Knapp 4.000 Menschen kamen am 27. Januar in die Wormser Innenstadt und setzten ein eindrucksvolles Zeichen gegen Rechtsextremismus. Für Wormser Verhältnisse waren dies deutlich mehr als in der Vergangenheit, wenn „Anti-Rechts-Demos“ in der Stadt stattfanden. Der Unterschied: Waren es in der Vergangenheit zumeist die Mitglieder linker Gruppierungen, die dem Aufruf zu einer „Demo gegen rechts“ gefolgt waren, ließ sich dieses Mal auch die politische Mitte nicht lumpen und erschien zahlreich.

Für Demokratie, Vielfalt, Toleranz und ein offenes Worms gingen die Menschen auf die Straßen, wobei vielen Demonstrationsteilnehmern wichtig war zu betonen, dass dies keine Demo für die aktuelle Regierungspolitik sei, sondern gegen die fremdenfeindlichen An- sichten der AfD, die nach wie vor ein großes Sammelbecken für Rechtsextreme – wie den gerichtlich bestätigten Nazi Bernd Höcke – ist. An die ewig Gestrigen adressiert, die aus der Geschichte nichts gelernt haben, lautete die Botschaft, dass Faschismus keine Meinung ist, sondern ein Verbrechen, das vor 79 Jahren 70 Millionen Menschen das Leben gekostet hat. Bürgermeisterin STEPHANIE LOHR legte im Vorfeld der Demonstration großen Wert auf die Begrifflichkeiten. Sie demonstriere nicht gegen rechts, sondern gegen Rechtsextremismus und Faschismus und für Demokratie. Ihre Partei, die CDU Worms, erklärte hierzu: „Rechts ist nicht gleich rechtsradikal und die AFD zu verbieten, bekämpft ein Symptom und nicht die Ursache. Die Menschen sind unzufrieden, haben Zukunftsangst und fühlen sich in weiten Teilen nicht mehr verstanden, da müssen wir alle ran, rechts, mitte, links, in den Parlamenten und in den Verwaltungen.“ 

Deutlich mehr Teilnehmer als erwartet

Bereits um 11 Uhr, als die alljährliche Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus am „Mahnmal für die Opfer des Faschismus“ begann, waren deutlich mehr Menschen erschienen, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Schnell füllten sich der Otto-Wels-Platz und die umliegenden Plätze, so dass früh absehbar war, dass die angemeldete Teilnehmerzahl von 100 Personen deutlich übertroffen würde. Gegen 12 Uhr bewegte sich der Demonstrationszug von der Stephansgasse durch den Kreisel an der Sparkasse, vorbei am Lutherdenkmal und an- schließend durch die KW ging es zum Wormser Hauptbahnhof, wo das Ausmaß der Menschenmassen erst so richtig zur Geltung kam. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass der Bahnhofsvorplatz seit seiner Neugestaltung im Jahr 2010 noch nie so voll war. Anschließend bewegte sich der Zug durch die Siegfriedstraße in Richtung Wormser Altstadt. Dort war eigentlich auf dem Synagogenvorplatz eine Zwischenkundgebung geplant. Das war wiederum aufgrund der schieren Menschenmasse nicht möglich. So berichtete unser Reporter DENNIS DIRIGO, dass es bei dem Menschenzug durch die Siegfriedstraße satte zwölf Minuten von der ersten bis zur letzten Person dauerte. Bereits zu diesem Zeitpunkt schätzte die Polizei die Teilnehmerzahl auf 3.000 bis 4.000 Menschen. Ohne Zwischenstopp ging es schließlich zum Endpunkt der Demonstration auf der Südseite des Wormser Doms, wo es verschiedene Redebeiträge zu hören gab. Darunter auch Oberbürgermeister ADOLF KESSEL, der bereits zuvor bei der Kranzniederlegung zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus sprach. Hierbei zeigte er sich sichtlich beeindruckt von der Teilnehmer- zahl: „Auch Worms reiht sich heute in die Vielzahl von Städten ein, die zeigen, dass eine wehrhafte Demokratie von einer wachen und aktiven Zivilgesellschaft vor Ort lebt.“ Kessel betonte in diesem Zusammenhang, dass auch die Wormser keinen Rechtsextremismus in ihrer Mitte wollen und mahnte: „Die Geschichte darf sich nicht wiederholen!“ 

Es gab auch Kritik

Doch nicht alle Redebeiträge waren gelungen. So wie eine junge Dame, die einen Bogen zu den Montagsspaziergängern spannte, die allesamt Nazis gewesen seien, während die Wormser Bürgermeisterin Stephanie Lohr im WO! Magazin davon gesprochen hätte, dass die Kritiker der Corona-Maßnahmen ebenfalls „Bürger“ seien. Da hatte die ideologische Verblendung der jungen Dame wahrlich eine Sternstunde, ganz davon abgesehen, dass solche Aussagen der Sache nicht dienlich waren. Auch dass manche Parteien die Demonstration als Werbeplattform nutzten, kam nicht überall gut an. Speziell die SPD fiel mit großen Plakaten auf. Da hätte man sich tatsächlich gewünscht, wenn die gemeinsame Sache im Vordergrund gestanden hätte, ohne dies für Werbung in eigener Sache zu nutzen. Aber das soll die Besonderheit des Tages nicht schmälern, der in seiner Einzigartigkeit eine wichtige Botschaft ausgesandt hat. Eine beeindruckend große Anzahl an Menschen hat sich am 27. Januar auf den Weg in die Wormser Innenstadt gemacht, um zu zeigen, dass sie in einer Gesellschaft leben wollen, in der Rassismus, Antisemitismus, Hass und Ausgrenzung keinen Platz finden.

 

Lesen Sie hierzu auch den Kommentar von Frank Fischer: https://wo-magazin.de/alle-auf-die-strassen-wie-die-aktuellen-demos-von-den-eigentlichen-problemen-ablenken/

 

Ergänzung zu unserer Berichterstattung im aktuellen Heft. Die Vorsitzende der Jusos Worms, Soraya Schönfeld, verwies im Kontext mit dem vorliegenden Text, dass ein Zitat ihrer Rede ungenau von wiedergegeben wurde. Wir bitten bezugnehmend auf die ungenaue Wiedergabe um Entschuldigung. 

Liebes WO! Team, ich schreibe ihnen wegen ihres Artikels „ EIN BEEINDRUCKENDES ZEICHEN – WORMS STAND AUF GEGEN RECHTSEXTREMISMUS“, der von Frank Fischer verfasst wurde. In der Textpassage „Doch nicht alle Redebeiträge waren gelungen. So wie eine junge Dame, die einen Bogen zu den Montagsspaziergängern spannte, die allesamt Nazis gewesen seien, während die Wormser Bürgermeisterin Stephanie Lohr im WO! Magazin davon gesprochen hätte, dass die Kritiker der Corona-Maßnahmen ebenfalls „Bürger“ seien. Da hatte die ideologische Verblendung der jungen Dame wahrlich eine Sternstunde, ganz davon abgesehen, dass solche Aussagen der Sache nicht dienlich waren,“ wird eine Falschaussage getroffen. Ich habe diese Rede, auf die sich der Artikel bezieht, gehalten. In der Rede sagte ich: „Dass die CDU Rechte verharmlost, zeigte sich auch im Umgang mit den Coronademos in Worms, die auch von Rechtsextremen besucht und organisiert wurden.“ Meine Aussage war: ein Teil dieser Gruppe bestand aus Rechtsextremen. In Ihrem Text machen sie daraus: „die allesamt Nazis gewesen seien“. Ich habe einen Teil der Gruppe als Rechtsextreme bezeichnet. Ich habe nicht gesagt, dass die Gruppe insgesamt rechtsextrem wäre. Als Nazis habe ich dabei niemanden bezeichnet.

Ich finde, dass es auch einen Unterschied macht, ob jemand rechtsextrem oder ein Nazi ist. Diesen Begriff sollte man nicht inflationär verwenden. Übrigens ist es auch problematisch, erwachsene Frauen als junge Dame zu bezeichnen. Das ist herabwürdigend.

Soraya Schönfeldt aus Worms

Anmerkung der Redaktion: Tatsächlich ist uns das Wort „auch“ bei der Liveveranstaltung durchgerutscht. Durch dieses Wort stimmt auch die Schlussfolgerung nicht, dass „allesamt Nazis gewesen seien“.

 

Text: Frank Fischer Fotos: Andreas Stumpf