Es sollte der große Befreiungsschlag von Gesundheitsminister Jens Spahn werden, als er im Juli 2018 die konzertierte Aktion Pflege startete. Rund ein Jahr später ist die Ernüchterung groß und die Lage auch in Worms weiterhin angespannt.
Erstes Ergebnis der Aktion Pflege war das Pflegepersonalstärkungsgesetz, das u.a. die Schaffung und Finanzierung von 13.000 neuen Stellen vorsah. Die Experten waren sich jedoch einig, dass diese Maßnahme lediglich ein Tropfen auf dem heißen Pflegestein ist. Seit 1. Januar 2019 müssen deutsche Krankenhäuser auf Intensivstationen, geriatrischen und kardiologischen Stationen sowie in der Unfallchirurgie Untergrenzen für den Einsatz von Pflegepersonal einhalten. Eine Verordnung schreibt die maximale Anzahl von Patienten vor, für die eine einzige Pflegekraft zuständig sein darf. In der Unfallchirurgie beispielsweise für zehn Patienten in der Tagschicht und für zwanzig Patienten nachts. Für die Menschen, die in dieser Branche arbeiten, hat sich die Arbeitsbelastung dennoch kaum verringert, da die Schlüssel zu tief angesetzt sind und es vor allem an Personal fehlt. Besonders eklatant fällt dieses Problem in der Seniorenpflege auf. Es ist bereits jetzt absehbar, dass in den nächsten Jahren sich diese Situation verschärfen wird und auf die Stadt steigende Unterbringungskosten zukommen werden. Wie Die Linke Worms in einer Pressemitteilung informierte, liegen die Zuschüsse bereits jetzt bei stolzen 4 Millionen Euro. Prognostiziert wird ein Anstieg in den kommenden Jahren auf rund 10 Millionen Euro. Franz Lieffertz, Stadtrat (Die Linke), macht sich bereits seit Jahren dafür stark, dass man den Fokus verstärkt auf den ambulanten Pflegedienst lenken sollte. Stadtvorstandssprecher Die Linke, Georg Gräff, unterstützt diesen Gedanken ebenso, sieht allerdings Schwierigkeiten, die wiederum durch Jens Spahns Gesetz verursacht werden. Durch die immer noch zu geringen Lohnerhöhungen und der Verbesserungen im Betreuungsschlüssel werden Pflegekräfte aus der ambulanten Pflege abgezogen. In Worms sind derzeit 14 ambulante Pflegedienste gelistet, was bereits jetzt schon eine niedrige Zahl für die Größe der Stadt ist. Durch die neue Problematik könnte die Zahl in den nächsten Jahren sinken, was zur Folge hat, dass verstärkt Plätze in Seniorenzentren belegt werden müssen. Eine fatale Entwicklung. Neben den steigenden Kosten durch Betreuung und Neubau verweist die Partei auch darauf, dass dies für Menschen bedeutet, aus ihrem vertrauten Umfeld gerissen zu werden. Als Erfolgsmodell verweist Die Linke auf das „Bielefelder Modell“, welches die ambulante Pflege klar vor der stationären positioniert hat, wodurch die Zuschüsse gesunken, Pflegeschulen sowie eine Fachhochschule entstanden sind. Man darf gespannt sein, welchen Weg Worms zukünftig einschlagen wird.