilanz. Ganz bewusst wurden die Kontrollen deutlich sichtbar im öffentlichen Raum durchgeführt, um so das subjektive Sicherheitsgefühl zu stärken. Schwerpunkte waren die Grünanlage am Lutherdenkmal, des Berliner Rings, die Siegfriedstraße sowie die Fußgängerzone Wilhelm-Leuschner-Straße („KW“). Am 18. August kam es zu einer weiteren Kontrolle. Dabei konnte eine Person an der Flucht durch ein Toilettenfenster einer Gaststätte gehindert werden. Bei der Durchsuchung wurde eine kleine Menge Marihuana sowie vermeintliches „Dealgeld“ gefunden“. Drei Gaststätten wurden vorübergehend wegen Verstößen gegen die Bekämpfungsverordnung geschlossen. Am 20. August kam es zur vorerst letzten Großkontrolle, allerdings ohne die Kollegen von der Stadtverwaltung.
Sinkende Fallzahlen
Im Mittelpunkt der gemeinsamen Kontrollen steht vor allem die Bekämpfung der Straßenkriminalität, da sie aus der Sicht von Danilo Lange das subjektive Empfinden der Bürger prägt. In der Statistik liegt ihr Anteil bei 23 Prozent. Insgesamt sei die Kriminalitätsrate in Worms seit Jahren fallend. Im Jahre 2015 registrierte man 8019 Fälle, 2019 noch 6477 Fälle. Auch die Straßenkriminalität sank von 1567 Fällen im Jahr 2015 auf 1214 im vergangenen Jahr. Gleichzeitig sei die Aufklärungsquote von 17,4 auf 23 Prozent gestiegen. Zur Straßenkriminalität zählt neben Diebstahl oder Drogenhandel auch die Sachbeschädigung an Kraftfahrzeugen – sie macht dabei sogar den deutlich größten Anteil aus. Im Jahr 2019 gab es 286 dieser Sachbeschädigungen, außerdem 81 Taschendiebstähle und 22 Raubdelikte. Mit den gemeinsamen Kontrollgängen ist der ehemalige Kriminalbeamte beim LKA und Oberbürgermeister, Adolf Kessel, einem seiner wichtigsten Ziele seines Wahlkampfs nähergekommen. Damals versprach er mehr Präsenz der Sicherheitsorgane in der Öffentlichkeit und einen 24-Stunden-Vollzugsdienst. Von dem ist man nach wie vor weit entfernt. Für einen derartigen Service benötige man rund 40 Stellen. Derzeit sind es ca. 20 Stellen. Dennoch hat sich einiges getan. Personell wurde mittlerweile weiter aufgestockt und seit 1. August bildet man zudem eigene Kräfte aus. Nachdem es wiederholt im Wormser Wäldchen zu Verkehrschaos kam, ist der Ordnungsdienst zwischenzeitlich auch wieder sonntags unterwegs. „Ohne Kontrollen geht es wohl nicht“, räumte Kessel bei dem Gespräch ein und Hans-Joachim Kosubek, der als Dezernent für den Bereich Sicherheit und Ordnung verantwortlich ist, ergänzt: „Ich denke, die gemeinsamen Kontrollen werden noch mehr werden müssen.“ Was die Rheinstraße angeht, stellvertretend für das multikulturelle Zusammenleben, so reicht es nicht alleine, Kontrollen durchzuführen. Es ist aber ein Anfang und vor allem ein gutes Zeichen für die Bürger. Bleibt nur zu hoffen, dass die Liaison zwischen Stadtverwaltung und Polizei nicht nur eine kurze Sommerliebe ist, sondern der Beginn einer dauerhaften Beziehung.