Wer länger nicht mehr an der Rheinpromenade war, wird sich verwundert die Augen reiben: Im Rücken Hagens hat sich viel getan. Verschwunden ist das Podest, auf dem einst das Schifffahrtsdenkmal stand, verschwunden sind jedoch auch rund 1.000 m² Asphalt. Ersetzt wurde er von derzeit noch jungfräulicher Erde und vor allem von einem Labyrinth-Weg. Herzstück des derzeit noch etwas verwaist wirkenden Weges mit wassergebundener Deckschickt sind 224 noch sehr unscheinbare, den Weg flankierende Rosenstöcke, die erst vor wenigen Tagen gepflanzt wurden. In den nächsten zwei Jahren sollen sie zu stattlichen Rosensträuchern heranwachsen und das eigentliche Labyrinth bilden. In einigen Metern Abstand zum Labyrinth wurden außerdem drei Linden gepflanzt, die ebenfalls noch sehr zierlich sind. Sie sollen im Laufe der Jahrzehnte zu einer großen Linde zusammenwachsen. So sieht es das Konzept des Kreativisten Eichfelder vor, der der Kopf hinter der neuen Sehenswürdigkeit am Rheinufer ist.
Das Ensemble nennt sich „Kriemhilds Rosengarten“ und spukt dem Künstler, Designer, Mediengestalter und vieles mehr schon seit geraumer Zeit durch den Kopf: Genauer gesagt seit 1997, als Eichfelder eine Nibelungen-Ausstellung für das Museum der Stadt im Andreasstift konzipierte. Dabei entstand auch die Idee zu „Kriemhilds Rosengarten“, ebenso wie die zu Siegfrieds Grab, die jedoch bereits längst realisiert wurde.
Der Rosengarten kann nun angelegt werden, weil die Tourist Information mit dem Projekt 2019 an einem Wettbewerb des Wirtschaftsministeriums teilnahm und eine Fördersumme in Höhe von 150.000 Euro gewann. Dies entspricht einer 90-prozentigen Förderung.
Eichfelder schafft mit dem Land-Art-Projekt gleichzeitig eine Reminiszenz an das „Rosengartenlied“ und an den Labyrinth-Kult, der zur Zeit der Nibelungen (und auch schon davor) weit verbreitet war. „Labyrinthe, so genannte Trojaburgen, sind als Orte von kultischen Tänzen und Reiterspielen vielfach belegt und reichen von Griechenland bis nach Skandinavien, von den britischen Inseln über Russland und m. E. bis nach Indien“, heißt es in Eichfelders Rosengarten-Konzeption. Auch die anderen Symbole sind nicht willkürlich gewählt: So spielen Linden im Nibelungenlied eine bedeutende Rolle – unter anderem spielte sich der Kampf zwischen Siegfried und dem Drachen unter einer Linde ab; außerdem erschlug Hagen Siegfried im Schatten einer Linde – „die Linde ist untrennbar mit der Nibelungenmythologie verbunden“, schreibt Eichfelder in seine Konzept. Bei den Rosen spielt sowohl die Farbe als auch die Pflanze an sich eine Rolle, steht die Rose doch symbolgeschichtlich für Liebe und Fruchtbarkeit, aber auch für den Tod. Die Entscheidung für die Farbfamilie (alle Rosen werden in Rottönen blühen) sei keine Geschmacksfrage, sondern vielmehr eine epische Entscheidung gewesen, schmunzelt Eichfelder, steht die Farbe Rot doch für Liebe, aber auch für Blut – und sogar für Wein.
In der volkstümlichen Erzählung „Rosengartenlied“ geht es bisweilen blutig zu, denn darin kämpfen zwölf Recken im Rosengarten um die Ehre und um Kriemhilds Gunst.
Auch ohne so tiefgehendes historisches und mythologisches Hintergrundwissen ist „Kriemhilds Rosengarten“ ein touristischer Höhepunkt an der Rheinpromenade, dessen ist sich auch TI-Leiter Bernd Leitner sicher. Außerdem füge es dem Nibelungen-Profil der Stadt eine weitere Komponente hinzu. Am Eingang zum Labyrinth wird künftig eine Bronzetafel interessierten Besuchern weitere Informationen liefern.
Foto: So gut wie fertig, jetzt muss es anfangen zu „leben“ – der Rosengarten mit seinem Labyrinth.