Diese Nachricht hat sich aber jemand wirklich bis kurz vor Jahresende aufgehoben. Bei den nächsten OB-Wahlen wird der aktuelle Amtsinhaber, Michael Kissel, noch einmal antreten und wäre bis zum Ende seiner dritten Amtszeit 24 Jahre im Amt gewesen. Länger als Helmut Kohl und vermutlich auch länger als Angela Merkel…
Für Insider war es nicht wirklich überraschend, dass es Kissel noch mal wissen will und gerne eine dritte Amtszeit ansteuern würde. Überaschend war allenfalls der Zeitpunkt der Bekanntgabe, dass sich Kissel selbst noch mal als OB-Kandidat aufstellt. Dem Vernehmen nach war es nämlich ausschließlich „Chefsache“, darüber zu bestimmen, ob er noch mal ran will, auch wenn es innerhalb der SPD längst nicht nur Befürworter gibt. Schließlich gehört zur Erneuerung einer zuletzt durch Wahlschlappen angeschlagenen Volkspartei auch jüngeres Personal. Darunter fällt Kissel gewiss nicht mehr. Nach bisher 15 Jahren Amtszeit gehört Kissel trotz seiner erst 62 Jahre wohl eher in die Kategorie Merkel oder Kohl. Wie Kissel selbst angab, fühlt er sich nach einem gesundheitlichen Check-up fit und robust genug, um die „Mammutaufgaben“ der Zukunft anzugehen. Es gehe ihm nicht darum, irgendwelche Prunkbauten als Denkmal zu hinterlassen, sondern die Stadt Worms fit zu machen für die Zukunft. Immerhin scheint Kissel aus den Fehlern seiner ersten 15 Jahre gelernt zu haben.
Kommt es 2018 zur vorgezogenen Ob-Wahl?
Gleichzeitig lässt die frühe Bekanntgabe, zwischen den Jahren, darauf schließen, was schon
länger vermutet wird: Es wird bereits im Jahr 2018 zur (vorgezogenen) OB-Wahl kommen. Zwar geht Kissels Amtszeit noch bis März 2019, allerdings kann die OB-Wahl bis zu einem halben Jahr vorgezogen werden, so dass auch schon im September 2018 gewählt werden könnte. Rein psychologisch gesehen wäre das der nahezu ideale Zeitpunkt für den aktuellen Amtsinhaber. Im September sind die meisten Wähler zufrieden, entweder erholt vom Urlaub oder gesättigt vom reichhaltigen Kulturangebot des Sommers. Zum Rheinland-Pfalz-Tag werden 300.000 Besucher erwartet und Worms wird ein Wochenende lang im Mittelpunkt stehen. Dann geht’s Schlag auf Schlag mit Nibelungen-Festspielen, Jazz & Joy und Backfischfest. Genauso wie dem jeweils aktuellen Bundeskanzler vor Wahlen, könnte zudem noch König Fußball dem OB zu Hilfe eilen. Wenn Jogis Jungs Mitte Juli ihren Titel bei der WM in Russland verteidigen und die Wormatia im August 2018 womöglich in der 1. Runde des DFB-Pokals zuhause gegen einen Bundesligisten spielt, wird der zufriedene Bürger eher dazu neigen, altbewährtes zu wählen. Der Wunsch nach Veränderung ist dann naturgemäß nicht mehr ganz so groß. Würde man die Wahl dagegen im Frühjahr 2019 durchführen, wäre das für Kissel sicherlich unangenehmer. Zum Ende eines Jahres, wenn der Haushalt der Stadt Worms verabschiedet wird und zumeist mit einem saftigen Defizit abschließt, oder über Winter, wenn die regelmäßig auftretenden Mängel an Wormser Schulen bekannt werden, sind potentielle Wähler längst nicht so heiter gestimmt über die aktuelle Politik.
Mangel an Gegenkandidaten
Die Nachricht von Kissels erneuter Kandidatur löste in den sozialen Netzwerken zunächst eine wahre Kommentarflut aus. Gut drei Viertel der User äußersten sich eher negativ bis abfällig darüber. Naturgemäß ist es bei Facebook mittlerweile fast schon Usus, dass sich zuerst die Nörgler und Kritiker melden, bis auch die positiven Stimmen an Gewicht zunehmen. Ein erstes Stimmungsbild ist es aber schon, dass sich anscheinend nicht wenige Wähler nach 15 Jahren Kissel nach frischem Wind gesehnt hätten. Ob die OB-Wahl für Kissel zum Selbstläufer wird oder ob es, wie beim letzten Mal, auf eine Stichwahl hinausläuft, wird davon abhängen, welche Kandidaten die anderen Parteien ins Rennen schicken. Es wird spannend im Jahr 2018.