„Es kommt nicht darauf an, was andere aus uns gemacht haben,
sondern darauf, was wir aus dem machen, was andere aus uns gemacht haben.“
Aus dem humanistischen Gesprächskreis (HGK) Worms
Das Zitat in der Überschrift stammt von Jean-Paul Sartre. Der Franzose lebte von 1905 bis 1980. Seine Philosophie bzw. Weltanschauung firmiert unter dem Begriff Existentialismus. In dem o. a. Zitat kommt Sartres Welt- und Menschenbild zugleich zum Ausdruck: Sartre war Atheist. Gott oder irgendein höheres Wesen, das etwa die Welt und den Menschen geschaffen habe, gab es für ihn nicht. Auf dem Hintergrund dieses Weltbildes ist auch sein Menschenbild zu sehen. Da es keinen Gott gebe, stehe der Mensch, so Sartre, vor der Aufgabe, sich selbst zu entwerfen. Das ist eine sehr auffordernde Aussage; aber zugleich auch eine Aussage, die Menschen, die den entsprechenden Positionen etwa der christlichen Kirchen kritisch-distanziert bis ablehnend gegenüberstehen, auch heute noch anspricht und zum Weiterdenken bringt.
Und genau in diesem Sinne ist das Überschriften-Zitat auch mehrschichtig. Denn es fordert uns zunächst dazu auf, herauszufinden, wie bzw. von was wir eigentlich geprägt sind; mit Sartres Worten: „was andere aus uns gemacht haben“. Zugleich ist für Sartre dieses Erkennen, was andere aus uns gemacht haben, die entscheidende Voraussetzung dafür, dass wir in der Gegenwart auch selbstbestimmt handeln können.
Aber Sarte fordert uns mit dem Zitat mittelbar auch dazu auf, zu erkennen bzw. uns klar zu machen, dass wir selbst entscheiden können, was wir sind bzw. wie wir uns verhalten. Deutlicher formulierte Sartre an anderer Stelle: „Der Mensch ist nichts anderes, als das, wozu er sich macht“. Und weiter: „Der Existentialist […] sagt, daß der Feigling sich zum Feigling macht, der Held sich zum Helden […]; es gibt immer die Möglichkeit für den Feigling, nicht mehr feige zu sein, und für den Helden, aufzuhören, ein Held zu sein“.
Die Philosophie Sartres ist daher im Kern nicht nur auffordernd, sondern auch sehr herausfordernd, also im ursprünglichen Wortsinn pro-vokativ (von lateinisch „provocare“: herausrufend). Denn Sartre sieht den Menschen im Grunde dazu aufgerufen, sich selbst zu entwerfen und sich selbst bzw. sein Handeln komplett zu verantworten. Für den Atheisten Sartre hat der Mensch nicht die Möglichkeit, sich rechtfertigend auf irgendwelche Autoritäten zu berufen, also etwa zu beichten. Sartre hätte dies als nutzlosen und törichten Versuch des Menschen angesehen, sich seiner Eigenverantwortung zu entziehen, – oder gar vor ihr zu flüchten.
„So besteht [nach Sartre] die Absicht des Existentialismus darin, jeden Menschen in den Besitz seiner selbst zu bringen und ihm die totale Verantwortung für seine Existenz aufzubürden“. Diese Aussage macht nicht nur deutlich, dass Sartre genau wusste, was er dem einzelnen Menschen aufbürdet. Sie verdeutlicht auch, dass Sartre den Existentialismus als Humanismus ansah. Für Sartre konnte im Grunde nur ein seiner Eigenverantwortung bewusster Atheist ein richtiger Humanist sein.
Vor diesem Hintergrund ist auch Sartres Verweis auf einen anderen französischen Schriftsteller: Francis Ponge (1899-1988), zu sehen:
„Der Mensch ist die Zukunft des Menschen.“
Bernd Werner
für den Humanistischen Verband Rheinland-Pfalz (HVD RLP), Gruppe Worms
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Im Februar werden wir uns am Sonntag, dem 25.02.2018 treffen.