Es ist das Bild eines scheinbar einfachen freundlichen älteren Herren, das einem beim ersten Blick auf das Cover des Buches ins Auge sticht. Doch bereits das dominante Rot und das Tuch mit der Aufschrift „Solidarität ist Zukunft“ lassen schon mehr erahnen. Wer Heiner Boegler kennt oder zumindest von ihm gelesen hat, sollte wissen, dieser Mann kämpft seit vielen Jahrzehnten unermüdlich für soziale Gerechtigkeit. Mittlerweile 82 Jahre alt, waren es Wegbegleiter, Freunde und Familie, die ihn dazu ermutigten, diesen „Kampf“ auf Papier festzuhalten.
Mit Unterstützung der Wormser Journalistin Ulrike Schäfer veröffentlichte Boegler im vergangenen Jahr dieses spannende Buch, das letztlich nicht nur eine „autobiografische Skizze“ ist, sondern auch eine Reise durch das Deutschland der Nachkriegsjahre und das politische Worms. Geboren 1941, prägten den jungen Boegler die Auswirkungen des Krieges auf die Menschen so sehr, dass er im Laufe seines Lebens sich nicht nur für soziale Gerechtigkeit stark machte, sondern auch als überzeugter Pazifist seine Stimme erhob. Das Buch arbeitet das Leben des „streitbaren“ Mannes chronologisch auf. Schon früh wurde das Leben des kleinen Heiner durch politische Diskussionen der Erwachsenen um ihn herum geprägt, aber auch durch den allgemeinen Mangel, den die Menschen damals erlebten. „Vielen geht es noch wesentlich schlechter als uns, aber man hat sich geholfen“, schreibt er und ergänzt: „Auf diese Weise habe ich schon früh erfahren, wie wichtig solidarisches Handeln ist“.
Schon während der Lehre zum Elektroinstallateur zog es ihn zur Gewerkschaft. Dort arbeitete er später als Gewerkschaftssekretär und verhandelte in dieser Funktion unter anderem die Aufhebungsverträge der Eichbaum/Werger-Brauerei. Später wurde er für die AOK tätig. In dieser Zeit war er an der Aufklärung des Ärzte- und Apothekenskandals in den 90er Jahren in Worms beteiligt. Kommunalpolitische Geschichte schrieb er wiederum, als er 1969 mit 27 Jahren als jüngstes Mitglied (SPD) in den Stadtrat einzog. In den Kapiteln rund um sein Engagement in der SPD schwingt allerdings auch jede Menge Enttäuschung mit. So zeigte er sich wenig begeistert vom Karriereeifer eines Florian Gerster, aber auch vom umstrittenen Weg, wie Günter Kuhfuss 1967 der Weg zum Oberbürgermeister geebnet wurde. 2003 war es wiederum die Bundespolitik Gerhard Schröders, die Boegler dazu bewog, aus der Partei auszutreten. Doch das war nicht das Ende seines Engagements für soziale Gerechtigkeit.
Begleitet und abgeschlossen wird das kurzweilig erzählte Buch von zahlreichen interessanten Interviews, in denen auch Heiner Boeglers Frau Renate zu Wort kommt. Kurzum, eine spannende Biografie und zugleich ein faszinierendes Dokument Zeitgeschichte.
Autor: Heiner Boegler
Verlag: Worms Verlag
11,99 Euro | 144 Seiten
ISBN: 978-3-910725-11-9
Gelesen und rezensiert von Dennis Dirigo