04. November 2022 | Lincoln Theater in Worms

Es ist etwas mehr als drei Monate her, dass das junge Theaterensemble vom Theater Curiosum mit dem selbstverfassten Stück „Die Nebelun- gen“ sein persönliches Ambitionslevel gehörig nach oben setzte. Mit der Bühnenfassung von ETA Hoffmanns Schauerroman „Der Sandmann“ bewiesen sie erneut, dass sie Herausforderungen nicht scheuen.

Zeit seines Lebens war der Jurist ETA Hoffmann (1776 bis 1822) ein bekennender Romantiker, der sich sowohl als Komponist, Zeichner, als auch als Schriftsteller einen Namen machte. In seinen Büchern kombinierte der feinfühlige Mann oftmals romantische Handlungsgerüste mit denen des Schauerromans. Diese Mischung bescherte der Welt das anspruchsvolle Kunstmärchen „Der Sandmann“. Erzählt wird darin die Geschichte eines jungen Mannes, der durch den frühen Unfalltod seines Vaters ein Trauma erlitt. Nathanael ist davon überzeugt, dass der Tod durch den Alchemisten Coppelius verschuldet wurde. Dieser ist für ihn zugleich auch der titelgebende Sandmann, der kleinen Kindern die Augen entreißt, so auch seinem Bruder. Während ihn seine Verlobte und Freunde versuchen, davon zu überzeugen, dass das Böse nur in seiner Fantasie existiert, ist der junge Mann dazu entschlossen, das Geheimnis zu lüften. Hoffmanns Geschichte ist nicht einfach nur eine Gruselmär, sondern vielmehr ein komplexes Werk, das Vieldeutigkeit zulässt. So bleibt der Zuschauer lange im Unklaren, ob Nathanael als einziger im Recht ist oder langsam dem Wahnsinn anheimfällt. Um das auf die Bühne zu bringen, entschied sich das Ensemble für eine labyrinthische Erzählweise, die den Zuschauer oftmals orientierungslos dem Geschehen folgen ließ oder Fragen aufwarf, wie die Bedeutung der sprechenden Augen. Um das Innenleben des Protagonisten wiederum besser zu verdeutlichen, bediente sich die Regie des Tricks, Nathanael mit einem zweiten Ich zu konfrontieren. Dennoch machte die Truppe es dem Publikum nicht immer einfach, diesem Stück, das sich wie ein fiebriger Traum anfühlte, zu folgen.

Fazit: Mit engagierten Leistungen trotzten die Freizeitschauspieler den Untiefen dieser anspruchsvollen Inszenierung. Zuweilen wirkte das Stück durch die Verdichtung des Stoffes, bei gleichzeitiger Erweiterung des handelnden Personals auf der Bühne, etwas gehetzt.

 

Text und Foto: Dennis Dirigo