Windparkprojekt mit Hindernissen
Diskussionen rund um den geplanten Windpark der Renolit

Symbolfoto Windrad
Der Schock saß tief bei Firmenleitung, Bürgern und dem Stadtrat selbst nach dem Ende einer Sondersitzung, in der über einen Windpark beraten wurde, den das Wormser Unternehmen RENOLIT bauen und betreiben möchte. Doch was war passiert?
Das negative Echo war groß im Anschluss an eine Entscheidung, die der Rat zum einen gar nicht treffen musste und die zum anderen auch gar nicht nötig war. So sprach das Unternehmen von „fehlenden mutigen Entscheidungen“ und „vertanen Chancen“ und Bürger übten sich in Kopfschütteln. Doch im Rückblick zeigt sich auch, dass die Firma RENOLIT womöglich zu sehr auf das unternehmerische Gaspedal gedrückt hatte und sich der Stadtrat, wenn auch aus falschen Gründen, zurecht gegen den ursprünglichen Windpark Plan aussprach. Wie berichtet (WO! 08/25) möchte das energieintensive Unternehmen einen Windpark mit bis zu vier Windrädern errichten. Der ursprüngliche Plan sah vor, die Räder zwischen Pfiffligheim und Horchheim anzusiedeln. Doch daraus wurde nichts, da die erforderlichen Flächen fehlten. Zunächst noch kooperierend mit Projektentwickler Juwi, wechselte die-ser schließlich und man arbeitete fortan mit Pionext zusammen. Die neuen Pläne sahen vor, zwei bzw. drei Windkraftanlagen westlich der A 61 und eine oder zwei Windkraftanlagen östlich der A 61 zu errichten. Der Stadtrat war nun wiederum aufgefordert, eine Empfehlung zu drei möglichen Varianten, die dritte sah die komplet-te Ablehnung vor, auszusprechen. Der Stadtrat kann nämlich nicht selbst die sogenannten Vorrangflächen für Windkraftanlagen ausweisen. Er schlägt dies lediglich der Planungsgemeinschaft Rhein-Neckar vor. Deren Planungsausschuss legt dann in der Regionalplanung diese Vorranggebiete fest. Wie Stadtentwicklungsdezernent Timo Horst in einem erklärenden Gespräch zu diesem Thema WO! gegenüber festhält, ist die Errichtung eines Windparks aufgrund der unzähligen Vorgaben, Verordnungen und Gesetzgebungen, nebst Verantwortlichkeiten, ein hochkomplexes Thema. So komplex, dass zeitweise der eine oder andere Stadtrat sich im Gewirr von Vorrangflächen, Zuständigkeiten und Bebauungsplänen wohl nicht mehr zurechtfand. Am Ende der hochemotionalen Sondersitzung gab es schließlich keine Empfehlung zu einem der Vorschläge, sondern einen Kompromissvorschlag von Seiten des Stadtrats. Doch was führte eigentlich zu der emotionalen Ablehnung des Stadtrats gegenüber den eigentlichen Plänen?
EINEN TAG ZUVOR
Wie bereits im Juli dieses Jahres organisierten RENOLIT und die Stadt eine Bürgerversammlung. Dieses Mal in Pfeddersheim. Zuvor fanden bereits Versammlungen in Wiesoppenheim und Horchheim statt. Dieses Mal gab es jedoch eine Besonderheit. Da RENOLIT daran gelegen ist, das Vorhaben möglichst zügig voran zu treiben, sollte der Ortsbeirat Pfeddersheim noch am selben Abend über die Pläne beraten. Doch der zeigte sich wenig angetan von Selbigen. Zwar äußerste man Verständnis für den Gedanken, in Zeiten, in denen die Energiepreise steigen, eigenen Strom erzeugen zu wollen, aber doch bitte nicht vor der eigenen Haustür. In einer Stellungnahme erklärte man, dass der größte Wormser Stadtteil bereits mit einer Vielzahl von technischen Infrastrukturen belastet sei und der Beirat erhebliche Einschränkungen in der Lebensqualität und im Landschaftsbild im Pfeddersheimer Süden befürchtet. Einhergehend war die Kritik mit der Angst, dass Immobilien an Wert verlieren. Befürchtungen äußerten Bürger auch bezüglich des Schattenschlags, der durch die Rotorblätter verursacht wird, sowie der Lärmbelastung. Hinzu kommt, dass es sich bei den geplanten Rädern um eine neue Generation von Rädern handelt, die in ihrer Spannweite rund 270 Meter hoch sind. Für das Unternehmen sind diese interessanter, da sie in der Stromgewinnung effizienter sind. RENOLIT versicherte wiederum, dass man alle Grenzwerte einhalte und man die Laufzeit des Rades bei Überschreitung bestimmter Werte verkürzen würde. Doch es half nichts. Der Stadtrat unterbrach seine Sitzung, beratschlagte und offerierte anschließend der RENOLIT eine Alternative, die für sie keine war. Denn gekoppelt sind die Räder an eine Maximalentfernung. So dürfen die Räder nur maximal fünf Kilometer vom Un-ternehmen entfernt sein, um von den Netzentgelten befreit zu sein. Dies im Blick erklärte auch RENOLIT Vorstand Thorsten Maschke, dass die Alternative weder sinnvoll noch wirtschaftlich sei.
VIEL KRITIK
Kritik gab es auch von vielen politisch interessierten Bürgern, die in Zeiten, in denen die deutsche Politik sich hartnäckig von fossilen Energiequellen verabschieden möchte, Unverständnis für die vermeintlich zukunftsfeindliche Entscheidung zeigten. Die Wormser Grünen sahen die Schuld des Scheiterns bei der Dreier Koalition aus CDU, SPD und WWW verortet. „Deren unkoordiniertes Vorgehen in der jüngsten Stadtratssondersitzung habe dem Wirtschafts-standort Worms ebenso geschadet wie dem Vertrauen der Bürger in die lokale Politik“, schreiben sie entsprechend. Wie bereits anfangs erwähnt, zeigt sich bei einem genauen Blick, dass das Vorhaben von RENOLIT am Standort Pfeddersheim ohnehin hätte scheitern müssen. Denn was in den zum Teil unkoordinierten Diskussionen rund um Wertverlust, Schattenschlag und Zukunftsangst verloren ging, war die Tatsache, dass ein Teil des geplanten Windparks vor den Toren eines im Bebauungsplan ausgewiesenen Neubaugebiets hätte entstehen sollen. Hätte der Rat eine Empfehlung für dieses Gebiet ausgesprochen und die Regionalplanung wäre dieser gefolgt, wäre das Neubaugebiet höchstwahrscheinlich niemals entstanden. Rechtliche Unsicherheiten in den Fluren des Wormser Rathauses sorgten allerdings dafür, dass dieses Thema vor der Sondersitzung nicht vertieft wurde. Wäre dies geschehen, hätte man über die Fläche niemals beraten dürfen. Denn klar ist: Ebenso wichtig wie der Anspruch des Folien-herstellers RENOLIT ist, Geld zu sparen, ist der Anspruch der Kommune, Flächen für Wohnraum zu erschließen.
ENDE GUT, ALLES GUT?
Die Aufregung nach dem vermeintlichen Windpark „Aus“ war groß im Rathaus. Gespräche folgten, Telefone glühten und das Bestreben war und ist groß, eines der bedeutendsten Wormser Unternehmen wieder versöhnlich zu stimmen. Die neue Alternative sieht vor, die Fläche südlich der B 47 und östlich der A 61 zu erweitern und dort drei Windkraftanlagen zu ermöglichen. Die vom Stadtrat vorgeschlagene Erweiterung der bereits ausgewiesenen Fläche südlich von Wiesoppen-heim soll laut Informationen der Metropolregion wiederum auf der anderen Seite der A 61, also westlich der Autobahn, in die Flächenplanung aufgenommen werden. Gemeinsam würden diese Anlagen aus Sicht von OB Adolf Kessel eine Lösung darstellen, die auch für RENOLIT tragfähig wäre. Zwischenzeitlich stimmte der Planungsausschuss der Metropolregion Rhein-Neckar dem Vorschlag der Stadt zu, womit der Weg frei ist für den unternehmenseigenen Windpark der Renolit. Die zeigte sich auch angesichts dieser Entwick-lung zufrieden. „Wir freuen uns sehr, dass die Stadt Worms und die Planungsgemeinschaft die Voraussetzungen geschaffen haben, um den Bau eines Windparks zu ermöglichen. Das ist ein wichtiges und starkes Signal für die Zukunftsfähigkeit unseres Industriestandorts“, betont Torsten Maschke, Vorstandsmitglied von RENOLIT. Geplant ist die Inbetriebnahme der drei Windräder im Laufe des Jahres 2030.
Text: Dennis Dirigo, Foto: Andreas Stumpf










