Dem April geht es wie unserer Regierung. Da wünschten wir Bürger uns hier und da schon mal, dass es sich bei der ein oder anderen Thematik nur um einen bösen Scherz handeln möge. Bedauerlicherweise werden wir oft eines Besseren belehrt. Doch Jan Böhmermann, Moderator beim „Neo Magazin Royal“ (ZDF NEO), hatte in Obi-Wan Kenobi-Manier mit seinem satirischem Lichtlaserzauberschwert – pünktlich zur Sonnenfinsternis – ein helles Strahlen ins politische Dunkeldeutschland gezaubert.
Hauptdarsteller, neben einem überzeugenden Jan Böhmermann, waren Günther Jauch und der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis bzw. dessen ausgestreckter Mittelfinger. Was war genau passiert?! Hier die Chronologie zum Fingergate: Böhmermann veröffentlicht Ende Februar einen Music-Clip über Varoufakis. Dort tauchte besagter Mittelfinger erstmals im deutschen TV auf. Gut drei Wochen später, gefühlte Lichtjahre im World Wide Web, wurde Günther Jauchs Redaktion auf die Originalrede vom griechischen Finanzminister aufmerksam. Jauch konfrontiert daraufhin in seiner Sendung den zugeschalteten Varoufakis mit der obszönen Passage in Bild und Ton: … and stick the (Finger) to the germans,…. erwähnte aber dummerweise nicht, dass sich der Ausschnitt dieser Rede auf ein Ereignis im Jahr 2010 bezog. Verfeinert mit einer Prise Demagogie, versuchte Günther Jauch dem Herrn Varoufakis ein Gespräch, gar ein Geständnis, rund um den vermeintlichen Skandal des Fuck-Fingers zu entlocken. Es ging um keine Inhalte mehr und das ganze driftete bedauerlicherweise ab. Varoufakis blieb dabei und dementierte weiterhin vehement. Jan Böhmermann, Moderator und Satiriker, nutzte diese Patzer direkt und startete eine Medienposse vom Allerfeinsten! Nur ein paar Tage später tauchte ein weiteres Video von Böhmermann auf – einmal mit und einmal ohne die heiß diskutierte Geste. Dort behauptet er dann, die Idee mit Varoufakis Stinkefinger sei auf seinem Mist gewachsen. Sein Kommentar zum Thema: „Das trifft aber wirklich nen Nerv. So sind wir Deutschen halt. In einem Jahrhundert zweimal Europa verwüstet, aber wenn man uns den Stinkefinger zeigt, dann flippen wir aus, dann kennen wir keine sachliche Diskussion mehr.“ Und fügte dem hinzu: „Damit sich Muddi und Vaddi abends nach dem „Tatort“ nochmal schön aufregen können.“ Daraufhin entfachen Verschwörungstheorien und Vermutungen. Alle diskutieren darüber, welches Video denn nun echt sei.
Heraus kam dann: Böhmermanns Fake-Video war selbst ein Fake! Zuvor empört über die Vorfälle, lacht mittlerweile ein Großteil der Republik über die Inszenierung. Aus den Netzwerken und der Presse hörte man nach der Show, die daraufhin durchs Internet zog: „Böhmermann hält den Medien den Spiegel vor! Ein Meisterwerk! Eine Ikone deutscher TV-Kunst. Man kann gar nicht so viele Hüte aufsetzen, wie man ziehen will“. Lob und Unterstützung von Seiten derjenigen, die schnell verstanden haben, dass es sich beim Stinkefinger-Video um einen satirischen Geniestreich handelt. Mit seinem #“VAROUFAKE“ hat der ZDF-NEO Moderator viele von uns erst zum Schmunzeln und dann zum herzhaften Lachen gebracht. Herrlich, wie einfach eine Satire-Show vorführte, dass nicht alles, was im TV läuft, auch den Tatsachen entspricht. Böhmermann hat den Umgang der Medien entlarvt. Eine Entzauberung von Videobotschaften und bewegtem Bild aus satirischer Sicht – zu einem Zeitpunkt, der passender nicht sein konnte. Keiner wusste mehr so recht, welches Video nun die Originalversion war. Hat Varoufakis oder hat er nicht? Es ging nicht mehr um Inhalte einer Polit-Talk-Show, sondern nur noch um die obszöne Geste. Der Magazinriese mit vier Buchstaben vom Springer Verlag springt mit auf und beide schießen sich mit ihrer Kampagnen-Haltung dabei direkt ins Aus. Von erster erwartet man nichts anderes und Jauch droht Dresche. Was Böhmermanns Coup zeigte, war neben der banalen Erkenntnis, dass man Bildern im Zeitalter von Photoshop & Co und ihrer Visualisierung nicht mehr trauen sollte. Vor allem aber, dass journalistische, saubere Recherche leider viel zu selten geworden ist. Einmal mehr sollte uns allen klar sein: Nur weil Geschichten und Stories im TV oder in der Zeitung waren, ist deren Wahrheit noch lange nicht belegt!
Heute ist klar, der Stinkefinger war echt, aber leider vollkommen aus dem Kontext gerissen. Die Debatte zwischen Verschwörungstheorien und Berichterstattung (bestehend aus schlechter Recherche) hatte hoffentlich dem einen oder anderen Mediennutzer zeigen können, dass man nicht alles glauben sollte, was man denkt zu sehen. Böhmermann hat mit seinem zehn Minuten Beitrag Fernsehgeschichte geschrieben. Er hat gezeigt, wie geschickt man TV und Internet gleichzeitig nutzen kann. Brillante Unterhaltung und deutlicher Punktsieg fürs ZDF. Denn dieses eine Mal kann man ganz klar sagen: Mit dem Zweiten sieht man besser 😉 Chaupeau und Danke, Jan Böhmermann. Mir hat das richtig Spaß gemacht!
Euch allen einen herrlichen April!
Eure NA, EVE!?