1521 trat Martin Luther in Worms vor den Reichstag und stand trotz aller Widerstände für seine Überzeugung ein. 500 Jahre später bewies Thomas Lebkücher in der Lutherstadt seine Standhaftigkeit. Nur wenige Schritte vom Wormser Reformationsdenkmal entfernt bot der Leiter der Wormser Polizeiinspektion einigen Teilnehmenden einer Demonstration gegen die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie die Stirn und wies sie mit theologischem Fachwissen und diplomatischem Geschick in ihre Schranken. Dafür wurde Polizeidirektor Thomas Lebkücher am vergangenen Sonntag mit der Luther-Medaille des Evangelischen Dekanats Worms-Wonnegau ausgezeichnet.

Der Stern als wegweisendes Symbol

„Der Stern auf Ihrer Schulterklappe bezeichnet den Dienstgrad, er ist aber auch ein christliches Symbol“, begrüßte Dekanatspräses Alexander Ebert den Preisträger in der Wormser Lutherkirche. „Der Stern von Bethlehem war ein Wegweiser, wie auch Sie den sogenannten Querdenkern den rechten Weg zu weisen versuchten“, erinnerte Ebert an den denkwürdigen Tag im April, als Thomas Lebkücher einigen Demonstranten in friedlichem Dialog erklärte, was es mit der Nächstenliebe auf sich hat.

Laudatio von Dekanin Herbert: Standhaftigkeit, Diplomatie und Fachwissen bewiesen

Mit ‚Herz und Mund und Tat und Leben‘ – ganz so wie einst Bach seine Kantaten betitelte – setze sich Lebkücher für den kirchlichen Auftrag ein, zollte Dekanin Jutta Herbert in ihrer Laudatio dem Polizeidirektor Respekt: Ob als ehrenamtlicher Lektor in der Bubenheimer Pfarrkirche St. Peter, als Landeskoordinator für Taktische Kommunikation der Polizei des Landes Rheinland-Pfalz oder an jenem besonderen Tag zum Auftakt des Reichstagsjubiläums im April 2021, als er „in gekonnter Weise mit den Teilnehmern der Demonstration kommuniziert“ und dabei „Standhaftigkeit, Diplomatie und Fachwissen bewiesen“ habe. Dass ihm ausgerechnet die Verhaftung Jesu im Garten Gethsemane in den Sinn kam, mag ein Himmelszeichen gewesen sein, mutmaßte die Dekanin mit einem Augenzwinkern, aber in jedem Fall sei Lebkücher in diesem Moment als engagierter Christ aufgetreten.

Evangelische Auszeichnung für katholischen Christen

„Während der letzten 500 Jahre wurden viele Mauern zwischen den Konfessionen errichtet. Umso mehr freuen wir uns, heute einen katholischen Christen auszuzeichnen. Ohne unser je eigenes Profil aufzugeben, wollen wir weitere Trennungen überwinden“, betonte die Dekanin und wandte sich abschließend noch einmal direkt an den Preisträger: „Luther fand seine Standhaftigkeit nicht aus sich selbst heraus, sondern im Vertrauen auf Gott. So wünsche ich Ihnen, dass auch Sie immer wieder neue Kraft im Gebet finden – als ein christlicher Schutzmann, der friedlich seinen Dienst tut.“

Schutzmann mit Herz und Verstand

Eine „innere Abneigung gegen Wichtigtuer“ sei es wohl gewesen, die ihn seinerzeit zu seiner Reaktion veranlasst habe, vermutete Thomas Lebkücher. „Dass derjenige instrumentalisiert wurde, der die Nächstenliebe bis zum Tod gelebt hat, habe ich als schreiende Ungerechtigkeit empfunden“, blickte der Polizeidirektor zurück. Der darauffolgende Candystorm habe allen Polizistinnen und Polizisten sehr gut getan, die so oft „den Kopf hinhalten müssen“ und dabei auch „nicht anders können“. Den Preis nahm er daher stellvertretend für alle Kolleginnen und Kollegen der Polizei entgegen, unter denen Lebkücher passenderweise als „Schutzmann mit Herz und Verstand“ bezeichnet wird, und schloss mit dem Wunsch, „dass wir auch weiter mit Standhaftigkeit gesegnet sind“.

Es dauerte eine Weile bis der Applaus verebbte und Kantor Christian Schmitt an der Orgel in gewohnt imposanter Weise dem festlichen Abend einen würdigen Abschluss verleihen konnte. Die Kollekte ging dem Anlass entsprechend an das Projekt „HopeSpeech gegen Verschwörungsideologien“ vom Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.

Zur Person

Ausgerechnet am 31. Oktober erblickte der gebürtige Wormser 1978 das Licht der Welt. Thomas Lebkücher wuchs im pfälzischen Bubenheim auf, wo er heute wieder mit seiner Ehefrau und den beiden Töchtern lebt. Seit 2009 ist er dort auch kommunalpolitisch aktiv und seit 2014 Ortsbürgermeister der Heimatgemeinde. Außerdem engagiert sich Thomas Lebkücher ehrenamtlich als Lektor in der Pfarrkirche St. Peter in Bubenheim.

Bei der Polizei des Landes Rheinland-Pfalz ist Lebkücher seit 1999 tätig. Nach der Ausbildung zum Polizeikommissar und einem Pflichtjahr bei der Bereitschaftspolizei in Schifferstadt kam er 2004 zum Streifendienst in die Lutherstadt Worms. Über viele Stationen in Alzey, Mainz und Kusel und schließlich ein Masterstudium an der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) in Münster kehrte er im Höheren Dienst zurück ins Land. Von 2012 bis 2016 war er als Projektleiter beim LKA Rheinland-Pfalz eingesetzt, von 2016 bis 2020 Leiter der Polizeiinspektion Frankenthal und nun seit dem 1. Juli 2020 Leiter der Polizeiinspektion Worms. Darüber hinaus ist Thomas Lebkücher Landeskoordinator für Taktische Kommunikation der Polizei des Landes Rheinland-Pfalz.

Die Luther-Medaille

Seit 2012 wird die Luther-Medaille des Evangelischen Dekanats Worms-Wonnegau an Menschen verliehen, die sich in besonderer Weise um die Erfüllung des kirchlichen Auftrags verdient gemacht haben, etwa durch überdurchschnittliches haupt- und ehrenamtliches Engagement, das Eintreten für soziale Belange, wissenschaftliche und künstlerische Arbeiten und andere Leistungen, die dem Anliegen der Reformation Gestalt geben.

Dekanin Jutta Herbert und Dekanatspräses Alexander Ebert freuen sich mit Polizeidirektor Thomas Lebkücher.

(Quelle: Yvonne Schnur / Dekanat)