Politische Entscheidungen wurden aufgrund fehlerhafter Zahlen getroffen

Nach Berechnungen der Oxford University hatte Deutschland bis zum 24. Januar 2022 (danach schoben sich die Fidschi-Inseln auf Platz 1) weltweit die striktesten Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus erlassen. Noch vor China, das in den Medien gerne als Beispiel für eine besonders restriktive Coronapolitik genannt wird. Wer jedoch Kritik an den Corona Maßnahmen der Bundesregierung übt, gilt in der öffentlichen Wahrnehmung als Coronaleugner und wird in die rechte Ecke geschoben. Dass aber das Vertrauen in die Politik aufgrund fehlerhafter Zahlenwerke erschüttert ist, kann man zumindest nachvollziehen.

Diese Pandemie hat uns eines gelehrt: Es gibt kein richtig oder falsch. Ob- wohl Deutschland die striktesten Corona Maßnahmen weltweit hatte, sind die Zahlen ähnlich hoch wie in anderen Ländern. Die Politiker in den meisten Ländern treffen ihre Entscheidungen aufgrund von Zahlen und wissenschaftlichen Empfehlungen. Dass sich Wissenschaftler irren können und ihre Meinung aufgrund neuer Erkenntnisse widerrufen müssen, ist nichts Ungewöhnliches. Was aber, wenn sich auch die für die politischen Entscheidungen zugrunde gelegten Zahlen im Nachhinein als falsch entpuppen? Kann man dann das Misstrauen in die Politik ein Stück weit nachvollziehen? So verhängte man in Deutschland im November 2020 einen achtmonatigen Lockdown, der sich bis Mitte 2021 zog, weil die Intensiv- betten in Deutschland zunehmend knapper wurden. Monate später stellte sich heraus, dass die Zahlen gar nicht so dramatisch waren. Vielmehr heg- te der Bundesrechnungshof schon im Juni letzten Jahres den Verdacht, dass Krankenhäuser mit falschen Angaben Subventionen kassiert haben. Der erste Betrugsverdacht lautet, dass die Einrichtungen bei der Angabe der Bettenknappheit übertrieben haben. Der zweite Betrugsverdacht bezieht sich auf die Fördergelder für Intensivbetten, bei denen möglicher- weise Gelder für Intensivbetten flossen, die gar nicht vorhanden waren. Was als bislang noch ungeklärtes „Divi-Gate“ in die Geschichte eingehen wird, fand jedoch in den Medien kaum Widerhall. Dass Hunderttausende während des Lockdowns ihre Existenz aufgrund fehlerhafter Zahlen verloren hatten, schien kaum einen Artikel wert zu sein. Dagegen hat sich in Dänemark kürzlich die Boulevardzeitung „Ekstra Bladet“ für ihre zu unkritische Corona Berichterstattung öffentlich entschuldigt. So sei die von der Regierung angegebene Zahl der Covid-19-Patienten in den Krankenhäusern um 27 Prozent höher gewesen, als dies in der Realität tatsächlich der Fall war. Der Chefredakteur KNUT BRIX räumte in einem Interview mit der WELT ein, dass es viele gebe, die dem Staat grundsätzlich vertrauen, aber auch berechtigte Fragen stellen. Diese würden zu schnell in eine Ecke mit Verschwörungstheoretikern gepackt.

DIE VERMEINTLICHE PANDEMIE DER UNGEIMPFTEN

In Deutschland diskutiert man seit Beginn der vierten Welle über eine „Pandemie der Ungeimpften“. An den letzten Tagen seiner Amtszeit gab JENS SPAHN bei Pressekonferenzen an, dass 90 Prozent der Patienten auf den Intensivstationen ungeimpft seien und sein Nachfolger KARL LAUTERBACH ließ sich Ende November zu dem Satz hinreißen: „Wer sich nicht impfen lässt, riskiert das Leben anderer Menschen“. Dabei dürfte auch un- serem neuen Gesundheitsminister bekannt gewesen sein, dass eine Impung zwar für einige Monate (je nach Vakzin) vor einem schweren Verlauf schützt, jedoch nicht davor, sich selbst und andere anzustecken. „Die Impfung ist Eigenschutz, kein Fremdschutz“ sagte hierzu der Virologe HENDRIK STREECK. Im Übrigen wurde dies auch von Wissenschaftlern der Harvard-Universität bestätigt, die nach Durchsicht der Daten von 68 Ländern keinerlei Zusammenhang zwischen der Impfquote und der Anzahl an Covid-19-Infektionen feststellen konnten. In Europa galten die Impfhochburgen Spanien und Portugal lange Zeit als nahezu Covid frei, ehe mit Einbruch der kühleren Jahreszeit die Infektionszahlen geradezu explodierten. In Deutschland haben Bremen und Hamburg (zusammen mit dem Saarland) die höchste Impfquote, aber auch aktuell (zusammen mit Berlin) die höchste Inzidenz. Dagegen sind die Coronafälle in Thüringen und Sachsen, wo die niedrigste Impfquote besteht, deutlich niedriger. Mittlerweile wissen wir auch, dass die extrem hohe Inzidenz der Ungeimpften anfangs dadurch errechnet wurde, dass jede Infektion, bei der der Impfstatus unbekannt war, den Ungeimpften zugerechnet wurde. Die Zahlen, mit denen man im Herbst eine „Pandemie der Ungeimpften“ herbeigeredet hatte, waren also eher „gefühlte Wahrheiten“, die der Realität nicht standhalten konnten. Die Behauptung, über 90 Prozent der Intensivpatienten seien ungeimpft, konnte nur deshalb so lange aufrechterhalten werden, weil verlässliche Zahlen fehlten. Das Robert-Koch-Institut und das Intensivbettenregister DIVI kündigten erst Mitte Dezember, mitten in der vierten Welle, an, nunmehr auch offiziell den Impfstatus zu erfassen. Prompt nahm die Zahl der Impfdurchbrüche massiv zu, auch wenn Ungeimpfte weiterhin den überwiegenden Anteil aller COVID-19-Aufnahmen auf Intensivstationen ausmachen. Wenn man dann noch hört, dass die Bundesregierung im letzten Jahr 554 Millionen Impfdosen bestellt hat, fragt man sich schon, ob man mit der Einführung einer Impfpflicht die Menschen vor einem Virus schützen will, oder ob es darum geht, einen Impfstoff loszuwerden, der nicht die erhoffte Langzeitwirkung verspricht und nur unzureichend gegen die Omikron-Variante und mögliche weitere Mutationen schützt. Was jedoch nach wie vor für eine Impfung spricht, ist die offen- sichtliche Tatsache, dass zwar die positiven Corona Tests zugenommen haben, aber die Hospitalisierungsrate niedriger als im letzten Jahr ist. Mit diesem Pfund kann man wuchern und mit Informationsarbeit Impfskeptiker überzeugen. Ob das jedoch mit einer ohnehin schwer zu kontrollieren- den Impfpflicht gelingt, wage ich zu bezweifeln.

Kommentar: Frank Fischer