Eine Alltagsbeobachtung unseres WO! Redakteurs
Während Worms versucht, WOW zu werden, zeigt sich, dass all diese Bemühungen nur eingeschränkt erfolgreich sein können, so lange die Stadt die gesellschaftlichen Probleme in der Innenstadt nicht ansatzweise in den Griff bekommt. Das lässt sich fast schon symbolhaft in der Lutheranlage, insbesondere in den Sommermonaten, beobachten.
Mit einer gehörigen Portion Zynismus könnte man glatt sagen, es war fast ein ganz normaler Freitagnachmittag, als unser Redakteur am 8. September für zwei Stunden Zeuge davon wurde, warum Vielfalt immer wieder zu Interessenskonflikten führen wird. Zu Besuch in der Vinothek sollte dies eigentlicher ein gemütlicher Nachmittag mit einem Freund werden, doch bereits wenige Minuten später sorgte erstmal eine plötzlich ausbrechende Schlägerei zwischen mehreren männlichen Jugendlichen, direkt vor dem Café Vio, für Aufregung. Die Folgen waren die Ankunft zweier Streifenwagen, Verfolgungsszenen zwischen jungen Menschen und viele Diskussionen.
Während die Polizei immer wieder die Strecke zwischen Parmaplatz und 118er Denkmal auf der Suche nach den Tätern befuhr, füllten sich allmählich die Wiesen der Lutheranlage mit überwiegend picknickenden Frauen und E-Scooter sowie Fahrräder fuhren fröhlich durch die Fußgängerzone. Eine Mutter lud währenddessen ihre vier Kinder direkt vor der Vinothek ab, damit diese mit den Liegestühlen spielen konnten. Dieses Spielen verlief allerdings nicht besonders ruhig, während offenbar das Picknick der Mutter mit ihren Freundinnen recht entspannt abzulaufen schien. Zwischenzeitlich wurde auch das Lutherdenkmal zum Fußballplatz deklariert. Für Touristen, die den Platz querten, ergaben sich keine guten Chancen, ein paar nette Fotos zu machen. Es folgte ein Auftritt der Ordnungsbehörde. Zwei Mitarbeiter parkten zunächst vor dem „Gammi“ und visierten zielstrebig die Fußball spielenden Kinder an. Es folgte eine Diskussion. Die Mitarbeiter gingen wieder und wenige Minuten später ging das Match weiter. Weggeschickt wurde wiederum ein Straßenmusiker, der entspannt auf seinem mitgebrachten Piano spielte.
Exemplarisch zeigt sich an diesem Beispiel das Grundproblem komprimiert auf einem Platz. Während die einen in der Lutheranlage einen historischen und touristisch bedeutsamen Platz sehen, ist sie für andere eine Freizeitanlage, ohne jegliche weitere Bedeutung. Durchaus verständlich, ist doch der Raum in der Innenstadt knapp. Dennoch, wenn es der Stadt ernst ist, dass diese WOW werden soll, gilt es mehr denn je, Ideen zu entwickeln – und die sind sicherlich nicht einfach.
Text und Foto: Dennis Dirigo