Es ist schon interessant, wohin es einem im Laufe der Zeit als WO! Redakteur verschlägt. Immer wieder trifft man Menschen oder Orte, die man so niemals auf dem Radar hatte. Im Dezember letzten Jahres folgte WO! einer Einladung des Gehörlosenvereins, von dessen Existenz der Redakteur bis dato noch nicht einmal wusste.
Umso spannender geriet die Begegnung mit einer weitestgehend unbekannten Welt. Dabei kann der Verein auf eine rund einhundert Jahre alte Geschichte zurückblicken. Diese stolze Zahl nahmen die Mitglieder zum Anlass, um gemeinsam mit OB Michael Kissel an dessen Gründung zu erinnern. Kissel erklärte in diesem Zusammenhang, dass diese eine Pioniertat mit großer Wichtigkeit war. Seitdem hätte sich viel getan, nichtsdestotrotz sieht er nach wie vor Verbesserungspotential. Dass sich für Gehörlose viel getan hat, bestätigte auch Günter Merz, Vorsitzender des Vereins. Allerdings betonte Kurt Stübinger, Vorsitzender des LV Gehörloser, dass Barrieren für hörgeschädigte Menschen immer dann entstünden, wo keine Kommunikation möglich sei, die frei von Missverständnissen ist. Dank neuester Kommunikationstechniken, wie spezielle Implantate, dem Internet oder der SMS-Technologie, falle es schwerhörigen Menschen mittlerweile aber deutlich leichter, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Dies erkläre auch die sinkenden Mitgliederzahlen, was Merz in diesem Zusammenhang als positiv wertete. Vor hundert Jahren war das Leben als Gehörloser noch deutlich umständlicher, was die Gemeinschaft eines Vereins umso wichtiger machte. Gegründet wurde er von Eduard Klöß, mit dem Ziel, Vorurteile zu beseitigen, aber auch was für die Bildung zu tun, denn Bildung macht frei. Oder wie sein Sohn Hellmut Klöß ausführte: „Da wir infolge unserer Taubheit im Schatten des Lebens stehen und an geistigen und kulturellen Errungenschaften nicht so teilnehmen können wie die Hörenden, ist es unsere Aufgabe die Gehörlosen in den wahren Genuss des Lebens zu bringen“. Der Verein trifft sich in der Regel an jedem ersten Sonntag um 14 Uhr im Luthersaal der Luthergemeinde.