„Kultur findet Stadt“ (3. Wochenende) mit Rodgau Monotones, Kingdom of Desire, Altrheinpower u.a.
Text: Frank Fischer, Dennis Dirigo
22.10.2021 | Weckerlingplatz Worms:
Am dritten Wochenende bot die Kulturoffensive „Kultur findet Stadt“ am Freitag und Samstag handgemachte Livemusik auf dem Weckerlingplatz, der zu diesem Zweck umzäunt war, um die 3-G-Regel penibel genau kontrollieren zu können. Den Anfang machten am Freitag drei Bands, die allesamt für eine nostalgische Reise in die Vergangenheit standen.
Dabei sollte man Vergangenheit keinesfalls mit eingerostet gleichsetzen, denn was die Zuschauer zu hören bekamen, zeigte, dass auch Männer und Frauen jenseits der 60 noch ordentlich einheizen können. Das demonstrierte gleich zu Beginn der 64-jährige Heinz Balzer mit seiner Band ALTRHEINPOWER. Aus der hiesigen Musikszene kaum wegzudenken, ist der Bassist Balzer auch 40 Jahre nach Beginn seiner Bandlaufbahn kein bisschen müde und schon gar nicht leise. In Sachen Lautstärke zeigten der Ibersheimer und seine kraftvoll zupackende Band jüngeren Musikerinnen und Musikern, wo der Rock‘n‘Roll Hammer hängt. Wie eine gut geölte Maschine spielte man sich durch das umfangreiche Repertoire, ehe man am Ende bei dem regionalen Kulthit „Salatöl“ landete, der in einer epischen zehn Minuten Version von Band und Publikum abgefeiert wurde. Der nächste Auftritt stand ganz im Zeichen der Über-Band Toto. KINGDOM OF DESIRE imitierten musikalisch nahezu perfekt die Band mit einem Hang zu aufwendigen Soundtüfteleien. Natürlich durften die zahlreichen Hits wie „Hold the Line“ oder „Rosanna“ genauso wenig fehlen wie der Monster-Hit „Africa“, mit dem die acht Musiker das Konzert beendeten. Trotz herbstlicher Temperaturen fanden sich bis zum Abend knapp 200 Besucher ein, um dem Headliner RODGAU MONOTONES zu lauschen. Als die Band 1978 gegründet wurde, da hatten sie mit Henni Nachtsheim einen prominenten Saxofonisten, der allerdings zwölf Jahre später wieder ausstieg, um sich zusammen mit Gerd Knebel auf das Anfang der 80er gegründete Comedyduo Badesalz zu konzentrieren. Die größte Zeit der Band aus dem hessischen Rodgau war da bereits vorbei. Nach der ersten veröffentlichten LP „Wollt ihr Musik, oder was?!“ im Jahr 1982 war es vor allem das zwei Jahre später erschienene Album „Volle Lotte“, mit dem die Rodgaus die Republik aufgemischt hatten. In der Folge etablierte man sich als angesehene Liveband, die es bei ihren Konzerten ordentlich krachen ließ, auch wenn sich die Nachfolger „Wir sehn uns vor Gericht“ (1985) und „Sportsmänner“ (1986) deutlich schlechter verkauften. Das eigentlich Erstaunliche ist, dass es die Band auch nach mehr als vier Jahrzehnten immer noch (fast) in Originalbesetzung gibt, auch wenn die Bandmitglieder natürlich deutlich betagter daherkommen, aber an musikalischer Klasse nichts eingebüßt haben. Nach dem Opener „Is mir egal“ durfte das Publikum bei „Ei gude, wie?“ zum ersten Mal kräftig mitsingen. Auch in der Folge war es die ständige Interaktion der Band mit dem Publikum, die den Abend zu einem äußerst unterhaltsamen werden ließ. Um nicht nur die alten Erfolge aus den Achtzigern abzufeiern, gab es zwar in der ersten Hälfte des Konzertes auch Verzichtbares wie den Rockschinken „Mama Lauda“, den Santiano- Verschnitt „100 Fässer grüne Soße“ oder die übliche Ballade „Is nur Kino“. Aus John Myles Welthit „Music“ wurde bei den Rodgau Monotones „Susi war die Höchststraf‘“ (Fähnchen schwenkendes Publikum inklusive). Von den neueren Stücken wusste vor allem „Ein frauenfeindliches AC/DC Stück“ aus dem 2008-er Album „Ein Leben für Lärm“ zu gefallen. Aber, und deswegen waren die meisten Besucher an diesem Abend gekommen, es waren vor allem die alten Hits, die das Publikum in Wallung brachten. Mehr als die Hälfte der Songs aus ihrem Kultalbum „Volle Lotte“ kamen an diesem Abend in Worms zum Einsatz. Bei „St. Tropez am Baggersee“, „Mein Freund Harvey“ (aus „Wir sehn uns vor Gericht“ / 1985) oder „Kleiner Pirat“ zeigte sich das Publikum bereits textsicher – und dabei hatte sich die Band die Klassiker noch aufgehoben. Am Ende eines knapp 100-minütigen Konzertes, das bei zunehmend kühleren Temperaturen durchaus auch Längen bot, sorgten „Frach mich net“, ihr größter Hit „Die Hesse komme“ und „Volle Lotte“ zum Abschluss für ein grandioses Finale. Einen kleinen Wermutstropfen hatten derweil die Zuschauer zu verkraften. Da die Stadt Worms mit der Veranstaltung auch umliegende Gastronomen unterstützen wollte, verzichtete man auf einen eigenen Ausschank auf dem Weckerlingplatz. Dumm nur, wenn ein Teil der beiden anliegenden Gastronomen irgendwann beschließt, keine Getränke mehr an die Gäste zu verkaufen. Da konnte sich auch die organisierende Kultur- und Veranstaltungsgesellschaft nur wundern, da man zuvor darüber gesprochen hätte.
Fazit: „Feiern bis zum Attest“ kann man bei den Rodgau Monotones zwar nicht mehr, aber durchaus einen entspannten Abend mit ganz viel Nostalgie verbringen – was natürlich auch auf Altrheinpower und Kingdom of Desire zutrifft.