„DER TRONJER IST EIN BASTARD“ Probestart „See aus Asche: Das Lied der Nibelungen“
Am 11. Juli feiert, das neueste Stück der Nibelungen-Festspiele, „See aus Asche“ aus der Feder von Roland Schimmelpfennig, Premiere. Zuvor bedeutet das für das Ensemble vor und hinter den Kulissen, dass erst einmal fleißig geprobt wird. Damit begann man am 28. Mai.
m Anfang steht die Leseprobe. Wie in jedem Jahr versammelten sich Schauspieler, Autor, Regisseurin und Crew Mitglieder, um unter den Augen der Presse, erstmals gemeinsam den Text zu lesen. Zudem gewährte das Kreativteam einen Blick auf das Büh- nenbild und die Kostümentwürfe. In einer Tischvitrine hatte die Bühnenbildnerin Andrea Wagner ein vereinzelt mit Legobausteinen zusammengesetztes Modell platziert. Neben dem eindrucksvollen Nordportal des Wormser Doms stechen vor allem die mächtigen Sanddünen hervor. Links ist eine Videowand installiert, die wiederum von Plastikstühlen sozusagen umringt wird. Als Zentrum findet sich in den Sanddünen ein See, befüllt mit grünem Wasser. Wie erste Videos bei Facebook zeigten, darf dieser wohl auch brennen.
Das Herzstück dieses Vormittags war jedoch ein erster gelesener Eindruck des Stückes. Damit natürlich auch der Presse nicht die Spannung für die bevorstehende Uraufführung genommen und das Ensemble von blitzenden Fotoapparaten und surrenden Kameras ab- gelenkt wurde, war bereits nach 15 Minuten wieder Schluss. Zuvor erklärte Regisseurin Mina Salehpour, dass sie eine große Freude verspüre, nun in Worms aufgewacht zu sein und versprach Presse und Ensemble mit Blick auf den Autor Roland Schimmelpfennig, dass man in diesem Jahr „das ganze Ding“ erzählen würde. Soll heißen: „Wir beginnen mit der Tötung des Drachen und enden im Showdown in Etzels Halle. Das war seine Idee, nicht meine.“ Dennoch sollte man keine märchenhafte Nacherzählung erwarten. Viel- mehr dürften Schimmelpfennigs Nibelungen doch ein wenig abstrahierter daherkommen, wie beispielsweise Salehpours Hinweis auf die Rolle des Lindenblatts verriet, das von Lisa Natalie Arnold gespielt wird. Oder auch Jasmin Tabatabai, die eine Doppelrolle als Drachen und Brunhild innehat. „Was soll da schiefgehen?“ fragte die Regisseurin charmant lächelnd und beschrieb spontan eine Szene, in der das Blatt im Bikini ein Blutbad nimmt und ein Schlückchen Prosecco dazu. Na, Prost!

Bühnenbild Modell
„Feuer. Kurze Pause.“
Sodann folgte auch schon der Einstieg in Schimmelpfennigs Nibelungenuniversum mit einem Bild aus Worten, gelesen von Andreas Grötzinger, der den Spielmann Volker darstellt. Es ist das Bild eines Geigers („Die Geige hat nur noch zwei Saiten, die anderen zwei sind gerissen, oder sind es drei…“). Die Geschichte mit dem Geiger, der spielt, „als wäre er der Tod“ geht weiter. Der Ton wird rauer, die Stimmung bedrückender. „Feuer. Kurze Pause“, sind Schimmelpfennigs knappe Anweisungen im Manuskript und dann: „Der Mann mit den blutigen Fingern, oder der Mann ohne Hände spielt und spielt, die Saite hat ihm die Wange bis auf den Knochen aufgeschnitten“, liest Grötzinger atemlos. „Ein Mann hebt ein Schwert und schlägt einem Kind den Kopf ab, der Kopf des Jungen rollt über den Boden“, liest Grötzinger, ehe er mit den Worten schließt: „Hier endet das Lied, aber das Lied des Geigers endet nie (…)“.
In der anschließenden Szene weitet sich der Monolog zu einem Dialog in gemütlicher Burgunderrunde aus. Gunter (Hans-Werner Leupelt), Giselher (Denis Geyersbach), Hagen sowie Siegfried, der sich bereits am Hof aufhält, lauschen Volker. Das Lied des Geigers zeigt sich als Erzählung Volkers in trauter Runde. Giselher ist begeistert: „Weiter, weiter, spiel weiter, Volker, wie gerne wäre ich selbst ein Teil deines Liedes.“ Auch Gunter gefällt das Lied und fordert mehr: „Sing weiter von jener Königin hoch im Norden, wie gerne wäre ich der Mann an ihrer Seite.“ Diesen Frohsinn teilt Hagen (Wolfram Koch) so gar nicht und raunt in die Runde: „Wann gehen wir endlich auf die Jagd? Ich will jagen, ich will nicht länger in dieser dunklen Halle rumsitzen.“ Be- schrieben wird er in dem Manuskript als großer, starker Mann mit grauschwarzem Haar und nur einem Auge. Siegfried, in gebrochenem Deutsch gelesen von dem norwegischen Schauspieler Eivin Nilsen Salthe, wirft gelangweilt ein: „Hagen mag lieber den Schatten als das Licht, denn sein Vater war ein Geist der Dunkelheit, aber das weiß der Tronjer nicht, Hagen hat seinen Vater nie gekannt, der Tronjer ist ein Bastard.“

Thomas Laue, Roland Schimmelpfennig und Mina Salehpour grüßen per Selfie Foto Dennis Dirigo
Text: Dennis Dirigo, Fotos: Andreas Stumpf