Worms Stück für Stück: Backmodel*
Zum Anbeißen schön – Können Lebkuchenmodel als eine frühe Form der Druckkunst bezeichnet werden?
Backmodel, aus Holz geschnitzte Hohlformen zum Backen, folgen einer langen Tradition. Obwohl Illustrationen auf Spekulatius häufig noch bekannt sind, geraten kunstvoll verzierte Honigkuchen, als eine spezielle Variante von Lebkuchen, vermehrt in Vergessenheit. Bereits vor der Antike wurden dekorative Model verwendet. Archäologische Funde der Harappa-Kultur (Blütezeit ca. 2300-1600 v.u.Z.) des heutigen Pakistan und Nordwestindien belegen vergleichbare Vorlagen zum Backen. Von dort aus verbreitete sich die Kleinkunst im 1. Jahrtausend vor unserer Zeit bis nach Ägypten und nach Griechenland. Ab dem 1. Jahrhundert wird die Verwendung von Modeln im Zusammenhang mit Honigkuchen im römischen Reich greifbar.
Mit den Römern kam dann das ungewöhnliche Kunstgebäck auch nördlich der Alpen an. Unterstützt durch den Ausbau von Handelsrouten im Rahmen der Kreuzzüge entstand ein abwechslungsreiches Angebot von Gewürzen. Dadurch wurde Lebkuchen nicht nur zum Modegebäck des Mittelalters, sondern auch zum ständigen Begleiter als Heilmittel. Sogar Mitglieder der französischen Königsfamilie sollen sich Lebkuchen zum Neujahr geschenkt haben. Allerdings wurde das gut gewürzte Gebäck von der Neuzeit an (ab ca. 1500) nicht nur von Pilgern für den Magen, sondern auch für Propaganda genutzt.
„Bilddruck-Gebäck“ kann als die Kunstform beschrieben werden, die bereits früh von einer breiten Bevölkerung erworben werden konnte. Im Museum der Stadt Worms im Andreasstift sind einige solcher Backmodel zu finden. Eine der Hohlformen zeigt einen Engel mit detailliert ausgearbeiteten Flügeln und faltenreichem Gewand. Es handelt sich um eine gängige Weihnachtsdekoration, die nun für einen Monat im Museum bestaunt werden kann.
*beschreibt eine kunstvoll geschnitzte Holzform zum Backen.

Text: Jennifer Trenkel
Bild: Museum Andreasstift, Claudia Weissert




