7. Januar 2024 / Das Wormser Theater: Rund 150 Jahre hat die literarische Vorlage bereits auf dem Buckel und doch hat die Geschichte mit der zutiefst humanistischen Botschaft nichts von ihrem Zauber verloren. Zur Popularität des Stoffes hat dabei maßgeblich die Verfilmung aus dem Jahre 1980 beigetragen, an der sich die Bühnenadaption orientierte.

Nicht auf das Konto der Verfilmung gehen allerdings die Songs, mit denen man die Erzählung in der Tradition der viktorianischen Erbauungsgeschichten zu einem Musical umformte. Der tiefe dramaturgische Sinn dieser Transformation mochte sich jedoch nicht erschließen. Auch wenn die Nummern stimmlich gekonnt vorgetragen wurden, trugen sie mit teils arg naiv anmutenden Titeln wie „Liebe die Welt wie sie ist“ doch wenig zum Fortgang der Handlung bei. Dadurch wirkten Musik und Erzählung oftmals wie zwei miteinander konkurrierende Elemente. Insbesondere im ersten Teil der Vorführung, der überwiegend in Amerika spielte, wirkte die Inszenierung dadurch unnötig in die Länge gezogen. Das hatte zur Folge, dass der wesentliche Teil der Geschichte, in der der achtjährige Cedric seinen aristokratischen Großvater in England kennenlernte, erstaunlich gehetzt wirkte.

Wo der Film aus dem Jahre 1980 mit Sir Alex Guinness in der Rolle des Earl of Dorincourt behutsam schildert, wie Cedric nach und nach das kalte Herz des Adligen erwärmt, mussten im Theater zwei Schlüsselmomente reichen, um aus dem Saulus einen Paulus zu machen. Dass das Stück dennoch zu unterhalten vermochte, war in erster Linie der gut aufgelegten Besetzung zu verdanken. Allen voran Annika Kähler, deren Cedric zwar zeit- weise ein wenig überdreht wirkte, aber dennoch die Herzen des Publikums gewinnen konnte, und Max Volkert Martens, der mit beachtlicher Bühnenpräsenz seinem Earl die entsprechende Würde verlieh.

Fazit: Es mag nicht die beste Entscheidung gewesen sein, aus der bezaubernden Geschichte ein Musical zu machen. Dennoch gelang es der Inszenierung von Regisseur Stefan Zimmermann, auch Zuschauer, die nicht unbedingt dem Musical zugeneigt sind, für sich zu gewinnen. Vielleicht lag das aber einfach an der zeitlosen Magie der Geschichte, die felsenfest an das Gute im Menschen glaubt.

Text: Dennis Dirigo, Fotos: Andreas Stumpf