Geplante Krankenhaustangente sorgt weiterhin für Kontroversen

Die Krankenhaustangente. Einst geplant als Lückenschluss des äußeren Ringes, gleicht sie längst einem Phantom, an das kaum noch einer glaubt. Dennoch möchte niemand eine endgültige Entscheidung treffen. Das möchte nun der NABU und der BUND ändern.

Die Idee ist eigentlich gut. Um den Verkehr von und in Richtung Westen, Norden und Osten aus der Stadt herauszuhalten, erwuchs bereits in den 70er Jahren die Planung eines äußeren Rings. Heute rund 50 Jahre später ist dieser größtenteils geschlossen. Zur Vollendung fehlt nun noch die Fertigstellung B47 Südumgehung und die Krankenhaustangente, die den Verkehr in Richtung Südumgehung lenken soll. Doch der Preis für den letzten Lückenschluss ist hoch. Und das nicht nur monetär. Für die Naturschutzverbände sowie für die Wormser Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen steht der Eingriff in die Natur in keinem Verhältnis zum Nutzen. In einer Pressemitteilung vom 10. September darüber informierte die Stadt darüber, dass laut Planfeststellungsbeschluss durch den prüfenden Landesbetrieb Mobilität (LBM) nun das Baurecht für die Tangente vorliegt. Zugleich verwies man aber auch darauf, dass ein endgültiger Beschluss durch die Gremien erst nach Abschluss der Südumgehung getroffen wird. Geplant ist aktuell die Fertigstellung der Südumgehung im Jahre 2028. Dennoch nutzte die Stadtratsfraktion der Grünen die aktuelle Situation und stellte im jüngsten Stadtrat einen Antrag. Dort heißt es: „Die Stadt verzichtet auf die Rechte aus dem Planfeststellungsbeschluss für den Neubau (…)“. Der Antrag scheiterte und wurde letztlich mit großer Mehrheit abgelehnt. Zweifel gab es dennoch viele darüber, ob die Tangente letztlich sinnvoll und vor allem auch realisierbar ist. Dirk Beyer (SPD) verwies auf die klamme Stadtkasse, die eine Umsetzung eher unwahrscheinlich mache. Marco Schreiber (CDU) merkte an, dass man 2021 beschlossen habe, die finale Entscheidung zur Tangente, wie bereits von Seiten der Stadt formuliert, erst nach Fertigstellung der Südumgehung zu treffen. Das hat auch Auswirkungen auf die Mobilität in der Innenstadt. Denn so wie der Stadtrat seine Entscheidung zur Tangente mit der Südumgehung verknüpft hat, hat man auch weitere verkehrsberuhigende Maßnahmen in der Innenstadt daran geknüpft. Für die Naturschutzverbände zu lange, weshalb diese nun Klage eingereicht haben.

Klarheit schaffen

Matthias Bösl, Vorsitzender des NABU Worms-Wonnegau erläutert: „Unsere Klage fußt darauf, dass im Planfeststellungsverfahren der Artenschutz und die Auswirkungen auf das Stadtklima nicht ausreichend berücksichtigt werden“. Seine Kritik unterstreicht der NABU damit, dass die Untersuchung erhebliche Mängel aufweise und die Bedenken der Anwohner beiseite gewischt worden wären. Tatsächlich bedeutet die freie Fahrt vieler Kraftfahrzeugfahrer auch eine Belastung vieler Anwohner, denn die Tangente durchquert nicht nur das Grün des Pfrimmtals, sondern streift auch Wohngebiete in Leiselheim und Pfiffligheim. Die Krankenhaustangente soll über eine Strecke von zwei Kilometer verlaufen. Um den Verkehr reibungslos fließen zu lassen, sind vier Kreisel vorgesehen. Diese sind an der Nievergolt- und der Landgrafenstraße sowie an der B 47 alt (Alzeyer Straße) und an der Einmündung zur B47 neu-Südumgehung geplant. Dazu kommen zwei Brückenbauwerke, eines über die Pfrimm und ein kleines über den Schlittweg. An der Bahnlinie zwischen Worms und Pfeddersheim soll zudem eine Unterführung entstehen. Während klar ist, dass das Bauwerk ein gewaltiger Eingriff in das Leben von Natur und Mensch darstellt, ist unklar, wie hoch der Nutzen sein wird. Klaus Karlin (CDU) zweifelte bereits vor vielen Jahren daran, dass das aufwendige Projekt den gewünschten Effekt erziele. Mehrfach verwies er in Stadtratssitzungen und Gesprächen darauf, dass aus seiner Sicht durch den bereits fertiggestellten Ring ausreichend Entlastungswege vorhanden seien. Entsprechend der widersprüchlichen Politik des Stadtrats erklärt Matthias Bösl: „Im Stadtrat hat man durchblicken lassen, den Ring eigentlich nicht bauen zu wollen. Doch die Mehrheit ziert sich, diesen Willen durch eine klare Entscheidung zu dokumentieren. Das ist ein falsches Signal und auch deswegen springen wir mit der Klage ein, um Klarheit zu schaffen.“ Noch ein wenig drastischer formulierte es Michael Leukam (Vorsitzender des BUND Worms): „Die Verantwortlichen in der Stadt Worms sollten sich endlich von ihrer antiquierten Verkehrsplanung aus dem Betonzeitalter verabschieden und die freiwerdende Mittel in eine zukunftsfähige Mobilitätspolitik investieren“. Wie die aussehen könnten, das beschloss der Stadtrat 2021, als man sich nach langen Jahren auf ein durch ein externes Planungsbüro erstelltes Mobilitätskonzept entschied. Darin enthalten? Die Krankenhaustangente!

Text: Dennis Dirigo Foto: Andreas Stumpf