Stadt verschiebt abermals Pläne für ein Jugendzentrum

Jugendtreff statt Jugendzentrum

Rund 2.600 Kinder- und Jugendliche leben in der Wormser Kernstadt. Doch der Raum, wo diese sich altersgerecht bewegen und begegnen können, ist knapp. Ein Jugendzentrum soll hierbei eine Alternative sein. Doch nun ist klar, dass diese Alternative auch weiterhin nichts werden wird. 

Michael Kissel erkannte in seinem ersten Oberbürgermeisterwahlkampf 2003 die Dringlichkeit, einen Ort zu schaffen, mit dem junge Menschen von der Straße gelockt werden und an dem sie sich dennoch ungezwungen begegnen können. Die Idee vom Jugendzentrum war ge- boren und kam über diesen Zustand nie hinaus. Nun haben sich auch die letzten Hoffnungen zerschlagen. Zumindest spielt das Jugendzent- rum in der Neukonzeptionierung der Jugendar- beit keine Rolle mehr. Ganz im Gegenteil gehört es sogar zu den verworfenen Maßnahmen. Vor- gesehen ist hingegen der Ausbau der mobilen Jugendarbeit, die Einrichtung weiterer kleinerer Jugendtreffs, aber auch verstärkte saisonale Schaffung von öffentlichen Sporträumen, beispielsweise auf dem Ludwigsplatz. All das sind gute Ansätze, doch was fehlt ist eine dauerhafte Begegnungsstätte, gerade in der einwohnerstarken Innenstadt.

Dass die Nachfrage besteht, zeigt der Jugendtreff in der Judengasse. Entstanden aus den Problemen mit Jugendgruppen rund um den Ludwigsplatz, wurde dieser zunehmend besser angenommen. Ein Ersatz ist er aufgrund seiner geringen Größe und den sehr ein- geschränkten Öffnungszeiten allerdings nicht. Doch längst scheint es so, als hätten Stadtverwaltung und Politik den Traum vom Jugendzentraum vorerst ausgeträumt. Da auch ein Jugendzentrum eine sogenannte freiwillige Leistung ist, kann das Projekt unmöglich ohne Fördergelder realisiert werden. Die letzten Fördergelder, die dafür vorgesehen waren, wurden jedoch längst umgewidmet, wie die Wormser Zeitung berichtete. Im Rahmen des Projektes „Grüne Schiene“ wurden bereits 1,6 Millionen Euro an Fördergelder für ein Jugendzentrum eingeplant, doch zwischenzeitlich wurden die umgewidmet für ein anderes Projekt. Nun fließt das Geld in das Quartierszentrum „LiNo – Leben im Nordend“. Dort entsteht ein Quartiers- und Beratungszentrum mit Café, der Spiel- und Lernstube, einem Quartiersplatz und 24 bedarfsgerechten Wohnungen. Durchgeführt von der Wohnungs- bau GmbH ebenfalls im Rahmen des Großprojekt „Soziale Stadt/Grüne Schiene“.

Auch wenn die Stadt in der Theorie nach wie vor gewillt ist, ein Zentrum zu errichten, so spricht die Praxis allerdings dagegen. Schon vor Jahren hat die Stadt, nachdem etliche Orte verworfen wurden, sich auf einen Standort für das Jugendzentrum festgelegt. Im Blick hat man ein Areal entlang der Güterhallenstraße. Das Problem hierbei ist jedoch, dass die anvisierte Fläche der Bahn gehört. Die zeigt sich wiederum als schwieriger Verhandlungspartner. Verhandelt ist zwar ein Vorkaufsrecht durch die Stadt, doch unklar ist, wer die Kosten zur Entsorgung potentieller Altlasten im Boden über- nimmt. Der Wormser Zeitung gegenüber erklärte die Pressestelle der Stadt Worms, dass neben vielerlei organisatorischer Unklarheiten, auch die personellen und finanziellen Ressourcen gebunden seien. Da diese Probleme auch in den kommenden Jahren bestand haben dürften, sieht es für Jugendliche in der Innenstadt dementsprechend auch zukünftig nicht gut aus.

Konflikte sind vorprogrammiert, wie sich insbesondere an Orten wie dem Lutherplatz oder dem Ludwigsplatz immer wieder zeigt. Für Ärger sorgen oftmals fußballspielende Kinder und Jugendliche, deren Ball nicht immer da landet, wo er hinsoll. Zugleich zeigt dieses Problem, dass es neben einem Jugendzentrum auch an offenen Sportflächen für junge Menschen in der Innenstadt fehlt. Offen zugängliche Orte mit Sportmöglichkeiten gibt es im erweiterten Umfeld der Innenstadt lediglich im Wäldchen, dem Albert-Schulte-Park und teils auf der Rückseite der Westend-Grund- schule. Zu wenig für eine Stadt mit rund 85.000 Einwohner und einem entsprechenden Anteil an jungen Menschen. Einer Generation, die unsere Zukunft sein wird.

Text: Dennis Dirigo Foto: Andreas Stumpf