Staus, eine Fahrradstraße und weniger Zulassungen
Es ist das erklärte Ziel von Stadt und Politik, den Fahrradanteil im Wormser Verkehr von derzeit rund 15 auf 25 Prozent im Jahr 2030 auszubauen. Im gleichen Atemzug soll dementsprechend der Anteil des motorisierten Individualverkehrs zurückgehen. Zwar sind sieben Jahre noch ein langer Weg, allerdings werfen wir schon mal einen Blick darauf, wie es aktuell in Worms um den Verkehr steht.
Es gibt viele gute Gründe, das Auto stehen zu lassen und auf das Rad zu steigen. Abgesehen davon, dass man den Geldbeutel schont, ist es gut für die Gesundheit und unser Klima. Allerdings gibt es auch zahllose Argumente, warum das Auto für den überwiegenden Teil der Bevölkerung das Fortbewegungsmittel ihrer Wahl ist. Steigende Spritprei- se und die Bemühungen der Stadt, für PKW-Lenker das Verkehrsleben ein wenig schwerer zu gestalten, haben bisher nur wenige Auswirkungen auf den Alltagsverkehr. Kurzum, die Straßen in Worms sind gut befahren.
Stau im Wäldchen
Wie sehr das Auto den Menschen ans Herz gewachsen ist, zeigte sich einmal mehr exemplarisch am „Tierischen Halloween“ Ende Oktober. Der Tiergarten Worms hatte geladen und Tausende folgten dem Ruf, allerdings mit dem Auto. Die Folgen waren nicht nur lange Schlangen vor der Kasse, sondern auch eine Blechlawine, die den Friedrichsweg fahrend und parkend verstopfte. Klar, dass dies insbesondere bei Facebook anschließend diskutiert wurde. Statt über ein Umdenken zu reden, folgte jedoch der Vorschlag, das Fest auf zwei Tage auszuweiten. Der Tiergarten denkt wiederum darüber nach, zukünftig Timeslots zu vergeben. Und die Stadt? Die hofft, durch den Bau einer zusätzlichen Abfahrt und einer partiellen Verbreiterung des Friedrichwegs den Verkehr in den Griff zu bekommen. Eine Verkehrswende bahnt sich da eher nicht an.
Fahrradstraße als SymbolDass man es allerdings ernst meint mit der Förderung des Fahrradverkehrs, dafür hat die Stadt allerdings ein starkes Zeichen gefunden. So machte man 2020 aus der Speyerer Straße, einer ehemals wichtigen Durchfahrtstraße, kurzerhand eine Fahrradstraße. Der Stadtrat wurde dabei erst gar nicht gefragt. Seitdem sorgt diese immer wieder für Diskussionsstoff, denn bis heute stößt sie bei vielen Bürgern auf Ablehnung. Doch ist diese Ablehnung auch messbar? Auf Anfrage unseres Magazins erklärt die Stadt, dass man regelmäßig Verkehrszählungen durchführe. Diese seien verpflichtend, da es sich bei der Straße um ein Pilotprojekt handele. Durchgeführt wurden diese im September in einem Zeitraum von 13 Stunden. Dabei stellte man fest, dass sich der Radverkehr – gegenüber den ersten Zählungen 2019 – verdoppelt hätte. Das heißt, statt 213 waren es zuletzt 408 Radler/innen. Verringert hat sich logischerweise der KfZ-Verkehr. Hochgerechnet auf 24 Stunden verringerte sich der Verkehr von 4.260 auf 2.830.
Immer noch viele unberechtigte Fahrzeuge
Dennoch ist das eine erstaunlich hohe Zahl für eine Straße, deren unberechtigtes Durchqueren ein Bußgeld nach sich zieht. So führt auch die Polizei regelmäßig Kontrollen durch und bittet zur Kasse. Zuletzt hatte man 74 Autos kontrolliert, von denen immerhin 24 keine Berechtigung hatten. Durchqueren darf man die Straße, wenn man Anlieger ist oder ein Geschäft in selbiger besucht. Die Anlieger freuen sich derweil über den gesunkenen Verkehrslärm, wie die Stadt berichtet. Doch bekanntlich ist ja des einen Leid, des anderen Freud. Denn natürlich ist der Autoverkehr grundsätzlich nicht zurückgegangen, nur fließt dieser nun über andere Straßen. Die Fahrradstraße soll als ergänzende Radanbindung an den Eisbachtalweg in den kommenden Jahren zur Einbahnstraße für Autos ausgebaut werden. Ebenso sollen weitere Fahrradstraßen folgen.
Kfz Zulassungen gehen zurück
Ein zarter Keim der Hoffnung, dass das Auto als Statussymbol ausgedient hat, zeigt ein Blick in die Statistik der Kraftfahrzeugstelle. Waren es 2019 noch 3.196 PKW, die angemeldet wurden, sind es aktuell rund 2.000 Autos. Dem gegenüber steht allerdings die stattliche Zahl von rund 62.000 Autos, egal ob privat oder gewerblich, die auf Wormser Straßen zugelassen sind, nebst dem Verkehr aus Nachbargemeinden. Das zeigt, es ist noch ein weiter Weg bis zur Verkehrswende. Ob Maßnahmen wie das 49,- Euro Ticket oder Fahrradstraßen daran etwas ändern, ist fraglich. Letztlich wird die Geldbörse darüber entscheiden, wie lange Menschen bereit sind, viele tausend Euro in ein kostenintensives Fortbewegungsmittel zu investieren. Oder wie lange sie dies noch können. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass viele Menschen in unserer komplexen Welt darauf angewiesen sind. Die Kunst ist, zu erkennen, wann man sein Auto einsetzt oder es eben stehen lässt.
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Text: Dennis Dirigo, Fotos: Andreas Stumpf