Worms wächst und damit auch die Begehrlichkeiten von Investoren, denn natürlich müssen die Neu-Wormser auch irgendwo ihr Bett aufstellen können. Ein in diesem Zusammenhang begehrtes Filetstück ist das Gelände des ehemaligen Nibelungen Centers, das seit dem Auszug des Unternehmens „BAUHAUS“ brach liegt.
Nachdem am 30.06.2015 der Baumarkt schloss, wurde die Immobilie, die der Interbauhaus AG aus der Schweiz gehörte, an die Ostermayer Wohnbau GmbH verkauft. Im September 2016 stellte die Baufirma aus Altrip, die sich selbst als eines der führenden Unternehmen auf diesem Gebiet bezeichnet, ihre Planungen unter dem Titel „Wohnquartier Gerbergasse“ vor. Vorgesehen ist auf dem 17 Hektar großen Areal eine Bebauung mit 150 Wohneinheiten, sowie Gewerbeflächen entlang der Schönauer Straße. Schon zu diesem Zeitpunkt wurde in einem Nebensatz erwähnt, dass die investierende Ostermayer GmbH auch an den Bau eines Hotels dachte. Baubeginn sollte, nachdem der Stadtrat dem Bebauungsplan zustimmte, Anfang 2017 sein. Die Zustimmung erfolgte am 30. November 2016 fast einstimmig, lediglich Uwe Radmacher (FDP) enthielt sich der Stimme, mit der Begründung, dass durch die Blockbebauung eine Ghettoisierung drohe. Bei der detaillierten Vorstellung in dieser Sitzung war das angedachte Hotel allerdings kein Thema mehr, indes die Schaffung von Tiefgaragen, Gastronomie und einer Kindertagesstätte. Letztlich ein verlockendes Bauvorhaben, schließlich unterstützt das Projekt den von OB Kissel im vergangenen Jahr vorgelegten „Masterplan Wohnen“, der vorsieht, dass in den nächsten zehn Jahren 2500 Wohnungen entstehen sollen. Ob der Bau von hochpreisigen Eigentumswohnungen, von denen der Investor spricht, bedarfsgerecht ist, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Tatsächlich gibt es derzeit in Worms eine immense Nachfrage nach günstigem Wohnraum, der heutzutage aufgrund der vielen Bauauflagen für Investoren eher uninteressant ist. Allein die Wohnungsbau GmbH hat derzeit eine Warteliste mit 1500 Namen! Interessanter dürfte hingegen der geplante Bau einer Kindertagesstätte sein. Fehlen doch gerade für unter dreijährige Kinder etliche Plätze, was Worms im Rheinland Pfälzischen Städtevergleich den drittletzten Platz einbrachte. Baubeginn des ehrgeizigen Projektes sollte Anfang 2017 sein. Was allerdings der Stadtrat nicht wusste, war, dass das Objekt zu diesem Zeitpunkt schon längst an einen anderen Investor verkauft war. Ob Kissel von dem Verkauf wusste, ist nicht bekannt.
EIN NEUER INVESTOR TAUCHT AUF
Bereits eine Woche vor der Sitzung am 23. November 2016 erfolgte der Eintrag in das Handelsregister, dass das „Wohnquartier Gerbergasse“ an die Planfina pe. GmbH (zuvor als Planfina Projektentwicklung UG 2013 gegründet) verkauft wurde, deren Geschäftsführer seit 2015 der Schweizer Manager und Volkswirt Daniel Bittner ist. Eine Nachfrage bei der Firma ist leider nicht möglich, da diese keine Homepage besitzt. Auch existiert keine Telefonnummer oder Email Adresse zu dem Unternehmen. Allerdings existiert unter derselben Adresse ein weiteres Projektentwicklungsunternehmen namens Timon Bauregie GmbH und Co. KG, das u.a. derzeit in Ludwigshafen an der Projektentwicklung der sogenannten „Tortenschachtel“ beteiligt ist. Verfolgt man die Spuren des umtriebigen Managers Bittner findet man neun Wohnprojekte, die alle in den letzten zwölf Monaten angestoßen wurden (u.a. in Neustadt/Weinstraße) und sich in der Entwicklungsphase befinden. Interessant hierbei ist der Umstand, dass der Manager, der bis dahin hauptsächlich bei Banken wie Goldman Sachs und Morgan Stanley arbeitete, unterschiedliche Wohnsitze bei den Einträgen angab. Während für das Wormser Projekt der Wohnsitz im Handelsregister auf der spanischen Insel Marbella, die auch als inoffizielles Steuerparadies gilt, angegeben ist, liegt sein Wohnsitz bei einer Projekteintragung am 23. Januar wiederum in Herrliberg / Schweiz, einem Ort, den er auch zuvor bei Projekten angab. Natürlich hat ein Wohnsitz erstmal nichts zu bedeuten, dennoch hat der Wechsel einen irritierenden Charakter. Die Stadt Worms informierte über den Eigentümerwechsel auf ihrer Homepage am 22. Dezember 2016. Aufhorchen lässt in diesem Text die Begründung des vorherigen Besitzers: „Zum einen bedauern wir natürlich sehr, dieses Projekt in bester Innenstadtlage nicht selbst in die Umsetzung und zum Abschluss zu bringen, andererseits sind die Auftragsbücher für uns als mittelständischer Familienbetrieb prall gefüllt.“ Eine durchaus merkwürdige Aussage für ein Unternehmen, dem Aufwand und Intensität des Projektes sicherlich von Anfang an bekannt waren, handelt es sich doch schließlich „um eines der führenden Unternehmen“ in diesem Bereich. Auf der Homepage der Firma liest sich der Zusammenhang ganz anders. Dort wird erklärt, dass sie von Anfang an nur Projektentwickler waren, die zu einem bestimmten Zeitpunkt an einen Investor weiterverkaufen.
UND NOCH EIN HOTEL?
Nun könnte man sagen, dass es letztlich egal ist, wer das Wohnquartier baut. Auf Nachfrage von WO! erklärte Stadtratsmitglied Klaus Karlin (CDU): „Wer letztlich das angedachte Projekt umsetzt, ist für die Stadt eigentlich unerheblich. Daher ist auch der Austausch des „Eigentümers/Investors“ unerheblich und scheint auch zu keinen Veränderungen zu führen.“ Als der neue Investor sich am 11. Januar im Haupt- und Finanzausschuss vorstellte und damit auch seine Vorstellung des Projektes präsentierte, waren es Kleinigkeiten, die das Projekt durchaus etwas anders aussehen lassen. Kleinigkeiten, durch die möglicherweise die Diskussion im Stadtrat am 30. November eine andere Richtung genommen hätte. Während die Ostermayer GmbH lediglich über den Bau eines Hotels nachdachte, scheint dieses für Bittner deutlich interessanter zu sein. Derzeit sei man gleich mit fünf Hotelbetreibern im Gespräch, erklärte Bittner den anwesenden Personen. Es stellt sich die berechtige Frage, ob Worms ein weiteres Drei-Sterne Hotel benötigt oder ob dies letztlich zu einem Verdrängungswettbewerb führt. OB Kissel sieht das anders und erklärte, dass Worms aus seiner Sicht durchaus ein weiteres Hotel vertragen könne. Richtigerweise möchte der Investor allerdings noch eine Marktanalyse abwarten, bevor er sich für den Hotelbau entscheidet. Keine Rolle mehr spielte in der Vorstellung der Bau einer Kindertagesstätte. Erst auf Nachfrage von Astrid Perl Haag (FWG) und Uwe Gros (SPD), erklärte Bittner: „Hier müsse man sich mit der Stadt genau abstimmen. (…) Wenn wir eine gute Lösung finden, ist eine Umsetzung durchaus möglich.“ Kurzum: kann sein, muss aber nicht! Was bleibt, sind indes die 150 hochwertigen Wohneinheiten, die bis zu 100 Quadratmeter groß sein sollen. Bittner spricht von einer derzeit geplanten Investitionssumme von 40 Millionen Euro.
Letztlich hat die Stadt nach Verabschiedung des Bebauungsplans, auf dessen Grundlage nun Planungen umgesetzt werden können, keinen weiteren Einfluss auf die Entwicklung des Projektes, erklärte hierzu Karlin und sagt: „Eine weitergehende Einflussnahme ist auf dem Gesprächs-, nicht aber auf dem Rechtsweg möglich.“ Wann es losgehen soll, ist noch unklar. Bis dahin steht das Parkhaus der Stadt weiterhin zur Verfügung. Nach Abriss des Altbestandes rechnet der Investor mit einer Bauzeit von bis zu drei Jahren.