Eine Pressemitteilung der Stadt Worms:

Stefan Köcher – letzter Wormser Überlebender der Deportationen der Sinti und Roma, Oberbürgermeister Adolf Kessel und Jacques Delfeld – Vorsitzender des Verbandes Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Rheinland-Pfalz – gedenken der Opfer der Verbrechen der Nationalsozialisten

Am 16. Mai legte Oberbürgermeister Adolf Kessel für die Stadt Worms einen Kranz am Mahnmal für die Opfer des Faschismus ab. Er folgte einer Einladung des Verband Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Rheinland-Pfalz. Auch Stefan Köcher, der letzte Zeitzeuge in Worms, der aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Minderheit der Sinti und Roma Opfer der nationalsozialistischen Deportationen wurde, nahm an der Veranstaltung teil.

Oberbürgermeister Kessel führte aus: „Viele Sinti und Roma der heutigen Generation sind damit aufgewachsen, Berichte aus den Lagern zu hören und gleichzeitig Schweigen zu ertragen, Fragen über die Vergangenheit nicht zu stellen, um die Eltern damit nicht zu verletzten oder zu belasten. Aber auch heute, im Deutschland des Jahres 2023“, so der Kessel weiter, „sind Antisemitismus und Antiziganismus wieder auf dem Vormarsch. Angriffe auf Menschen anderen Glaubens und anderer Weltanschauungen sind wieder an der Tagesordnung.“ Frieden und Demokratie sind aus Sicht des Oberbürgermeisters keine Selbstverständlichkeit. Sie brauchten gemeinsame Anstrengungen. So schloss Adolf Kessel mit einem Appell: „Wer sich als Demokratin oder Demokrat ernst nimmt, muss sich aktiv dafür einsetzen, dass sich all unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger in diesem Land akzeptiert und sicher fühlen. Ohne Ausnahme. Völlig unabhängig von Alter, Religion, Geschlecht, kulturellem Hintergrund, ethnischen Wurzeln oder sexueller Orientierung.“

Am 16. Mai war es auf den Tag genau 83 Jahre her, dass erstmals Deportationen ganzer Sinti-Familien stattgefunden hatten. 2.800 Sinti und Roma waren von der Polizei in das provisorische Sammellager „Hohenasperg“ bei Stuttgart verschleppt worden, unter ihnen auch 71 Wormser. Einige Tage später wurden sie in die polnischen Ghettos und Konzentrationslager deportiert. Nur wenige kehrten lebend zurück. In den Jahren danach erfolgte der endgültige Genozid an Sinti und Roma. Spätestens mit der Verfügung Himmlers wurden vor 80 Jahren ab März 1943 die noch in Deutschland und den besetzten Gebieten lebenden Sinti und Roma größtenteils in das im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau eingerichtete „Zigeunerlager“ deportiert und bis auf wenige Überlebende umgebracht.