Als uns der stadtbekannte Öko Winzer Helmut Kloos Mitte Juli durch einen Wingert seiner 10 Hektar umfassenden Anbaufläche führt, ist der Himmel geprägt von einem wolkenlosen Blau und einer Sonne, wie sie intensiver und gleißender nicht sein kann. Doch das Wetter trügt. Denn zu Beginn des Frühlings, wenn die zarten Reben beginnen zu wachsen und versuchen, ihre ersten Früchte zu entwickeln, zeigte sich das Wetter über Rheinhessen von seiner unberechenbarsten Seite.

Lag der Juli mit seiner Niederschlagsmenge wieder im Durchschnitt, so sorgten die Monate zuvor für bisher kaum gekannte Wassermengen. Ab April beginnend waren diese mehr als doppelt so hoch wie im Durchschnitt der letzten 35 Jahre. Besondere Spitzenwerte erreichte der Monat Mai. Waren es im Durchschnitt zuvor 58,20 mm, belief sich die Summe des Niederschlags auf sage und schreibe 125,18 mm. Für gewöhnlich sagt ein Sprichwort: „Alles Gute kommt von oben“. Helmut Kloos kann diesem Satz in diesem Jahr nicht viel Gutes abgewinnen, denn das lebensspendende Wasser von oben ermöglicht nicht nur den guten Dingen ein kraftvolles Wachstum. Die enorme Feuchtigkeit und Temperaturen in der Nacht von 12 Grad boten den perfekten Nährboden für einen kleinen Schädling namens Peronospora, der umgangssprachlich auch als „falscher Mehltau“ bezeichnet wird. Beim Rundgang durch den Wingert zeigt uns der Winzer die Auswirkungen. Statt kleiner grüner Trauben finden sich lediglich vertrocknete schwarze Reste an den Reben, während die Blätter besprenkelt sind mit weißen Flecken, wie sie die Hobbygärtner ungerne, z.B. bei Zucchinipflanzen, erleben. Stolze 138 Jahre existiert dieser Pilz bereits in unserer Region, fand aber in der Vergangenheit nur eingeschränkt Raum, sich zu verbreiten. Glaubt man dem Deutschen Wetterdienst, so wird sich das in den kommenden 80 Jahren für Worms gravierend ändern. Im Auftrag der Stadt Worms beschäftigte sich dieser mit der möglichen Entwicklung der klimatischen Verhältnisse bis in das Jahr 2100. Natürlich sind es nur Prognosen, in diesen geht man davon aus, dass die Wassermengen von oben um rund 15 Prozent zunehmen werden. Starkregenereignisse wie wir sie bisher in diesem Jahr mehrfach erlebt haben, sollen deutliche zunehmen. Und genau diese Ereignisse sind das Problem, besonders für ökologisch arbeitende Winzer wie Helmut Kloos. Allein in diesem Jahr rechnet der Mann, der seinen Betrieb bereits 1992 auf ökologischen Anbau umstellte, mit einem Ernteausfall von 60%. Eine Katastrophe für den Familienbetrieb. Problematisch sieht der Winzer vor allem die eingeschränkten Möglichkeiten, diesem Pilz zu begegnen. Während die herkömmlich arbeitenden Winzer mit sogenannten systemischen Mitteln dem Schädling begegnen können, sind die Mittel von Helmut Kloos und seinem Sohn stark eingeschränkt. Lediglich ein Kupferpräparat steht den beiden im Kampf gegen den tückischen Pilz zur Verfügung. Allerdings ist die Nutzungsmenge des Präparats, das auch als Bordeauxbrühe bezeichnet wird, von der EU vorgegeben. „4 Kg sind erlaubt, für einen nachhaltigen Erfolg wären allerdings 6 kg notwendig. Da das Präparat vom Regen immer wieder weggespült wird, wäre eine größere Menge sinnvoll“, erklärt der Ökowinzer.

Doch der Pilz ist nicht das einzige Problem, mit dem Landwirte in diesem Jahr zu kämpfen haben. Eingewandert vor zwei Jahren aus Japan, hat sich die nur 3mm große Kirschessigfliege rasend schnell verbreitet. Abgesehen hat sie es vor allem auf reife und weiche Früchte. Dem Namen entsprechend liebt sie besonders Kirschen. Ludwig Schmitt, Vorsitzender des Bauern- und Winzerverbandes im Kreis Mainz-Bingen, erklärt, dass die Weibchen sich in die Früchte bohren und dort ihre Larven ablegen, die danach die Frucht von innen auffressen. Bisher gibt kein wirksames zugelassenes Pflanzenschutzmittel, so dass man in diesem Jahr bei Süßkirchen mit einem Ernteausfall von 30 bis 40 Prozent rechnet. Bei Sauerkirchen geht man derzeit sogar von einem Ausfall von bis zu 60 Prozent aus. Winzersohn und Bundestagsabgeordneter Jan Metzler zeigt sich über die Entwicklung betroffen und will nun in einer direkten Kommunikation mit dem zuständigen Ministerium auf die Dringlichkeit aufmerksam machen. Für die Betroffenen ist klar, dass mehr Geld in die Forschung investiert werden muss, um adäquate Mittel zu entwickeln. Die große Frage unserer Zeit wird letztlich aber sein, ob es möglich ist, den derzeitigen Klimatrend überhaupt noch aufzuhalten.

Natürlich können die klimatischen Verhältnisse nicht von heute auf morgen verändert werden und schon gar nicht von einer Stadt oder Region alleine. Worms ist deswegen seit 2014 Mitglied im Internationalen „mayors adapt“. In verschiedenen Arbeitsgruppen wurden insgesamt 48 Einzelmaßnahmen entwickelt. Die meisten beziehen sich auf den zukünftigen Umgang mit Hitze, Stürmen und Sturzfluten. Im Kampf gegen Pilzbefall oder andere Schädlinge zeichnen sich bisher keine Lösungen ab. Die kann allerdings auch die Stadt nicht anbieten, da diese Probleme auf Bundes- oder europäischer Ebene besprochen werden müssen. Ob die globalen Bemühungen, das Klima nachhaltig zu beeinflussen, jemals erfolgreich sein werden, darf ebenso angezweifelt werden. Bisher ist nicht erkennbar, dass die aufwendig durchgeführten Weltklimakonferenzen positive Entwicklungen zeigen.