10. November 2016 | Das Wormser Theater:

Noch bevor das erste Wort gesprochen wurde war klar: Dieser Josef Bieder muss Musik lieben. Auf der Bühne war nahezu ein ganzes Orchester aufgebaut. Tuba, Posaune, Saxophon, Trompete, Gitarre, Bass und Flügel. Als er mit einem grauen Hausmeisterkittel auf die Bühne schlurfte, mochte man kaum glauben, dass dieser ältere Herr so ein großer Musiker sein soll.

Doch Josef Bieder, seines Zeichens Chefrequisiteur ist wie ein Apothekerschränkchen, bei dem man nie weiß, was sich hinter der nächsten Schublade versteckt. Ursprünglich wollte er Sänger werden, doch dann wurde er zum wichtigen Mann hinter der Bühne, der an diesem Abend im Wormser Theater nur auf die Bühne kam, um mal ordentlich aufzuräumen. Als er das Publikum entdeckt, beginnt dieser Biedermann nach anfänglicher Skepsis richtig aufzublühen. Der in Bensheim lebende Schauspieler Walter Renneisen spielt seit vielen Jahren diese One Man Show auf den Bühnen Deutschlands. Dass er dafür auch schon diverse Preise einheimste, kann man nach knapp 90 Minuten sehr gut verstehen. Es ist ein sichtbarer Kraftakt, den der 76 jährige Schauspieler auf der Wormser Bühne vollbrachte. Renneisen lässt seinen Bieder aufblühen. Ließ ihn am Flügel eigenwillige Interpretationen von Klassiker wie „Rock around the Clock“ schmettern oder auch mal Schlagzeug in Kombi mit Gitarre spielen. Vom Sprechtheater hält er nicht viel. Umso mehr von der Oper. Figaros Protest-Marsch kann er als Ballade und als Pop-Song vortragen, über das hohe „f“ kann er einen kulturhistorischen Vortrag halten und mit einem Lampenschirm Tschaikowskys sterbenden Schwan tanzen. Er kennt die Auftakt-Marotten sämtlicher Dirigenten genauso gut, wie die unterschiedlichen Arten der Schauspieler, sich zu verbeugen. Natürlich kennt er auch alle Requisitentricks, was man zum Beispiel alles mit einer Banane anstellen kann oder wie man aus Mate Tee einen ordentlichen Rotwein macht.

FAZIT: Es war ein interessanter Blick hinter die Kulissen des Theaterbetriebs, der dem Publikum von Walter Renneisen gewährt wurde. Irgendwie wirkte dabei der melancholische Josef Bieder wie eine aus der Zeit gefallene Figur. Vielleicht ist aber auch so, dass Menschen wie dieser Bieder immer seltener werden.