Derzeit führt das Andreasquartier, das Areal zwischen Hochstift und dem Wormser Dom, sowas wie einen Dornröschenschlaf. Das Museum im Andreasstift ist wegen umfangreicher Bauarbeiten für die Luther-Ausstellung geschlossen, das Valckenberggelände verkauft und die Weinbar Borgnolo ist ebenfalls geschlossen, während das ehemalige Gesundheitsamt als Bauruine sein Dasein fristet.

Geht es nach dem Willen der GroKo aus CDU/SPD soll das Areal in einigen Jahren als touristisches Zentrum Besucher anlocken. Ein weiter Weg, der dennoch erste Konturen annimmt. Der Wormser Rechtsanwalt und Investor Tim Brauer erwarb mit seinem Unternehmen Valckenberg-Areal-Entwicklungs GmbH, eine hundertprozentige Tochter der Timbra-Group, im Mai das 5.000 Quadratmeter große Gelände. Gegenüber der Wormser Zeitung teilte Brauer mit, dass das Großprojekt in die Gesamtentwicklung des Andreasquartiers eingebunden werden soll. Brauer plant derzeit die geschlossene Anlage mit dem markanten Innenhof und seinem aus dem 17. Jahrhundert stammenden Eingangstor am Weckerlingplatz, also jener Ort, an dem sich der Weinladen Borgnolo befand, zu erhalten. Der bisherige Weinladen und die rund um den Innenhof gelegenen Gebäude sollen gastronomisch und kulturell genutzt werden. Geplant sind aber auch Wohnungen. Das sorgte im Innenstadtausschuss Ende Juni für Diskussionen. Der wohnungspolitische Sprecher der Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Christian Engelke, fragte zunächst, ob Brauer nun machen könne, was er wolle? Er kritisierte aber vor allem den Umstand, dass es keinen städtebaulichen Rahmenplan gäbe. Oberbürgermeister Kessel erwiderte, dass es zumindest im Bauausschuss 2018 schon mal eine Voranfrage gab. Die basierte auf Entwürfen des Architekten Jürgen Hamm, der aktuell auch in die Arbeiten im Andreasstift involviert ist. Dessen Pläne wurden damals wohlwollend aufgenommen. Im selbstbewussten Ton ergänzte Uwe Gros (SPD): „Wir werden einen Teufel tun und zulassen, dass das Ensemble zerstört wird. Wir müssen Vertrauen in Investoren haben.“ Dennoch ist unbestreitbar, dass eine Gesamtbetrachtung des Quartiers notwendig ist, zumal auch ein Teil des Hochstiftgeländes aktuell schon entwickelt wird. Bekanntermaßen soll dort ein Hospiz einziehen.

Die Entwicklung des restlichen Geländes unterliegt wiederum Einschränkungen durch Auflagen der UNESCO. Unter dem Motto „SchUM-Städte am Rhein – Jüdisches Erbe für die Welt“ reichten die Städte Worms, Mainz und Speyer, gemeinsam mit den Jüdischen Gemeinden und dem Land Rheinland-Pfalz, eine Bewerbung ein, um in die begehrte Liste der UNESCO-Weltkulturerben aufgenommen zu werden. Gemäß den Richtlinien zur Durchführung des Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes ist im Rahmen des UNESCO-Welterbeantrages ein Schutzgebiet eindeutig zu definieren. Dazu legte das Büro für Stadtplanung, „tobe.Stadt“, ein Maßnahmenkonzept vor. Die GroKo folgt indes der Idee eines Ideenwettbewerbs für das Andreasquartier. Dieser wurde im vergangenen Jahr im Stadtrat verabschiedet. Allerdings stellt sich hierbei die Frage, wie groß der Spielraum für einen solchen Wettbewerb ist? Letztlich wird dieser sich auf das Gelände des ehemaligen Gesundheitsamtes beschränken und auf die Frage: Hotel oder Wohnungen? Das Rathaus II, inklusive Kulturhof, wie es die SPD während des Kommunalwahlkampfs postulierte, ist indes Geschichte. Bis der Ideenwettbewerb Konturen annimmt, wird wiederum noch viel Zeit vergehen, denn zuvor hofft man auf einen Scheck aus Mainz. Auf Nachfrage unseres Magazins erklärt Baudezernent Uwe Franz (SPD): „Die Stadt Worms bewirbt sich darum, mit diesem Quartier in die Städtebauförderung aufgenommen zu werden. Dazu wurde das Büro „tobe.STADT“ mit der Ausarbeitung einer Bewerbung beauftragt. Zunächst gilt es nun, diese Bewerbung abzuwarten, dann diese mit dem Land Rheinland-Pfalz (Innenministerium und ADD) abzustimmen“. Uwe Franz weiter: „Erst wenn diese Fragen geklärt sind, im Idealfall mit der Aufnahme des Gebietes in die Städtebauförderung, kann dann der Ideenwettbewerb gestartet werden. Die vorgenannten Schritte liefern die Grundlage für die Bedingungen zu dem Wettbewerb.“ Bei einem Termin im Andreasstift erklärte Jens Guth (SPD), dass man im Zusammenhang mit der Städtebauförderung auf Fördermittel in Höhe von rund zehn Millionen Euro hoffe. Das Geld soll dann auch dazu verwendet werden, die beiden Obergeschosse im Museum Andreasstift zu sanieren, sodass sie wieder genutzt werden können. Kurzum, es gibt noch viel zu tun!