Obwohl nicht gerade vom kommerziellen Erfolg verwöhnt, gehört Guillermo del Toro innerhalb der amerikanischen Filmindustrie noch zu den wenigen Filmemachern, die sich den Luxus gönnen dürfen, ausschließlich Herzensprojekte zu realisieren. Das kann, wie im Falle von „Pacific Rim“, ziemlich banal sein, aber auch einfach magisch wie „Pans Labyrinth“. Fühlt er sich zumeist in der Welt des Fantastischen am wohlsten, steigt del Toro in seinem jüngsten Film hinab in ganz reale, menschliche Abgründe. Amerika 1939: Der arbeitslose Hilfsarbeiter Stan landet auf seiner Suche nach Lohn und Brot auf einem Jahrmarkt, wo er der dortigen Wahrsagerin Zeena hilft. Zudem lernt er den vermeintlichen Mentalisten Pete kennen, der ihn in die Geheimnisse des Gedankenlesens einführt, aber auch Stan warnt: „Wenn ein Mann seinen Lügen glaubt und anfängt zu glauben, er hätte die Macht, dann sind wir alle verloren“. Ein Satz, der zu Stans Nemesis werden soll. Gesegnet mit der Gabe einer schnellen Auffassungsgabe und der Kunst des Lügens, reift in Stan ein Plan, wie er der Armut entrinnen kann. Del Toro, der normalerweise nur selbst- verfasste Geschichten verfilmt, griff bei „Nightmare Alley“ auf einen Noir Klassiker des Autors Edmund Goulding zurück, der bereits 1947 verfilmt wurde und für Kontroversen sorgte. Die dürften bei der Neuverfilmung ausbleiben, auch wenn die Geschichte nichts von ihrer bitteren Ironie verloren hat. Dennoch, aufgrund der Distanz der Zeit, der märchenhaften Erzählweise und der vielleicht zu prominenten Besetzung, wirkt der Film seltsam unentschlossen. Dadurch sind nicht jede Entscheidung und Handlung der Figuren nachvollziehbar, was wiederum den Zuschauer auf Distanz hält.
Fazit: Erst im letzten Drittel erhöht del Toro die Intensität und beschert dem Zuschauer über das Ende hinaus ein Gefühl des Un- wohlseins. Die Botschaft, dass böse Entscheidungen böse Konsequenzen hinter sich herziehen, ist hingegen ein wenig platt. Was bleibt, ist ein Film über einen Mann, der auszog, um das Glück zu suchen und dabei das Verderben fand. Ein unterm Strich sehenswerter Film.
Bewertung: sehenswert
Eine Kritik von Dennis Dirigo
USA 2021
Regie: Guillermo del Toro
Darsteller: Bradley Cooper, Cate Blanchett, Roony Maara, Willem Dafoe, Toni Collette
Laufzeit: 151 min
Freigegeben ab 16 Jahren
Läuft exklusiv bei Disney plus