03. November 2015
Das Wormser Theater:
Im Grunde hat es Randy Newman nicht mehr nötig, auf Tournee zu gehen. Mittlerweile 71 Jahre alt, kann der Musiker auf eine rund vierzigjährige Karriere zurückblicken. Wenn er dann mal auf die Reise geht, sind es zumeist zwei Städte in Deutschland, denen die Ehre zu Teil wird, dass der Grammy- und Oscar-Preisträger dort zu einem Konzert vorbeischaut. In der Vergangenheit waren das zumeist Berlin und Frankfurt. In diesem Jahr hieß es jedoch Berlin und Worms!
Das Medieninteresse war groß und das des Überraschungsgastes des Abends, Herbert Grönemeyer, auch.
Leider muss man sagen, dass das Interesse der Wormser an der Musiklegende nicht ganz so groß war. Ein zu dreiviertel gefüllter Theatersaal könnte möglicherweise aber auch davon zeugen, dass vielen der Eintrittspreis schlicht und ergreifend zu teuer war. Bei einem 105-minütigen Konzert sind 70.- Euro sicherlich kein Schnäppchen, zumal es außer dem Sänger und seinem Flügel nichts zu bestaunen gab. Das allerdings reichte, um einen davon zu überzeugen, warum der Musiker aus der legendären Filmmusik Dynastie der Newmans (u. a. Thomas Newman „Specter“), fast so was wie eine amerikanische Institution ist. Wie kein Zweiter gilt er als scharfzüngiger Chronist amerikanischer Untugenden. Oft missverstanden und als Zyniker vom Dienst gebrandmarkt, umgarnte der Kalifornier an diesem Abend sein Wormser Publikum, witzelte mit ihm, fordert es auf, mit ihm zu singen und führte charmant durch sein eindrucksvolles Schaffen. Neben neuen Titeln, die belegten, dass er noch längst nicht zum alten Eisen gehört, gab es natürlich Newmans große Hits. Zwar wurden diese gelegentlich mit anderen Sängern erst so richtig erfolgreich, unterstreichen aber sein Talent für Popsongs mit Tiefgang. Unvergessen solche Klassiker wie „You Can Leave Your Hat On“, „Sail Away“ oder „I Love LA“. Oder sein kontrovers diskutierter Song „Short People“, der sich nicht wie irrtümlich behauptet gegen Kleinwüchsige richtet. Newmans Welt ist jedoch eine Welt, die in ihren Texten immer wieder bevölkert wird von obskuren Gestalten, Verlierern und Fieslingen. Vielleicht mag das an seiner Nähe zum Kino liegen. Seit Anfang der 80er Jahre komponiert er auch für Hollywood. Gleich für zwei seiner Frühwerke („Ragtime“, „Der Unbeugsame“) erhielt er Oscar-Nominierungen. Seit seinem Engagement für den Pixar Film „Toy Story“ dürfe er auch Millionen Kindern ein Begriff sein. Mit dem Titelsong „You‘ve Got a Friend in Me“ schrieb er abermals einen dieser leichtfüßigen kleinen Songs, die schon bei den ersten Akkorden ein Lächeln ins Gesicht zaubern und zeigen, dass ihm auch im Alter noch der Schalk im Nacken sitzt. Newmans Gang und seine Stimme konnten an diesem Abend das Alter jedoch nicht verhehlen. Seine Stimme wirkte deutlich brüchiger als in jungen Jahren, doch gerade das verlieh dieser einen besonderen Charme. Es ist eine Stimme, die es vermag, nur mit ihrem Klang Geschichten zu erzählen. So verabschiedete sich Randy Newman mit der ihm eigenen Ironie, als er erklärte, dass er gerne wieder hierher kommen würde. Aber das würde er eigentlich überall sagen, grinste er und verschwand. Selten hat sich ein Künstler im Wormser die stehenden Ovationen so verdient wie der musikalische Weltenwanderer Randy Newman.
Fazit: Ein großartiges Konzert eines großartigen Künstlers. Randy Newman ist ohne Frage einer der wichtigsten amerikanischen Musiker. Warum? Diese Frage beantwortete die eindrucksvolle Werkschau an diesem 03. November 2015.