Ein aktueller Blick auf die Projekte des Unternehmens „ehret + klein“

K32, Gerberviertel und Licht-Luftbad-Quartier – noch vor wenigen Jahren standen diese Namen für eine schillernde Wormser Zukunft und das Starnberger Unternehmen „ehret + klein“ war der Held,
der der Stadt neue Impulse verlieh. Doch nun stehen diese Projekte für die multiplen Krisen
dieser Zeit und eine Stadt, die im Stillstand verharrt.

Bürgerrathaus

Doch wann folgt auf den Stillstand der Baustart? Wir wollten von dem bundesweit agierenden Unternehmen wissen, wie der aktuelle Stand der drei Großprojekte ist und stellten Mitte Februar eine Presseanfrage. Bis heute erfolgte allerdings keinerlei Reaktion, was erstaunlich ist, zeigte sich doch „ehret + klein“ in den ersten Jahren in Worms durchaus kooperativ und kommunikativ. Die letzte offizielle Mitteilung des erfolgreichen Unternehmens liegt nahezu ein Jahr zurück und betraf das bisher einzige Bauprojekt, das in Worms abgeschlossen wurde, nämlich die Nachnutzung des ehemaligen Verwaltungstraktes des Kaufhof. Wie bekannt, sprang für die Nachnutzung die Stadt als Mieter ein und richtete dort das Bürgerrathaus ein, das am 19. Dezember 2022 eröffnete. In einer Pressemitteilung würdigte der Projektentwickler aus Bayern das Projekt als Meilenstein. Ein Begriff, der in Anbetracht der zweckdienlichen Schlichtheit des unscheinbaren Gebäudeteils, der heute einen großen Teil der Stadtverwaltung beheimatet, etwas übertrieben klingt. Zumindest möchte man als Wormser hoffen, dass der Anspruch des Unternehmens für einen ordentlichen Meilenstein doch ein wenig höher anzusiedeln ist. Ein Meilenstein könnte zum Beispiel tatsächlich die Umwandlung der Baustellenruine des ehemaligen Verkaufsgebäudes des Kaufhofs in ein mischgenutztes modernes Gebäude mit dem simplen Namen K32 werden. Ende 2020, inmitten der Corona-Krise, übernahmen „ehret + klein“ das Gebäude. Nachdem im vergangenen Jahr noch Entkernungsarbeiten im Innenbereich vorgenommen wurden, herrscht nun seit einigen Monaten wieder Stillstand, der mit weihnachtlich gestalteten Abdeckungen mehr schlecht als recht verdeckt wird.

Brachliegendes Rheinmöve Gelände mit Möbel Boss

Licht-Luftbad-Quartier

Das Projekt, mit dem „ehret + klein“ in Worms erstmals die Aufmerksamkeit auf sich zogen, war der Kauf des ehemaligen Rheinmöve Geländes, mit dem Ziel, dort eine Wohnanlage zu errichten. Damals, im April 2019, schrieben wir unserem Magazin: „Zu schön, um wahr zu sein“. Nach vielen Rückschlägen in Worms im Zusammenhang mit Investoren, präsentierte sich das Unternehmen als geradezu vorbildlich. Man lud gleich zu Beginn der Planungen Anwohner und Politik zum gemeinsamen Gespräch, bildete Workshops, ließ die Ergebnisse daraus in die Planung einfließen. Kurzum, das Unternehmen zeigte sich transparent und die anschließende Präsentation der Pläne begeisterten Verwaltung, Bürger und Politik. 475 Wohnungen sollen dort entstehen, darunter auch ein Anteil sozial geförderten Wohnraums, der in Worms dringend benötigt wird. Noch 2021 planten die Unternehmer, dass bereits Anfang 2024 die ersten Mieter dort einziehen können. Davon ist man allerdings weit entfernt, denn auch dort herrscht aktuell Stillstand. Doch das hängt in diesem Fall nicht nur an den Eigentümern, sondern auch an dem letzten verbliebenen Mieter auf dem Gelände, dem Unternehmen Möbel Boss. Das sollte ursprünglich längst ausgezogen sein und an neuer Stelle in der Klosterstraße wiedereröffnet haben. Die Vorbereitungsarbeiten dort sind längst abgeschlossen und die Genehmigungen erteilt, doch einen Bagger sucht man vergeblich. Auf der Suche nach den Gründen, warum es bei Möbel Boss nicht voran geht, stellte die Wormser Zeitung im August 2023 eine Anfrage bei der Unternehmenszentrale. Möbel Boss gehört zur Porta-Gruppe mit Sitz in Porta Westfalica. Ähnlich wie wir aktuell mit „ehret + klein“, musste die WZ die Erfahrung machen, dass Transparenz nicht immer erwünscht ist und bekam keine Antwort. Ob Möbel Boss überhaupt noch bauen möchte, dürfte mittlerweile die entscheidende Frage sein. Sollte das Mutterunternehmen sich dagegen aussprechend, wird Worms ab Oktober über kein günstiges Möbelhaus mehr verfügen, denn dann endet der Mietvertrag in der Monsheimer Straße. Ob es danach zum erhofften Baustart des Licht-Luftbad-Quartiers kommt, ist dennoch unklar. Zuletzt erklärten „ehret + klein“, dass nun der Einzug der ersten Mieter für 2027 geplant sei.

Areal Gerberquartier entlang der Schönauer Straße

Gerberviertel

Frei nach dem Motto, alle guten Dinge sind drei, erwarb „ehret + klein“ im Frühjahr 2022 das Projekt „Wohnquartier Gerberviertel“ nebst Seniorenwohnungen und einem geplanten Hotel der Kette „B & B“. Für Gesprächsstoff sorgte das 16.000 m² große Areal allerdings schon seit mehreren Jahren. Bereits 2016 wurde das Projekt erstmals angekündigt, um anschließend immer wieder weiterverkauft zu werden. Und nun? Im Februar 2023 äußerten sich „ehret + klein“ in einer Pressemitteilung zuletzt zum Fortgang des Projektes und erklärten, dass noch 2023 die erste Bauphase beginnen sollte. Die sah vor, dass man zunächst die Tiefgaragen bauen würde. Im dritten Quartal desselben Jahres sollte schließlich mit dem Bau des
Hotels – nebst Gewerbeflächen – begonnen werden. In der dritten Phase sollen zudem zahlreiche Wohneinheiten mit Mehrfamilienhäusern entlang der Gerbergasse/Pankratiusgasse gebaut werden. Dieser Bauabschnitt trägt den Namen
„Wohnen am Dom“. Schließlich soll in der letzten Phase der dritte Abschnitt an der Pankratiusgasse mit weiterem Wohnraum realisiert werden. Die Fertigstellung des 107 Zimmer umfassenden Hotels ist wiederum für das zweite Quartal 2026 geplant. Der Wormser Zeitung gegenüber verkündete das Unternehmen im September 2023 sogar die komplette Fertigstellung des Projekts Gerberviertel im Jahr 2026. Das dürfte in Anbetracht der aktuellen Situation allerdings eher unrealistisch sein.

Haben „ehret + klein“ sich übernommen?

Die Projekte, die die Firma übernommen hat, sind aufwendig und vor allem kostspielig. Gekauft in einer Zeit, als die Zinsen und Immobilienpreise niedrig waren, zeigt sich jetzt die Schwierigkeit der Finanzierung. Das erklärte auch im vergangenen Jahr Marco Ulivieri, Projektleiter von „ehret + klein“, der WZ gegenüber. Derzeit gebe es intensive Gespräche mit Banken, denn mit den gestiegenen Zinsen werden unter anderem auch andere Eigenkapitalquoten verlangt. Schließlich herrsche bei Immobilien aktuell eher Zurückhaltung bei potenziellen Käufern. Ein Problem, das auch den Bauherren des geplanten Ibis Styles Hotels begegnete. Gerade was den Bau von Hotels angeht, sind Banken seit der Corona Krise eher negativ eingestellt. Das bestätigte ebenfalls der Investor Marc Baumüller bei einem Baustellentermin am „Alten Schlachthof“, wo derzeit das „Matadero“ Projekt entsteht. Auch dort plant der Investor den Bau eines Hotels.

Doch nicht nur die Finanzierung hat sich aufgrund gestiegener Zinsen verteuert. Ebenso wird die Umsetzung eines aufwendigen Bauprojektes durch gestiegene Energiepreise und die anhaltende Inflation zu einem unkalkulierbaren Abenteuer. Ein Blick auf die Homepage des Unternehmens „ehret + klein“ zeigt zudem, dass Worms eher ein ungewöhnliches Pflaster für das bisher erfolgreich arbeitende Unternehmen ist. Die meisten Projekte, die derzeit entwickelt werden, finden sich vor allem in wohlhabenderen Städten in Bayern, wie in Starnberg selbst, Bayreuth, Fürth, Kempten und München. Hierzu erklärte der Firmengründer Michael Ehret unlängst in einem Interview mit einem Branchenmagazin, dass insbesondere München nach vielen Jahren wieder attraktiv geworden sei. Sinkende Arbeitslosenquoten, sowie ein riesiger Bedarf an Büroflächen und Wohnungen versprechen Investoren eine gute Rendite bei Projekten in der Landeshauptstadt. Faktoren, die auf Worms eher nicht zutreffen, außer, dass es hier vor allem an günstigem Wohnraum fehlt. Branchenkenner vermuten allerdings auch, dass sich die Firma in Zeiten günstiger Kredite beim Kauf von Immobilien schlicht übernommen hat. Sollte Letzteres sich als wahr herausstellen und die Projekte auch in den nächsten Jahren vor sich hin darben, wäre das ein fatales Zeichen für Worms.

Text: Dennis Dirigo, Fotos: Andreas Stumpf