Für Wohnungseigentümer und Hausbesitzer ist es ein Reizwort, das mit viel Geld verbunden ist: Straßenausbaukosten. Im kommenden Jahr dürfen sich die Eigentümer in der Bleichstraße über eine saftige Rechnung freuen. Doch wie viel Mitspracherecht haben die Anlieger, wenn sie schon bis zu 65 Prozent der Kosten tragen müssen?
Das sorgte in der vergangenen Sitzung des Innenstadtausschusses für Diskussionen. Dort stellte Annett Böttner, Abteilungsleiterin Verkehrsinfrastruktur und Mobilität im Bereich Planen und Bauen, die umfangreiche Sanierung der Anliegerstraße vor. Bei der Straße in unmittelbarer Nähe zum Kaiser-Heinrich-Platz handelt sich um eine der ältesten Straßen von Worms. Aktenkundig ist diese seit 1900 vermerkt. Geplant ist, die rund 120 Meter lange und 16 Meter breite Straße mit Betonpflaster und Rundboard vollauszubauen. Notwendig ist die Sanierung, da die Straße nicht mehr verkehrssicher sei. Zur Sanierung erklärte Böttner, dass die Fahrbahn und die beidseitigen Gehwege ohne gravierende Höhenunterschiede angelegt werden. Auf diese Art sollen Eingriffe in die bestehenden Baumbeete und Wurzelschäden vermieden werden. Um die Lebenserhaltung der 17 Bäume, die die gesamte Straße säumen, zu gewährleisten, werden die vorhandenen Bauminseln auf eine Länge von vier Metern und eine Breite von drei Metern erweitert. Das hat natürlich Folgen, nämlich dass sich die Anzahl der Parkplätze verringern wird. Aktuell finden 20 Autos unter den Bäumen Platz. Zukünftig sind es nur noch 16, darunter ein Behindertenparkplatz. Zusätzlich soll es sechs Fahrradbügel an zwei verschiedenen Stellen geben, an denen zwölf Räder angeschlossen werden können. Außerdem wird das Entwässerungssystem mit einer neuen Mittelrinne und punktuellen Straßenabläufen neu hergestellt. Das hat seinen Preis.
Die Bauverwaltung schätzt, dass sich der Ausbau auf rund 725.000 Euro belaufen wird. Wie hoch die Kosten genau sein werden, lässt sich noch nicht sagen, da die Ausschreibungen erst im kommenden Jahr veröffentlicht werden. Zudem sei der Preis abhängig von der Marktlage, erklärte Böttner und ergänzte, dass dieser derzeit pro Quadratmeterstraße zwischen 200 und 400 Euro schwanke. Alfred Koch (FDP) kommentierte dies dementsprechend: „Sie zahlen und haben dann weniger Parkplätze“. Koch hatte diesbezüglich im vergangenen Jahr schon negative Erfahrungen gemacht, als die Würdtweinstraße grundlegend saniert wurde und sich dort ebenfalls die Zahl der Parkplätze reduzierte. Im Gespräch mit WO! kritisiert Koch auch die Informationspolitik der Stadt. Zwar gingen drei Informationsschreiben vor Baustellenbeginn raus, doch die seien oberflächlich. Einen Dialog mit den Bürgern suche die Stadt offenbar nicht. Koch betont, dass diese Taktik auch in Hinsicht auf die unklaren Kosten, insbesondere für ältere Menschen, die oftmals keinen Kredit mehr bekommen, eine Katastrophe sei. Baudezernent Uwe Franz erklärt im Gespräch mit WO!, dass es natürlich nicht die Absicht der Stadt sei, Parkplätze wegzurationalisieren, sondern die Planer lediglich geltende Rechtsnormen umsetzen würden und die seien mitunter anders als das, was die Anwohner in den vergangenen Jahren erlebt haben. Im Innenstadtausschuss fasste es Astrid Perl-Haag treffend zusammen: „Ich möchte, dass rechtzeitig die Bürger informiert werden. Die Leute wohnen da und müssen Mitspracherecht haben“. Im Falle der Bleichstraße gelobte Böttner, dies zu beachten. Bereits nach den Sommerferien soll eine Einwohnerversammlung einberufen werden. Was die Ausbaukosten angeht, so müssen sich Anlieger in Rheinland-Pfalz noch ein wenig gedulden, bis Erleichterung kommt. Im April beschloss die Landesregierung, dass es ab 2024 keine einmaligen Ausbaukosten mehr geben wird, sondern diese jedes Jahr als wiederkehrende Kosten auf alle Bürger umgelegt werden. Die CDU im Landtag lehnte dies ab und plädiert für eine grundsätzliche Abschaffung dieser Beiträge, allerdings konnte sie bisher noch keine Gegenfinanzierung vorlegen. Ob dies so kommt, wird sich nächstes Jahr bei der Landtagswahl zeigen. Den Eigentümern in der Bleichstraße wird das allerdings nichts nutzen.