Ergebnisse der Bürgerbefragung „Verkehr in Worms“ liegen nun vor

Verwaltung und Politik sind sich prinzipiell einig, der Verkehr hat sich im Laufe der Jahrzehnte gewandelt. Noch nie waren so viele Autos auf Wormser Straßen unterwegs, andererseits belastet dieser aber auch durch Lärm und Abgase Bürger und Umwelt. Nachdem bereits 2019 ein Mobilitätskonzept vorgestellt wurde, lud im vergangenen Jahr die Stadt repräsentativ ausgewählte Wormser dazu ein, an einer „Bürgerbefragung Mobilität“ teilzunehmen. Das Ergebnis liegt nun vor und soll Anfang Februar der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

ZU VIEL VERKEHR, ZU WENIG SICHERHEIT

In einer Zufallsstichprobe wurden aus 72.992 erwachsenen Einwohnern 3.830 Personen eingeladen, den 117 Fragen umfassenden Fragebogen zu bearbeiten. Insgesamt nahmen 1.097 Bürger teil (977 Teilnehmer*innen online; 120 Teilnehmer*innen per Post). 188 Fragebogen wurden wiederum nicht vollständig ausgefüllt, sodass sie von der Auswertung ausgeschlossen wurden. Unterteilt ist der Fragebogen in drei Bereiche mit 117 Teilfragen. Für gewöhnlich wird die Debatte um das Verkehrskonzept der Zukunft sehr emotional geführt, ganz in dem Sinne Fahrrad gegen Autoverkehr. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass unter den Teilnehmern 97 Prozent der Männer und 89 Prozent der Frauen angaben, einen Führerschein zu besitzen, somit eine deutliche Mehrheit sich unterschiedlich im Verkehr bewegt und diesen aus verschiedenen Perspektiven wahrnimmt. Erkennbar ist im Ergebnis, dass auch viele, die ein Auto benutzen, über die Verkehrsentwicklung klagen. Insgesamt äußerten 93 Prozent, dass das Auto nach wie vor das Hauptverkehrsmittel sei. Dem gegenüber stehen 67 Prozent, die regelmäßig das Fahrrad nutzen oder eben auch 84 Prozent, die lange Wege zu Fuß zurücklegen. Deutlich weniger im Fokus steht wiederum der öffentliche Nahverkehr, der lediglich von 38 Prozent genutzt wird. Gerade in Bezug auf den Verkehr in der Innenstadt ist sich wiederum eine große Mehrheit darüber einig, dass sich mittlerweile zu viele Autos zu schnell in der Innenstadt bewegen. 65 Prozent sprechen sich dementsprechend für eine Reduktion des Verkehrsaufkommens aus. Knapp 60 Prozent würden hierbei ein generelles Tempo 30 in der Innenstadt begrüßen. Interessant ist hierbei die Frage nach einem autofreien Zentrum. Während 49 Prozent dem wohlwollend gegenüberstehen und mehr Lebensqualität und Platz für „schöne Dinge“ erkennen, sehen 46 Prozent eine sterbende Innenstadt und zugrunde gehende Geschäfte. Zudem wird häufig angemerkt, dass behinderte oder weniger mobile Menschen durch die Regelung benachteiligt werden. Zahlreiche Teilnehmer (65 Prozent) kritisierten wiederum den motorisierten Durchgangsverkehr in den Vororten. Am häufigsten wurde dieses Problem von Teilnehmern aus den Vororten Leiselheim, Hochheim und Rheindürkheim benannt. Insgesamt wird von zahlreichen Teilnehmern die Verkehrsfreundlichkeit in allen Bereichen unterdurchschnittlich bewertet. Gerademal 45 Prozent finden die aktuelle Verkehrsgestaltung als autofreundlich. Bezogen auf den Radverkehr empfinden lediglich 30 Prozent die Stadt als fahrradfreundlich. Als autounfreundlich benannten zahlreiche Teilnehmer die Parkplatzsituation in der Innenstadt. So gaben drei Viertel der Teilnehmer an, sich mit der Parkplatzsuche schwer zu tun und kritisierten in diesem Zusammenhang die Preise als nicht angemessen. Viele sprachen sich vor allem an Markttagen für vergünstigtes oder kostenfreies Parken aus. Das Parken spielt im Radverkehr wiederum keine Rolle, lediglich im Bahnhofsumfeld sprechen sich viele Bürger für mehr und sicherere Abstellpätze aus. Das dominierende Thema ist hier vor allem die Sicherheit und die Anbindung der Vororte. Beides wird sehr kritisch gesehen. Bei der Radanbindung werden am schlechtesten die Anbindungen von Bewohnern aus Heppenheim, Wiesoppenheim, Abenheim und Pfeddersheim bewertet. Der Aussage „Radfahren in Worms ist sicher“ stimmten noch nicht mal 30 Prozent der Befragten zu. Eine klare Mehrheit bemängelte, dass es vor allem an speziellen Radspuren fehle. Deutlich positiver fällt die Resonanz bezüglich des Fußverkehrs aus. 80 Prozent empfinden die Stadt als fußgängerfreundlich, fast ebenso viele fühlen sich auch sicher. Immerhin knapp die Hälfte gibt aber auch an, sich durch Fahrradfahrer bedroht zu fühlen.

WIE BEWERTEN POLITIK UND UMWELTVERBÄNDE DIE UMFRAGE?

Insgesamt ist erkennbar, dass das Ergebnis aufgrund teilweise widersprüchlicher Aussagen für die Verkehrsplaner eine harte Nuss ist, schließlich soll die Auswertung in das Mobilitätskonzept miteinfließen. Das hegt wiederum den Anspruch, den Anteil des Radverkehrs im Verkehrsmix auf 25 Prozent anzuheben. Besonders im Fokus der Kritiker steht die Verkehrsberuhigung der Innenstadt. Stadtratsmitglied Dr. Jürgen Neureuther äußerste unlängst seinen Unmut und befürchtet, dass ein autofreies Zentrum der Todesstoß für die ohnehin schwer gebeutelte Wormser Geschäftswelt sei. Andererseits muss man konsternieren, dass die Frage nach jenem autofreien Zentrum nicht besonders glücklich gewählt wurde, da in den bisherigen Verkehrsdiskussionen dieses Thema nicht zur Debatte stand, lediglich eine Verkehrsberuhigung. Die Wormser GroKo reagierte bereits mit einer Stellungnahme auf die Auswertung und erklärt, dass innerhalb der Grenzen des Parkhausrings die Innenstadt – im touristischen Zentrum – weitestgehend verkehrsberuhigt werden soll, um den Bereich für Fußgänger und Radfahrer attraktiver und sicherer zu gestalten. Ziel soll es sein, dass im Zentrum Fußgänger und Radfahrer bevorrechtigt sind. Entgegen der Befürchtungen vieler Bürger und der FDP, sind die CDU und SPD der Überzeugung, dass man mit diesen Maßnahmen eine Attraktivitätssteigerung der Innenstadt erreichen könne und man somit einen Baustein zur Belebung des Einzelhandels liefern könnte. Einigkeit herrscht indes bei FDP und der GroKo hinsichtlich der Bewertung der Fahrradstraße Speyerer Straße. In der Stellungnahme heißt es: „Dass Fahrradstraßen bei der Umfrage negativ bewertet wurden, hat aus unserer Sicht in erster Linie mit den überwiegend schlechten Erfahrungen im Modellversuch „Speyerer Straße“ zu tun. Nach Meinung vieler Befragten macht eine Fahrradstraße nur in Verbindung mit einem durchgängigen Radverkehrskonzept für die Innenstadt Sinn.“ Der verkehrspolitische Sprecher der CDU, Marco Schreiber, kommt dementsprechend zu dem Fazit: „Gleichzeitig soll aus Sicht der Koalition die Fahrradstraße an dieser Stelle nicht fortgesetzt werden.“ Auch die Umweltverbände (ADFC, BUND, NABU und VCD) äußerten sich zu der Bürgerbefragung und erklären: „In wesentlichen Teilen vertritt die Mehrheit der Befragten ähnliche Positionen wie die Wormser Umweltverbände, (…). So wünscht sich die Mehrzahl der Befragten eine Reduktion und Entschleunigung des Autoverkehrs, eine Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung, mehr und sicheren Fahrradverkehr sowie eine Verbesserung des ÖPNV.“ Der Vorsitzende Günter Niederhöfer fordert dementsprechend: „Mit diesem Rückenwind aus der Bevölkerung geht es jetzt darum, das gesamte Mobilitätskonzept schnell und beherzt umzusetzen.“ In Arbeit sind zumindest schon mal verschiedene Zulaufrouten für den Radverkehr. Konkret geht es um die Strecken Pfiffligheim – Pfeddersheim, Abenheim Richtung Stadt, die Strecke nach Osthofen, Worms – Weinsheim, die Radstrecke zur Rheinbrücke und eine Hauptroute nach Ludwigshafen. Die Modelle sollen als nächstes in den Ortsbeiräten diskutiert werden, bevor letztlich der Stadtrat entscheidet. Mit Nachdruck betonen allerdings die Umweltverbände, dass nicht mehr allzu lange diskutiert werden solle: „Mit Blick auf den Klimawandel dürfen wir keine wertvolle Zeit mehr vergeuden. Mit der Umsetzung des Mobilitätskonzeptes entscheidet sich auch, ob die Stadt Worms den Anforderungen des Klimawandels gerecht wird.“

Die Auswertung der Ergebnisse finden Sie hier:

https://www.worms.de/de/mein-worms/bauen-wohnen-planen/verkehrswegebau/