Es ist ein Film, wie er aktueller nicht sein kann. Mit drastischen Bildern führt die Neuverfilmung des Romanklassikers aus dem Jahre 1928 seinem Publikum den apokalyptischen Irrsinn des Krieges mit all seiner menschenverachtenden Logik vor Augen. Der Mensch an der Front ist letztlich Kanonenfutter im wahrsten Sinne des Wortes, während die Architekten dieser Gräuel mit entsprechendem Abstand von Ehre und Ruhm faseln. So heißt es in dem Film: „Krieg ist wie ein Schachspiel. Es geht nicht um den Einzelnen, sondern um das Gesamte“. Das muss auch Paul erfahren. Noch nicht einmal volljährig, fälscht er die Unterschrift seines Vaters, um gemeinsam mit seinen Freunden in den Krieg zu ziehen. Den lernt er schließlich im zermürbenden Stellungskrieg mit all seinen tödlichen Konsequenzen kennen. Der Schweizer Regisseur Edward Berger macht dabei den Zuschauer zum unmittelbaren Zeugen und nimmt ihn mit in die Schützengräben. Der ewige Regen hat die von den Kämpfen zerstampften Ebenen Nordfrankreichs längst in eine morastige Sumpflandschaft verwandelt, in der die Soldaten verängstigt in Erdlöchern hocken oder durch Schlamm, Matsch und Pfützen aus Blut kriechen und waten. Granaten explodieren, Maschinengewehre rattern und Leiber werden zerschmettert. Parallel schneidet Berger immer wieder zu den Generälen und Politikern, die darüber debattieren, ob man das Sterben nun beendet oder ob der Stolz einer Nation, oder eher von Politikern, das Töten rechtfertigt. Den namenlosen Soldaten bleibt dabei nicht viel mehr übrig, als zu warten, ehe der Wahnsinn von Neuem beginnt.

FAZIT: So intensiv Bergers Schlachtengemälde ausfällt, muss man dennoch kritisieren, dass sich der Regisseur, der auch das Drehbuch schrieb, sehr weit von der berühmten Vorlage entfernt. Das geht vor allem zu Lasten der Figuren, die, einschließlich Paul, nur oberflächlich gezeichnet werden, sodass diese tatsächlich zu gesichtslosem Kanonenfutter degradiert werden. Dennoch ist es ein Film geworden, von dem man sich wünscht, dass ihn sich die Kriegstreiber dieser Welt zu Gemüte führen.

IM WESTEN NICHTS NEUES / DEUTSCHLAND 2022

REGIE: Edward Berger

DARSTELLER: Felix Kammerer, Albrecht Schuch, Daniel Brühl, Aaron Hilmer, Devid Striesow

LAUFZEIT: 148 min

FSK ab 16 Jahren

 

Unsere Bewertung: sehenswert

Gesehen und bewertet von Dennis Dirigo