Der Ukraine Krieg und seine Auswirkungen auf die Wormser Baulandschaft

Es ist wahrscheinlich als Unternehmer derzeit nur schwer möglich, nicht von den Auswirkungen der unter- schiedlichen Krisen betroffen zu sein. Eine Branche, bei der insbesondere die Folgen des Ukraine Kriegs zu spüren sind, ist die Baubranche. Das hat auch Auswirkungen auf geplante Bauprojekte in Worms.

Bereits Ende April schrieb die Fachzeitschrift für die Immobilienbranche, die Immobilien-Zeitung, dass Deutschlands Baustellen bald der Stillstand droht. Baumaterial ist knapp geworden, wodurch es zu Lieferschwierigkeiten und deutlichen Preissteigerungen kommt. Zudem kennen die Energiepreise lediglich eine Richtung und das ist steil nach oben. Das macht die Branche, in der endgültige Preise sowieso nur schwer zu kalkulieren sind, derzeit unberechenbar. Doch was bedeutet das für den größten Bauherren bzw. Auftraggeber in Worms, nämlich die Stadt selbst. Zahlreiche Sanierungen, Renovierungen, Straßenarbeiten oder Neubauten werden durch die Stadt in Auftrag gegeben. Manche Projekte, wie der Bau der Drei-Feld-Sporthalle in der Carl-Villinger-Straße, befinden sich auf der Zielgeraden, andere wiederum, wie der Bau einer siebengruppigen Kita, sind noch in der Planungsphase. Bei einem Blick auf die Baustelle am Fischmarkt könnte man wiederum den Eindruck gewinnen, dass hier bereits der Stillstand vollzogen wurde. Auf der Suche nach Antworten sprach unser Redakteur mit Stadtentwicklungsdezernent Timo Horst.

PREISSTEIGERUNG BIS ZU 50 PROZENT

Für das Gebäude am Fischmarkt ist er zwar nicht zuständig, da dies von der Wormser Wohnungsbau GmbH errichtet wird, dennoch kann er zumindest sagen, dass die Baustelle aktuell immer noch von der Landesarchäologie untersucht wird. Die graben sich Millimeter für Millimeter durch die Baugrube. Und das braucht Zeit. Aktuell besteht die Hoffnung, dass die Arbeiten bis Ende Juli zu Ende sind, sodass man mit dem Roh- bau im Herbst beginnen könnte. Entstehen sollen dort ebenfalls eine siebengruppige Kita, sowie sozial geförderter Wohnraum. Ob das so ist, lässt sich in Anbetracht der Entwicklung in der Baubranche natürlich nicht sagen. In Bezug auf die aufwendigste Baustelle, der Pfrimmtal Realschule plus in der Nievergoltstraße, ist Horst zuversichtlich, dass man diese noch wie geplant zum Abschluss bringen kann. Geplant ist die Fertigstellung im Herbst 2022. Horst räumt allerdings ein, dass es zuletzt auch bei dieser Baustelle zu Preissteigerungen kam. In Zahlen heißt das, dass die günstigste Steigerung bei satten 38 Prozent lag. Diese konnte die Stadt aber damit kompensieren, dass vorige Bauschritte günstiger als kalkuliert ausfielen. Auch die Baustelle in der Carl-Villinger-Straße sei bisher noch nicht betroffen, da man wichtige Baustoffe wie Stahl und Dämmmaterial zuvor in ausreichender Menge gekauft hat. In der Zukunft dürfte das aber schwieriger werden, da das Asow Werk in der Ukraine einer der größten Stahlproduzenten ist. Bekanntlich wurde das Werk über Wochen zum Objekt kriegerischer Handlungen. Während die Stadt bei dem Turnhallenbau selbst Bauherr ist, arbeiten Kommunen aber auch oftmals mit Generalunternehmen – auch in Worms. Das hat Auswirkungen, da viele Unternehmen derzeit keine seriösen Schätzungen abgeben können, um sich auf Ausschreibungen zu bewerben. PATRICK EICHHORN, Immobilienmanagement der Stadt Worms, erklärt hierzu: „Angebote auf ausgeschriebene Leistungen kamen in den letzten Jahren aufgrund der Baukonjunktur schon in sehr geringem Umfang. Jetzt vermehrt sich die Situation, dass mehrfach ausgeschrieben werden muss, weil keine An- gebote eingehen“. Wie Eichhorn ergänzt, führt das dazu, dass die Stadt Firmen direkt anspricht und die Kosten dann zum Teil über 50% über der Kostenberechnung liegen.

NICHT NUR DIE UKRAINE MACHT BAUEN TEURER

Eine deutliche Kostensteigerung bei der Planung von Bauvorhaben kann auch Martin Gerkhardt, Prokurist der Timbra Group aus Worms, grundsätzlich bestätigen. Dass Bauen zunehmend teurer wird, macht er allerdings nicht nur an der Ukraine-Krise fest. Im Gespräch mit WO! verweist er darauf, dass es ein komplexer Mix aus berechtigten Auflagen, Personalmangel, die bereits angesprochene Materialknappheit und Nachwirkungen der Corona Krise seien, die diese Entwicklung begünstigen. Zudem sei jetzt bereits erkennbar, dass Corona erneut durch Krankheitsausfälle die Situation zusätzlich erschweren werde. Das Unternehmen, das überwiegend im Gewerbebereich tätig ist, entwickelt in Worms auch die Elefantenhöfe. Derzeit befindet man sich in der zweiten Bauphase. Wie der Prokurist hierzu erklärt, werde man angestoßene Projekte aber auf jeden Fall beenden. Wie dies bei zukünftigen Projekten aussieht, kann er natürlich nicht sagen. Grundsätzlich sei es so, dass Preisgarantien im Moment nur wenige Tage gelten. Das sei früher anders gewesen, da konnte man durchaus auf Kalkulationen aus dem Vorjahr zurückgreifen. Eine Entspannung scheint nicht in Sicht zu sein. Im Gegenteil. Wie der städtische Mitarbeiter Eichhorn erklärt, weist der Preisindex bereits seit dem dritten Quartal 2021 stark nach oben. Dieser Trend hätte sich mittlerweile verstärkt. Das heißt, dass zukünftige Projekte, wie der Bau der dringend benötigten Kitas oder der Neubau einer Turnhalle für das Eleonoren-Gymnasium, momentan kaum vernünftig zu planen sind. Folgen dürfte diese Entwicklung aber auch für den Wohnungsbau haben, insbesondere im Segment der sozial geförderten Wohnungen.

Text: Dennis Dirigo Foto: Andreas Stumpf