AfD spaltet sich noch vor der konstituierenden Stadtratssitzung
„Es ist beschämend, dass erklärte Gegner des demokratischen Rechtsstaates die Freiheitsrechte der Demokratie missbrauchen, um Mandate in Landes- und Kommunalparlamenten zu erringen!“ Mit diesen ungewöhnlich deutlichen Worten eröffnete Oberbürgermeister Adolf Kessel am 9. Juli die konstituierende Sitzung des neuen Wormser Stadtrates.
Ein Vorgeschmack darauf, wie dieser Missbrauch aussehen kann, gewährte gleich mal Toni Ras (Ex-AfD). Das Ergebnis der zurückliegenden Europa- und Kommunalwahl ist hinreichend bekannt. Bei beiden Wahlen errang die selbsternannte „Alter- native für Deutschland“ deutliche Zugewinne. Im Falle der Wahl für den Wormser Stadtrat schaffte es die in Teilen rechtsextreme Partei, zehn Plätze zu gewinnen (zuvor war man mit sechs Mandatsträgern im Stadt- rat vertreten). Doch noch bevor der Stadtrat zu seiner ersten Sitzung zusammenkam, kam es zu einem ungewöhnlichen Vorgang. Es ist nicht unüblich, dass sich im Laufe einer Legislaturperiode Mandatsträger von ihrer Fraktion entfremden und daraufhin selbige verlassen oder ausgeschlossen werden. So geschah es auch in der letzten Amtszeit des Stadtrates, als die beiden AfD Stadträte Ursula Bieser und Matthias Lehmann von der AfD aufgrund diverser Äußerungen ausgeschlossen wurden. Das Mandat behaltend, saßen beide fortan als „Alternative für Worms“ im Stadtrat. Zur Wahlperiode 2024 – 29 traten sie nicht mehr an.
Transparenz Fehlanzeige
Es dürfte ein Novum in der jüngeren Wormser Stadtratsgeschichte sein, dass sich eine Fraktion bereits kurz nach der Wahl spaltet. Konkret geht es um die AfD Worms und die beiden Parteikollegen Toni Ras, der 2019 erstmals mit der AfD in den Stadtrat einzog, und dessen Frau Mirela Ali- na Ras, die bei der Kommunalwahl zum ersten Mal antrat. Nun fungiert Toni Ras als Fraktionsvorsitzender, seine Frau als stellvertretende Fraktionsvorsitzende, der nun betitelten neuen Fraktion „Zukunft für Worms“. Über die Gründe, warum es zur Abspaltung kam, kann der ge- täuschte Wähler nur spekulieren, da die Familie Ras selbige an ihren Ge- danken zum AfD Ausstieg nicht teilhaben ließ. Eine Stellungnahme, wie es zu den politischen Gepflogenheiten gehört, blieb bis dato aus. Da die neue Zwei-Personen-Fraktion über keinerlei Internetpräsenz verfügt, was im Zuge des demokratischen Wunschs nach Transparenz heute zum guten Ton gehört, dürfte rund 85.000 Wormsern unklar sein, wofür diese Familienfraktion steht.
Ein trojanisches Pferd namens AfD
Klar ist wiederum, dass sie auch einen Anspruch auf diverse Aufwandsentschädigungen hat. Jeder Fraktion steht laut Hauptsatzung der Stadt Worms ein Sockelbetrag von 1.500 Euro im Jahr zu, plus einem Pau- schalbetrag von 500 Euro je Ratsmitglied. Auch die Aufwandsentschädigungen sind abhängig von der Funktion. Einfache Ratsmitglieder erhalten monatlich 200 Euro, plus jeweils 45 Euro Sitzungsgeld für die Ratssitzungen und vorbereitende Fraktionssitzungen. Die Fraktionsvorsitzenden erhalten 400 Euro Aufwandsentschädigung plus Sitzungsgeld, die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden 300 Euro plus Sitzungsgeld. Insofern wird die Familie Ras zumindest finanziell von der Entscheidung profitieren. Für den Wähler entpuppt sich indes die AfD als trojanisches Pferd, das man wählt, von dem man aber nicht weiß, was im Anschluss passiert. Von Seiten der Familie Ras darf man getrost davon ausgehen, dass beide die Aktion geplant hatten, da ein Zerwürfnis mit der Partei, mit der man gemeinsam Wahlkampf betrieb, wohl kaum stattfinden konnte. So zeigte sich auch die AfD gegenüber der Wormser Zeitung verwundert über diesen Vorgang. Insofern läuft alles auf den Vorwurf des Oberbürgermeisters hinaus, dass in diesem Falle die Demokratie missbraucht und zudem die Wähler getäuscht wurden. Es ist, wie es eine Facebook Nutzerin kurz nach Bekanntwerden dieses Vorfalls schrieb: „Die AfD hat nicht nur kein Programm für Worms, sondern sie verschaukeln noch ihre Wähler.“ Insofern hat Toni Ras seiner bisherigen politischen Heimat einen Bärendienst erwiesen.
Text: Dennis Dirigo
Anmerkung der Redaktion: Die Bezeichnung Ex AfD bezieht sich lediglich auf die Fraktionszugehörigkeit, nicht auf die Parteimitgliedschaft. Toni Ras ist weiterhin Mitglied der AfD.