16. August 2015
Chateau Schembs in Worms-Herrnsheim:

Es war schon ein ganz besonderes Wochenende, das im Rahmenprogramm des letzten Festspielwochenendes überwiegend im Chateau Schembs geboten wurde. Kuratiert vom Autor höchstpersönlich, Albert Ostermaier, sollte es Anspruch mit Unterhaltung auf höchstem Niveau zusammenführen. Zum Abschluss gab es dann auch noch ein Konzert der Marke eigenwillig.

Immerhin hatte der politisch interessierte Autor des diesjährigen Nibelungenstückes „Gemetzel“ nicht irgendeinen Musiker eingeladen, sondern Peter Licht. Ihn auf den Job des Singer-Songwriters zu reduzieren, würde ihm nicht gerecht werden. Vielmehr ist Peter Licht ein Gesamtkunstwerk, wie es bereits das Programmheft gänzlich unbescheiden verkündete. Musikmachen ist nur eine von vielen Facetten des in Köln lebenden Künstlers. Zu seinem Schaffen gehören auch Gedichte, Theaterstücke sowie ein Roman. Klar, dass man von so einem erlesenen Künstler kein reines Konzert erwarten konnte. Erlesen war im Übrigen auch das Publikum, denn gerade mal 40 Zuschauer fanden an einem späten Sonntagabend den Weg in das idyllische Chateau. Eindeutig zu wenig für ein Festspiel-Abschlusswochenende. Lichts Stimmung, der nicht viel davon hält, Erwartungen gerecht zu werden, sowie der Freude Albert Ostermaiers, der sichtlich gelöst wirkte, tat dies keinen Abbruch. „Wohnzimmeratmosphäre“, schrieb eine Kollegin eines kostenlosen Wormser Blattes, so könnte man dies auch beschreiben. Fest steht jedoch, dass sowohl Tag als auch Uhrzeit nicht gerade günstig gewählt waren. Bevor man sich jedoch zur Gänze Peter Lichts melancholischen Klängen ergeben konnte, galt es, dem Poeten eine Viertelstunde zu lauschen, wie er das Publikum mit einbezog, in dessen existentielle Gedanken. Fast wähnte man sich in einer Lesung, hätten da nicht mehrere Gitarren, ein Keyboard sowie ein rudimentäres Schlagzeug stolz auf der Bühne gethront. Gerade in dem Moment, als man glaubte, der Musiker würde vielleicht doch nicht mehr zur Musik greifen, geschah es! Das Konzert konnte beginnen! Musikalisch machte der Verweigerungskünstler vor allem durch den Sommerhit „Sonnendeck“ auf sich aufmerksam, durch den er 2001 schlagartig bekannt wurde. Und da für einen Verweigerungskünstler die Verweigerung nun mal dazu gehört, gab es an diesem Abend genau diesen Hit eben nicht. Dafür hatte er jede Menge andere wohlfeine Songs im Gepäck. Ruhig und vor allem mit inhaltlicher Tiefe ausgestattet, segelten seine Songs durch diesen lauen Sommerabend. Gerieten die Stücke melodisch immer ein wenig zu gefällig, waren es letztlich die Texte, die sie dem Meer der Stromlinienförmigkeit entrissen. Immer wieder lässt Licht den Hörer teilhaben an seinen kapitalismuskritischen Gedanken („Lieder vom Ende des Kapitalismus“), seiner Angst vor dem Auseinanderfallen der Gesellschaft („Benimmuntericht“) oder seiner reflektierten Auseinandersetzung mit dem Thema Beziehungen („Sie werden sich trennen, bevor sie sich trennen und wir möchten nicht alleine sein“). Von seiner einstigen Scheu vor der Bühne war an diesem Abend nichts mehr zu merken. Sympathisch und entspannt moderierte und sang er sich durch das Konzert. Selbst das Fotografieren durch die Presse, was er früher verabscheute, schien ihm nichts mehr auszumachen. Doch wer hier wirklich an diesem Abend das Sagen hatte, merkte Licht, als er erneut zum Buch greifen wollte. Kurator Ostermaier, bereits beseelt vom rheinhessischen Wein, intervenierte kurzerhand und forderte „mehr Musik“. Licht folgte dem Wunsch des Kurators und spielte letztlich zwei Stunden. Das übersichtlich anwesende Publikum dankte es ihm mit kräftigen Beifallsbekundungen.

Fazit: Angenehm entspanntes Festspielfinale, das sicher mehr Zuschauer verdient gehabt hätte. Es ist davon auszugehen, dass im nächsten Jahr das Konzept für dieses Ostermaier-Spezial-Wochenende nochmal überdacht wird. Zwar war der Ort durchaus atmosphärisch gewählt, dennoch fehlte an dem kompletten Wochenende eine zwingende Nähe zu dem eigentlichen Hauptevent, nämlich den Nibelungen Festspielen.