16. Juli 2016
Wormser Kulturzentrum (Mozartsaal):

Waren im letzten Jahr Schüler und erfahrene Poetry Slammer noch in getrennten Veranstaltungen untergebracht, trafen sich in diesem Jahr alle im Mozartsaal, um für ein rauschendes Fest des gesprochenen Wortes und der gespielten Noten zu sorgen.

Würde der Dichter des Nibelungenliedes in unserer Zeit leben, wäre er wahrscheinlich Slammer geworden und würde fröhlich über Hagen und Co. dichtend durch die Lande ziehen. Da der unbekannte Schreiber aber seit mehr als 1000 Jahren nicht mehr unter uns weilt, ist es nun an den Slammern dieses Landes gelegen, ihre eigenen Variationen des Stückes, das zum Weltkulturerbe zählt, unters Volk zu bringen. Unterstützt von dem regionalen All Star Ensembles des Hermann Art Kollektivs (u.a. dabei: Anke Helfrich, Piano; Thomas Siffling, Trompete und Erwin Ditzner, Schlagzeug) erlebte das Publikum einen spannenden Abend, bei dem natürlich die Nibelungen im Mittelpunkt standen. Während der Hauptteil der Gedichte von erfahrenen Jungdichtern wie Frank Klötgen, der auch im letzten Jahr zu Gast war, bestritten wurde, waren es vor allem die drei Wormser Nachwuchsdichter, die begeisterten und einen für ihre Worte einnahmen. Mit simplen, aber ehrlichen Erkenntnissen wie: „Jeder Mensch hat einen Traum. Er verblasst wieder und taucht wieder auf“, zeigte unter anderem die 13-jährige Sophie, dass Poesie nicht immer komplex an der Grenze zur Sprachakrobatik wandeln muss, sondern, dass es diese kleinen alltäglichen Erkenntnisse sind, auf denen unser Leben basiert. Der Berliner Klötgen hingegen analysierte in der „Hagen Klage“ das Verhalten des ultimativen Nibelungen Bösewichtes Hagen von „Testosteronje“ und verordnete ihm gleich eine ordentliche Psychotherapie. Wahrscheinlich hätte das den Burgundern so manches Leid erspart. Die passionierte Dichterin Thereas Hahl aus Bochum klagte indes über den „auktorialen Erzähler“ des Nibelungenliedes, dass dieser ein „perfides Arschloch“ sei, während Hauk Prigge aus Berlin sich lautstark über Rechtsradikale ausließ: „Rechte Idioten sollte man mit der Brecht Stange und Klop Stock verhauen“.

FAZIT: Dass die Feder stärker ist als das Schwert ist eine allzu bekannte Erkenntnis, der leider beim diesjährigen Nibelungen Slam nicht ganz so viele Zuschauer vertrauen wollten. Wer kam, erlebte dafür eine spannende Veranstaltung, wie immer routiniert unterhaltsam moderiert von Mr. Poetry Slam, Jens Wienand.