Autor: Dennis Dirigo
07. Juli 2013
Heylshofpark Worms:
Eine der wohl schönsten Veranstaltungen im Rahmenprogramm der Festspiele sind zweifelsohne die „Theaterbegegnungen“. In der lauschigen Atmosphäre des Heylshofes bot sich dem kulturinteressierten Zuschauer am ersten Festspielsonntag mal wieder ein abwechslungsreiches wie interessantes Programm.
Bunt zusammengestellt finden in dieser Reihe Podiumsdiskussionen gleichberechtigt neben außergewöhnlichen Konzerten statt. Leitthema in diesem Jahr war die Zukunft des Theaters, die zuvorderst von dem angesehenen Journalisten und Kolumnisten MATTHIAS MATUSSEK kommentiert wurde, ehe sich eine bunte Gruppe – unter der Moderation von Joern Hinkel – auf der Bühne zusammenfand, um dieses erneut zu diskutieren.
Eingebettet war dieser Tag in ein konzert mit MERET BECKER und ihrem Gitarristen BUDDY SACHER. Gekleidet in einem weißen Spitzenkleid, präsentierte die Schauspielerin Auszüge aus einem gemeinsam geplanten Album, das in absehbarer Zeit erscheinen soll. Mit angenehm klarer Stimme und einem Hang zu verspielten Arrangements präsentierten beide eine eigenwillige Mischung aus Folk, Chanson, aber auch leisen Pop – oder wie sie selbst sagte: „eine Sammlung von traurigen Liebesliedern“ – die in beiden Sets zu begeistern wusste. Tatsächlich gelang es den Künstlern, sich im abschließenden Set – am Ende der Theaterbegegnungen – sogar noch einmal zu steigern, was das Publikum mit begeisterndem Applaus zu quittieren wusste.
Nach diesem gelungenen Start folgte das Referat des Bestsellerautors MATUSSEK. Dieser stellte die Frage nach der Bedeutung des Theaters in unserer gegenwärtigen Zeit und erörterte die Probleme des deutschen Fernsehens. Ob der Bildungsproblematik und der Entwicklung der gegenwärtigen Unterhaltungsindustrie zeigte sich der sprachlich gewandte Autor erstaunt, dass die Theater immer noch sehr gut besucht seien, was aktuell an der mehr als hervorragenden Auslastung der Festspiele zu beobachten sei. Auch betonte er die Bedeutung des Theaters als Kulturgedächtnis einer Gesellschaft, „damit wir nicht zu komplett zerstreuten Volltrotteln werden“. Wie Unterhaltung mit Köpfchen aussehen könne, dass hätte gerade Wedel mit seiner Nibelungen-Inszenierung gezeigt. Kritische Worte fand er dennoch für Dieter Wedels diesjährige Inszenierung und verübelte dem Regisseur dessen Demontage des Helden Siegfried: „Da bin ich konservativ, ich will, dass Siegfried ein Held bleibt“. Wenig freundliche Worte fand er für die Entwicklung des deutschen Fernsehens, das in seiner mangelhaften Qualität nur noch von Brasilien unterboten werden würde. Im gleichen Atemzug lobte er den Mut der amerikanischen Fernsehmacher, kontroverse Serienformate wie „The Sopranos“ oder „Breaking Bad“ zu entwickeln.
Nach einem kurzen Intermezzo mit den Schauspielern TILO KEINER, LORETTA PFLAUM und ROLAND RENNER, die aus dem „Vorspiel auf dem Theater“ von Johann Wolfgang von Goethe lasen, ging es weiter mit einer hochkarätig besetzten Talkrunde (u.a. Wedel, Matussek, Holk Freytag, Guy Montavon und Pitt Rampelt). Auch hier wurde mit klugen Worten über die Zukunft des Theaters und die hiesige TV-Kultur debattiert. Als die beteiligten Köpfe am Ende der Runde mit dem Ergebnis schlossen, dass es hierzulande eher ein Zuschauerproblem gäbe, als ein Problem der Fernsehschaffenden, war das sicherlich diskussionswürdig. Reagieren die Zuschauer auf das Angebot oder die Macher auf die Zuschauer? Das ist ungefähr so ähnlich wie die Frage nach dem Huhn und dem Ei. Spannend, klug und unterhaltsam war das aber allemal.
Fazit: Wieder einmal eine gelungene Veranstaltung der Reihe „Theaterbegegnungen“. Abwechslungsreich, unterhaltsam, informativ und somit der beste Beleg dafür, dass Unterhaltung und Anspruch sich nicht ausschließen müssen.