Der Energiehunger unserer Gesellschaft ist nahezu unerschöpflich. Dem gegenüber steht aber der politische Wille, den Strom irgendwann unabhängig von Kohle und Atomenergie produzieren zu können. Spätestens seit dem Atomausstieg nach der Fukushima Katastrophe stellt das die Energieversorger vor eine neue Herausforderung.

Neue Herausforderungen durch Öko-Strom
Die stark schwankende Stromeinspeisung aus der regenerativen Energie von Sonne und Wind bedeutet für viele Netze eine Herausforderung. Dabei ist oft weniger die Übertragung der Leistung der begrenzende Faktor, sondern die Einhaltung des zulässigen Spannungsbereichs. Dieser ist als europäischer Standard definiert. Bei einer zu großen Abweichung besteht die Gefahr, dass elektrische Geräte nicht mehr störungsfrei funktionieren und beschädigt werden können. Dieses Problem betrifft insbesondere den ländlichen Raum, wo 80% des regenerativen Stroms erzeugt wird, weswegen die Wormser EWR Netz GmbH seit August dieses Jahres ein ganz besonderes Projekt betreibt. Im Landkreis Worms-Alzey, genauer gesagt in Flörsheim-Dalsheim, wo es ein besonders hohes Aufkommen an Windrädern und Photovoltaikanlagen gibt, steht seit Anfang August ein sogenannter Mittelspannungslängsregler.

Ein Teil eines Projektes
Optisch unscheinbar lebt das Gerät mit dem umständlichen Namen von seinen inneren Werten. Der 320.000 Euro teure Regler sorgt dafür, dass der Strom in den anliegenden Haushalten in der gewohnten Dosis von 230 Volt ankommt. Das Projekt befindet sich aufgrund der Neuartigkeit noch im experimentellen Stadium und ist Teil des vom Bund ins Leben gerufenen Schaufensterprogramms SINTEG („Schaufenster intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende“). Die Wormser EWR, die unlängst mit dem Alzeyer Energieunternehmen e-rp fusionierte, ist wiederum Teil des Designetz; einem Zusammenschluss von 40 Unternehmen aus Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Nordrhein-Westfalen, die im Rahmen des SINTEG-Programms verschiedene Projekte durchführen, wozu eben auch der Mittelspannungslängsregler gehört. Weltweit gibt es gerademal 12 Exemplare dieses intelligenten Stromreglers, wovon der Größte mit einer Leistung von 15 Megawatt direkt bei uns um die Ecke steht.

Wie es zum Mittelspannungslängsregler kam
Entwickelt wurden Mittelspannungslängsregler eigentlich für die Industrie. Gerade in Unternehmen, in denen viele Schweißarbeiten erledigt werden, kommt es immer wieder zu Stromschwankungen, wodurch ein solcher Regler notwendig wurde. Durch die zunehmende Dezentralisierung des Stromnetzes und den damit verbundenen Schwankungen, begann man auch hier nach Lösungen zu suchen. Selbstverständlich hätte man auch das herkömmliche Netz ausbauen können, um den Strom aus den regenerativen Energiequellen direkt einzuspeisen. Dazu hätte man allerdings erneut tief graben müssen, um Dutzende Kilometer neuer Kabel zu verlegen. Letztlich enorme Kosten, die sich auf den Endverbraucher ausgewirkt hätten. Das Schweizer Unternehmen ABB entwickelte schließlich den hier aufgestellten intelligenten Regler. Natürlich ist die Zeit zu kurz, um verifizierbare Ergebnisse vermelden zu können. Doch bisher kann Johannes Krämer, Geschäftsführer der EWR Netz GmbH, nur Positives vermelden.

Und wie geht es weiter?
Ergänzend zu diesem Projekt wird das Wormser Unternehmen ein weiteres Projekt ab 2019 betreuen, das im Niederspannungsbereich durchgeführt wird. Hierfür werden zehn Geräte aufgestellt, die auf den wohlklingenden Namen „regelbare Ortsnetztransformatoren“ hören. Auch dies ist ein Teil des SINTEG Programms. Das ehrgeizige Ziel der Landesregierung ist es schließlich, Rheinland-Pfalz ab 2030 ausschließlich mit Strom aus regenerativen Energiequellen zu versorgen. Ein Ziel, das für viele als nur schwer erreichbar gilt. Der Bund sieht es wohl etwas realistischer und benannte 2050 als Schlüsseljahr. Wann auch immer der Wechsel vollends klappen wird, der Weg dorthin wird für uns alle spannend und wird sicher Auswirkungen auf die Stromrechnung haben.