Buchtipps –  Gelesen und Rezensiert von Dennis Dirigo

Alkhayin – Der Verräter

Frankenthal im Fadenkreuz von Terroristen. Als zwei Streifenpolizisten zu einem Haus gerufen werden, wo zuvor Schüsse fielen, finden diese zwei tote Muslime und im Keller alle notwendigen Utensilien, mit denen man eine Bombe bauen kann. Kommissar Schubert übernimmt den Fall, bekommt allerdings schnell Besuch vom Verfassungsschutz. Der scheint aber auch in den Fall verwickelt zu sein. Parallel zu den Ereignissen in Frankenthal folgt die Handlung der jungen Sama, die in den Syrischen Krieg gezogen ist, um den IS zu unterstützen und schließlich bei einem Raketenangriff auf ein IS Stützpunkt ihr Baby verliert. Sama wittert Verrat und reist zurück in ihre Heimat Frankenthal. Der Frankenthaler Rechtsanwalt und Autor Tobias Busch ließ Kommissar Schubert bereits fünfmal ermitteln. Tatkräftige Unterstützung bekommt dieser regelmäßig von dem Rechtsanwalt Sandner und seinem Netzwerk. In seinem jüngsten Roman nimmt sich der Autor einem besonders brisanten Thema an. Terroristen, die als Flüchtling getarnt nach Europa einreisen, Deutsche mit Migrationshintergrund, die sich radikalisieren, um anschließend in den Krieg ziehen und als potentielle Zeitbombe wiederkehren, sowie den Verwicklungen internationaler Geheimdienste in der Islamistenszene. Ganz schön viel Stoff für stramme 250 Seiten. Busch erliegt dabei nicht der Versuchung, ins Reißerische abzudriften und vermeidet allzu gängige Klischeevorstellungen. Stattdessen widmet er sich dem oft mühsamen Ermittlungsprozess, schafft es aber, seine Geschichte durchweg spannend zu erzählen. Besonders im letzten Drittel zieht der Autor das Tempo an. Immer wenn man als Leser glaubt, der Lösung nahe zu sein, überrascht die Geschichte mit weiteren Wendungen. Lediglich ein wenig mehr Charaktertiefe hätte man sich beim Lesen, vor allem bei der Ausformulierung der muslimischen Charaktere, gewünscht. Besonders über Sama, der eine zentrale Rolle zukommt, und ihre Radikalisierung hätte man gerne mehr erfahren. Irgendwie erscheint die Begründung, Sama und ihr Bruder hätten sich durch Internetprediger radikalisiert, doch ein wenig zu einfach. Dennoch, im Genre der sogenannten Regionalkrimis ragt „Alkhayin“ durch einen geerdeten Realismus raus. D.h. keine skurrilen Charaktere oder ausschweifende Lokalbezüge.

Tobias Busch

Iatros Verlag

Erschienen: 2018

256 Seiten I 15.- Euro

ISBN-13: 978-3869637266

Das Gold der Nibelungen: Der magische Drachenturm

Bereits zweimal schickte die Heidelberger Autorin Andrea Liebers die zehnjährige Marie, gemeinsam mit Zwergen und dem kleinen Drachen Fafnir, auf eine Abenteuerreise, die sich rund um das Nibelungengold dreht.Im zweiten Teil quoll das Gold ungehindert aus diversen Brunnen hervor und sorgte dafür, dass sich nach und nach – von Worms und Lorch ausgehend – die Menschheit der Goldgier verfiel. Im dritten Teil, der auf vier Teile angelegten Saga, verwandelt sich das Gold in eine glibbrige, stinkende Masse. Dort, wo sich die Masse breitmacht, beginnt alles Leben abzusterben. Marie weiß, dass der junge Drache, dessen Vater der von Siegfried getötete Drache war, der Schlüssel zur Lösung des Problems ist. Fafnir hingegen ist vielmehr daran interessiert, seine Mutter zu finden. Um in die Welt der Drachen zu gelangen, müssen sie aber erst mal den Weltenbaum besteigen und das erweist sich als gar nicht mal so einfach. Auch in im dritten Teil bleibt sich die Autorin treu und verwebt germanische Mythologie, reale Örtlichkeiten und Elemente der titelgebenden Nibelungensage zu einer spannenden Fantasy-Geschichte. Allerdings verändert sich über weite Strecken der Tonfall des Buches. Entsprechend der Ausgangssituation, dass sich das strahlende Gold zu einer todbringenden Masse verwandelt, entwickelt sich die Geschichte, besonders in den ersten zwei Dritteln, deutlich düsterer. Auch weitet die Autorin die Geschichte in ihrem örtlichen Handlungsspielraum aus. Standen zuletzt Worms, Lorch und die Anderswelt im Mittelpunkt, spielt dieser Teil nun überwiegend in Frankenthal, Speyer und der Drachenwelt. Die Geschichte wird flott vorangetrieben und sorgt mit ihren dezent philosophischen Elementen (Verführbarkeit von Menschen, Einsamkeit und die Suche nach Zugehörigkeit) dafür, dass auch ein älteres Publikum seinen Spaß an der Lektüre haben kann. Optisch wird das Buch aufgelockert durch handlungsbegleitende Illustrationen des Künstlers Manfred Schmitt. Im demnächst erscheinenden vierten Teil kommt es schließlich zum großen Finale, bei dem es um nichts weniger als das Schicksal der Menschheit geht.

Andreas Liebers

Worms-Verlag

Erschienen: 2018

140 Seiten I 15.- Euro

ISBN: 978-3-944380-87-2

Der König von Burgund

Vor knapp zwei Jahren warf auch der Historiker Helmut Orpel seinen Hut in den hart umkämpft en Ring der Regionalkrimis.Orpel nutzte als Hintergrund allerdings das, was er am besten kennt, die Kunstszene und nennt sein Werk dementsprechend einen Kunstkrimi. Ganz in diesem Sinne ist der Protagonist der Stunde bei ihm kein Detektiv, sondern ein Museumskurator, der auf den Namen Oliver Treschko hört und Leiter der Wormser Museen ist. In „Tintorettos Geheimnis“ hatte dieser sein Debüt. In seinem zweiten Auft ritt dient der belesene Kunsthistoriker jedoch vor allem als Überleitung zu einer anderen Figur, nämlich dem Museumsführer und Barock Experten Ernst Wilhelm Berger. Der ist eigentlich im Heidelberger Schloss oder wahlweise im Schwetzinger Schloss unterwegs, wird allerdings von Treschko wegen dessen Barockwissen als Berater für eine geplante Ausstellung mit Mannheim zu Rate gezogen. Während er auf diesen wartet, wird seine Aufmerksamkeit auf ein achtlos in einer Ecke des Heylshofmuseums stehendes Möbelstück gelenkt. Dieses barocke Möbelstück entpuppt sich als wundersames Rätsel, das offenbar in Verbindung zu dem auch in Worms wirkenden Kurfürsten Carl Theodor und dem fiktiven mexikanischen Künstler Casparicara steht. Ab Seite 150 eröffnet Orpel zusätzlich noch eine waschechte Krimistory. Während einer Ausstellung im Mannheimer Schlossmuseum wird ein wertvolles Rembrandt Gemälde aus selbigem gestohlen, was eine Kette von Verdächtigungen in Gang setzt. Wie bereits in dem Vorgänger vermischt der Autor historisch verbuchte Ereignisse mit seiner Fantasie entsprungenen Ereignissen. Ob der reale Georg von Dalberg tatsächlich ein Spion Friedrich des Großen gewesen war, lässt sich zumindest historisch nicht belegen. Auch bei der Entstehungsgeschichte des Rembrandt Gemäldes stand wohl eher Orpels Fantasie Pate als die etwas langweiligere Wahrheit. Unbestreitbar ist dennoch, dass auch dieses Buch Lust auf Kunstgeschichte macht und man sich zwangsläufig beginnt, mit den Hintergründen zu beschäftigen. Das ist aber auch notwendig, wenn man nicht den Überblick über die zahllosen Handlungsstränge verlieren möchte. Weniger wäre sicherlich etwas mehr gewesen, dennoch bleibt eine faszinierende, regional gefärbte Geschichte der anderen Art.

Helmut Orpel

Worms-Verlag

Erschienen: 2017

320 Seiten | 24,90 €

ISBN: 978-3-944380-70-4

Nibelungenkinder

Es ist nahezu unmöglich, in Worms an dem Thema Nibelungen vorbeizukommen. So ist es nicht verwunderlich, dass die in Worms lebende Journalistin sich in ihrem Debütroman auch diesem Thema nähert, allerdings anders als man vermutet. Der Nibelungen-Mythos dient vielmehr als Motiv für ein Familiendrama, das direkt aus dem Leben gegriffen scheint. Im Mittelpunkt der Geschichte steht zunächst Isolde, eine Frau in den besten Jahren und auf der Suche nach dem Mann ihres Lebens. Den findet sie in Siegfried. Der Traummann hat jedoch einen Haken, er ist verheiratet und hat eine Tochter. Isolde lässt sich davon jedoch nicht abhalten, umwirbt ihn und beginnt schließlich eine Affäre mit dem Familienvater. Gerade in dem Moment, als man beim Lesen denkt, man hätte sich in einem Rosamunde Pilcher-Roman verirrt, wechselt die Autorin die erzählerische Perspektive und schlüpft in die Rolle der betrogenen Ehefrau Hilda, die einer stolzen Wormser Familie entstammt. Einfühlsam schildert Urbach die Pein der hintergangenen Ehefrau, die in einer zeitgemäßen Variante des Streites der Königinnen gipfelt. Doch worauf die Autorin mit ihrer spannenden Erzählung eigentlich hinaus will, ist die Eigendynamik, mit denen Menschen sich immer wieder einander Verletzungen zufügen und offenbar aus ihren Fehlern nicht in der Lage sind zu lernen. Vielleicht ist es ausgerechnet Charlie, der Tochter des getrennten Paares Siegfried und Hilda, vergönnt, diesen Kreislauf des „sich Schmerzen zufügen“ zu durchbrechen. Bis dahin breitet der Roman seine Geschichte über einen Zeitraum von 15 Jahren aus. Geschickt lässt Regina Urbach dabei Wormser Ereignisse, wie den OB-Wahlkampf 2011 und die Wiedereröffnung des historischen Fürst im Winterhafen, in die Geschichte einfließen. Wohin das ganze führt, sei an dieser Stelle nicht verraten. Dezent kritisieren muss man allerdings den Umstand, dass es sich bei der Geschichte nicht um einen Worms Thriller im klassischen Sinne handelt. Zwar spielt ein gewisses Thrillermotiv eine Rolle, bildet aber letztlich nur den nicht unbedingt notwendigen Rahmen für ein ansonsten zeitlos spannendes Familiendrama. Bemerkung am Rande: auch wir dienten wohl als Inspiration für dieses gelungene Debüt, allerdings wurde unser Magazin in „Hagens Senf“ umgetauft!

Regina Urbach

Worms-Verlag

Erschienen: 2018

308 Seiten I 22,50 €

ISBN: 978-3-944380-85-8