WO! im Gespräch mit Tim Brauer

Derzeit wird im Andreasquartier, dem Areal zwischen Hochstift und Dom, fleißig gearbeitet. Während das Museum im Andreasstift fit gemacht wird für die große Landesausstellung „Hier stehe ich. Gewissen und Protest 1521 – 2021“, soll auf dem Valckenberg Gelände bereits im Frühjahr eine attraktive Gastronomielandschaft Besucher empfangen. Der Rechtsanwalt und Investor Tim Brauer hatte das Gelände im vergangenen Jahr erworben. Neben Gastronomie sollen bei dem rund 17 Millionen Euro Projekt auch Wohnungen entstehen. Entwickelt wird das prestigeträchtige Vorhaben in einer Kooperation mit der Wormser Sparkasse. Für Brauer selbst ist es nicht das erste Großprojekt. Mit seinem Unternehmen Timbra Group realisierte er unter anderem den Porsche Experience Center in Hockenheim oder auch das Fachmarktzentrum „Landskron“ in Oppenheim. Aktuell plant er mit Partnern auch das Wohngebiet „Gleisdreieck“ in Rheindürkheim. Wenn er sich nicht um millionenschwere Bauprojekte kümmert, engagiert sich Tim Brauer für die Wormatia, wo er viele Jahre lang Vorstandsvorsitzender war. Brauer engagiert sich auch aus persönlichen Gründen für die Deutsche Krebsstiftung. Um Geld zu sammeln, organisierte er 2017 ein Konzert in Worms mit dem amerikanischen Weltstar Anastacia.

WO! Sie haben Anfang des Jahres das Valckenberg-Areal erworben. Was reizt sie an diesem Gelände?
Ich wurde angesprochen, dass das Gelände zum Verkauf steht. Ich habe mich daraufhin damit beschäftigt, denn bis zu diesem Zeitpunkt war mir die Dimension des Geländes nicht bewusst. Ich habe mir dann das Areal genauer angeschaut und kam zu dem Schluss, dass das ein spannendes Projekt werden könnte, da es etwas ganz anderes als meine bisherigen Projekte ist. Ein Objekt, das eine Mischnutzung vorgibt und das direkt in Worms. Insofern hat es mich gereizt, etwas in meiner Heimatstadt an einer prädestinierten Stelle zu entwickeln.

WO! Können Sie sagen, wie groß das Gelände ist?
Es sind insgesamt 5000 Quadratmeter Grundstücksfläche, die unterteilt sind in das Gelände Magnusgasse und Weckerlingplatz 1 und 3, die man durch die bekannte Bebauung kennt. Es gibt auch noch das Gelände Weckerlingplatz 5, das immer noch ein Trümmergrundstück ist und sich gegenüber des Eingangs Stiftskeller befindet. Dort wollen wir auf jeden Fall einen Neubau errichten. Auf der nördlichen Seite gibt es noch das Gelände, das man als Glaskopf kennt. Das wird revitalisiert, während die Fabrikhallen aus den 60er und 70er Jahren abgerissen werden sollen. Was genau an dieser Stelle gebaut wird, ist noch in der Überlegung.

WO! Auf dem Gelände ist auch Gastronomie vorgesehen!
Ja, genau. In dem Gebäude, in dem sich bisher der Weinladen Borgnolo befand, wird das Eisgeschäft Eis Nonno mit einem Café einziehen. Michael „Myk“ Meyer wird mit der Einraumbar einziehen, zusätzlich wird es noch die Zweiraumbar geben. Das ist dann ein Raum, den man für gastronomische Nutzung wie Tastings anmieten kann. Während der Luther-Ausstellung wird sich auch vorübergehend die KVG mit einem Tourist-Shop einmieten. Geplant ist auch, dass die Eicher Kaffeerösterei Perro Negro auf dem Gelände einzieht. Ein zentraler Punkt wird der Innenhof sein, der nicht nur für die Gastronomie genutzt werden soll, sondern ebenso für kulturelle Veranstaltungen. Eins, zwei Räume halten wir uns im Moment noch frei, da wir noch nicht wissen, wie das endgültige Gesamtkonzept aussieht.

WO! Gibt es eine Zeitschiene, die Sie schon benennen können?
Der erste Abschnitt soll bereits im Frühjahr renoviert und revitalisiert sein, also das Gebäude plus Innenhof, in dem die Weinbar war. Parallel werden wir die Planung für die weiteren Grundstücksbereiche vorantreiben und die Neubauten planen. Spätestens 2022 soll mit den weiteren Arbeiten dann begonnen werden. Derzeit kalkulieren wir mit einer Bauzeit von 18 Monaten. Das wäre natürlich die Idealkonstellation.

WO! Derzeit wird in und an den Gebäuden am Weckerlingplatz schon fleißig gearbeitet. Hat die Corona-Krise Auswirkungen auf das Projekt?
Bisher läuft das Projekt ganz nach Plan. In Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde wurden zuletzt Rückbauten vorgenommen. Im Moment werden Gas- und Stromleitungen verlegt. Zu den weiteren Arbeiten gehört, dass wir den gesamten Boden im Innenhof austauschen und der Struktur der Gebäude anpassen werden. Wir hoffen, dass wir in ca. drei Monaten mit diesem Abschnitt fertig sind.

WO! Sie haben bereits angedeutet, dass Ihnen eine kulturelle Nutzung wichtig ist, dazu gehört, dass in dem Gebäude auch ein Kunstraum entstehen soll. Was kann man sich darunter vorstellen?
Es wird ein 30 bis 40 Quadratmeter großer Raum sein, den wir kostenfrei zur Verfügung stellen. Wir sind derzeit noch am Klären, wer die Planung der Belegung übernimmt, ob das zum Beispiel über die Stadt koordiniert wird. Es soll auf jeden Fall ein kostenloser Raum für Kulturschaffende sein, egal ob kleine Ausstellungen oder Lesungen. Der Raum wird im ersten Stock sein und wie bereits oben erwähnt, kann ergänzend der Innenraum genutzt werden.

WO! Zu dem Areal gehört auch der historische Elefantenkeller, der größte Fassweinkeller in Rheinhessen. Ist geplant, diesen öffentlich zu machen?
Zu Beginn des Projektes hätte ich tatsächlich gesagt, dass es unmöglich ist, diesen wieder für die Öffentlichkeit nutzbar zu machen, da klar war, dass man sehr hohe Investitionen vornehmen muss. Nach Begehungen und Führungen bekam ich allerdings immer wieder die Rückmeldung, dass diese Räume unbedingt wieder erlebbar gemacht werden müssten. Zudem würde es perfekt das kulturelle Konzept ergänzen. Sprich, wir hätten auch Veranstaltungsräume, die bei schlechtem Wetter in Ergänzung zu dem Innenhof genutzt werden könnten. In unserem Projektteam begannen wir schließlich, uns mit diesem Gedanken zu beschäftigen und prüfen derzeit, welche Voraussetzungen notwendig sind, um Fördermittel zu beantragen. Im Frühjahr wollen wir bereits die Entscheidung treffen, wie und wann die Keller in Angriff genommen werden. Vorgespräche wurden bereits hinsichtlich Denkmalpflege und Brandschutz geführt. Diese verliefen sehr ermutigend.

WO! Vorgesehen sind auch Wohnungen. Wie soll die Wohnungsstruktur bei dem Valckenberg Projekt aussehen?
Grundsätzlich sind in das Projekt auch Wohnungen eingeplant, allerdings muss man berücksichtigen, dass die Fläche für Wohnraum sehr eingeschränkt ist und wir uns zudem auf historischem Boden bewegen, was ebenfalls die Möglichkeiten eingrenzt. Klar ist, dass es keine Projekte von der Stange werden. Allerdings gehört Wohnen zu dem zweiten Bauabschnitt, von dem wir im Moment noch etwas entfernt sind. Interessant fand ich, dass wir im Sommer eine Veranstaltung mit Studenten der Hochschule machten, mit der Zielsetzung, herauszufinden, was diese benötigen. Dabei fiel das Schlagwort Mikrowohnen (Darunter eine kleinteilige Wohnform mit ein bis zwei Räumen und einer Größe von ungefähr 18 bis 35 Quadratmetern, Anm. der Red.). Aber wie gesagt, welche Wohnformen wir realisieren, kann ich im Moment noch nicht hundertprozentig sagen.

WO! Ist die Schaffung von sozialem oder bezahlbarem Wohnraum für Sie ein Thema?
Grundsätzlich beschäftige ich mich auch mit diesem Thema, vor allem in meiner Funktion als Geschäftsführer der Erschließungsgesellschaft Rheinhessen, einer Unternehmensgruppe, die Baulandentwicklung vornimmt. Da haben wir uns zum Ziel gesetzt, den politischen Willen von 25 Prozent bezahlbaren Wohnraum umzusetzen. Aktuelles Beispiel ist hierfür das Projekt Gleisdreieck in Rheindürkheim. Entlang der B9 werden wir unter anderem mehrgeschossige Gebäude bauen, die zum einen Lärmschutzfunktion übernehmen, aber auch bestens geeignet für bezahlbaren Wohnraum sind. Es ist unser ehrgeiziges Ziel, zu zeigen, dass es möglich ist, privat günstigen Wohnraum zu schaffen. Wir sind zwar nur eine Erschließungsgesellschaft, haben uns aber entsprechende Partner im Hochbau gesucht, um das Projekt umzusetzen.

WO! Ab wann lohnt sich sozialer oder bezahlbarer Wohnraum für einen privaten Investor?
Man muss natürlich nach der Finanzierung schauen. Es gibt zwei Möglichkeiten. Die eine nennt sich Quersubventionierung und die andere sind die Förderprogramme der ISB (Investitions- und Strukturbank). Mit der ISB sind wir auch in konkreten Gesprächen. Jedes Projekt ist natürlich individuell, sodass man gemeinsam mit den erfahrenen Mitarbeitern der ISB schauen muss, welches Förderprogramm passt und man nicht einfach sagen kann, ab wann sich diese Wohnformen lohnen.

WO! Ist hierbei die Mietpreisbindung, die bei einer Kooperation mit der ISB vertraglich festgehalten wird, ein Hemmnis?
Das muss natürlich jeder wissen, dass es diese Bedingungen gibt. Aber ich glaube, dass man es als Investor akzeptieren muss, dass es mal eine größere und mal eine kleinere Marge bei einem Projekt gibt. Ich denke, dass man im Sinne einer positiven Quartiersentwicklung als Investor auch mal kürzer treten muss.

WO! Kann man sagen, dass Sie als Wormser auch Ihrer Heimat etwas zurückgeben möchten?
Ich würde es jetzt nicht in ganz so hehren Worten ausdrücken. Ich sage, eine Stadt soll ihren Kindern die Chance geben, sich zu entwickeln und es ihnen nicht neiden, wenn sie Erfolg haben. Auf der anderen Seite, sollen die, die Erfolg haben, auch nicht vergessen, wo sie herkommen. Insofern ist es für mich selbstverständlich, sich zu engagieren.

WO! Ein weiteres Projekt, an dem Sie Interesse gezeigt haben, ist auch das ehemalige Gesundheitsamt. Können Sie hierzu was sagen?
Grundsätzlich ist dieses Gelände für mich interessant, zumal ich mit dem Valckenberg Areal bereits dort tätig bin. Da dies allerdings im Rahmen der im Stadtrat beschlossenen Konzeptvergabe veräußert werden soll und eine Jury darüber entscheidet, möchte ich mich im Moment noch nicht näher dazu äußern.

WO! Wir danken für das Gespräch!

Das Gespräch führte: Dennis Dirigo