Nach einem sechswöchigen Lock-Down, der das ganze Land lahmgelegt hat, kehrt langsam wieder so etwas wie Normalität ein. Es muss weitergehen und es wird weitergehen. Auch wenn Corona unser Leben noch sehr lange beeinflussen wird.
Die Menschen in Deutschland haben sich in dieser Zeit weitestgehend diszipliniert verhalten und akzeptieren sogar eine Atemmaskenpflicht, obwohl Mediziner vor Wochen noch davon abgeraten hatten. Gleichwohl ist zu spüren, dass die Stimmung in der Bevölkerung immer mehr zu kippen droht. In Anbetracht der Tatsache, dass sich das Coronavirus Sars-Cov-2 in Deutschland bisher sehr moderat ausgebreitet hat und die Horrorszenarien mit überfüllten Krankenhäusern ausgeblieben sind, fragen sich immer mehr Leute, ob die restriktiven Maßnahmen des Staates tatsächlich nötig waren. Dabei sind wir genau deswegen in Deutschland bisher so milde davongekommen, weil unsere Regierung relativ schnell reagiert hat. Das Geschrei möchte ich hören, wenn man anders gehandelt hätte und unser Krankensystem genauso überlastet wie in Norditalien oder Spanien gewesen wäre. Vor allem aber melden sich ausgerechnet diejenigen zu Wort, von denen man zuvor, mitten in der Krise, überhaupt nichts gehört hat (Stichwort: AfD). Oder wie unser Ex-OB Kissel vermutlich sagen würde: „Jetzt kommt die große Zeit der Klugscheißer!“ Denn wie so oft wissen wir erst im Nachhinein, was richtig oder falsch war.
Vor allem müssen wir jetzt sehen, dass man alle Interessen so bedient, dass nicht alles komplett aus dem Gleichgewicht gerät. Dazu gehört auch, dass die Politik den Gastronomen erlaubt, wieder ihrer Tätigkeit nachzugehen und einen Rettungsschirm für die Veranstaltungsbranche spannt, die als Erste betroffen war und als Letzte aus der Krise zurückkehren wird. Wir haben in den letzten Wochen sehr viele Gespräche mit Politikern, Ladenbesitzern, Veranstaltern, Gastronomen und Kulturtreibenden geführt. Bei allen war zu spüren, dass man sich dieser neuen Situation stellen und keinesfalls kampflos aufgeben will. Auch für uns als Kulturmagazin wird das der ungewöhnlichste Sommer unserer 15-jährigen Geschichte – ohne Backfischfest, Nibelungen Festspiele oder Open-Air-Konzerte. Im Moment ist nicht einmal sicher, ob im Sommer überhaupt Schwimmbäder öffnen dürfen. Man würde sich wünschen, dass die Menschen durch die Corona-Krise ein wenig demütiger werden, gerade jetzt enger zusammenwachsen und die Solidarität zunimmt. Zu befürchten steht allerdings, dass Corona die Vereinzelung der Gesellschaft nur noch weiter vorantreiben wird. Für mich persönlich kann ich nur sagen, dass ich mein „altes Leben“ seit Corona wieder mehr zu schätzen weiß und kann es auch kaum abwarten, wieder Menschen zu umarmen und gemeinsam zu feiern. Bis es aber wieder soweit ist, müssen wir uns noch eine ganze Weile gedulden….
Viel Optimismus beim Lesen der 173. Ausgabe von:
WO! – DAS Wormser Stadtmagazin
wünscht Ihnen
Frank Fischer | Chefredakteur