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Für das Theater Curiosum war es eine Premiere in zweierlei Hinsicht. Zum einen war es die Uraufführung des Stücks „Die Nebelungen“, das im letzten Jahr den Publikumspreis des Autorenwettbewerbs der Nibelungen Festspiele gewann. Zum anderen, weil das Ensemble erstmals einen Originalstoff aufführte. Am Ende der Aufführungen war ihnen der Respekt des Publikums sicher.
Bisher unterhielt das Theaterensemble des Lincoln Theaters mit der Adaption bekannter Klassiker wie „Das Gespenst von Canterville“, „Die Schatzinsel“ oder Improvisationsabenden. Verfasst von Ensemblemitglied Andreas Hartmann, gemeinsam mit Phyllis Köhler, lag es natürlich nahe, dass man sich des Stücks annahm. Das Autorenduo übernahm zugleich auch die Regie. Im Zentrum der Geschichte steht das Zwergenreich der Nibelungen, das sich im Inneren eines Berges befindet. Im Nibelungenlied spielt diese Episode eine eher untergeordnete Rolle. In knappen Worten erzählt dort Hagen, wie Siegfried den Nibelungenhort eroberte. Unter Einsatz einer geschickten Beleuchtung und einer zwar minimalistischen, aber fantasie- vollen Ausstattung, gelang es dem Ensemble wiederum, das Publikum bereits nach wenigen Minuten in diese mythenbeladene Welt zu entführen. Die gar nicht mal so kleinen Zwerge Nibelung, Schilbung und Alberich, faszinierend grotesk gespielt von Jan Wilson, Jens Kaltschmidt und Andreas Hartmann, leben in einer Welt, die vom Untergang bedroht wird. Mit bedeutungsschweren Worten kündet die Seherin: „Der Körper spürt die Schwerkraft nicht, weil die Welt zusammenbricht“. Eine fatale Wendung nimmt das Leben der Zwerge, als der listige Siegfried wie ein tumber Recke zufällig durch ein Erdloch fällt und in ihrem Reich landet. Es kommt, was kommen muss. Nicht gekannte Gefühle erwachen in der Schicksalsgemeinschaft der Zwerge, die letztlich zum endgültigen Untergang führen.
FAZIT: Das Ensemble bewies eindrucksvoll, dass sie mehr können als leichte Unterhaltung. Dabei profitierte man von den kraftvollen Worten des jungen Autorenduos. Die Atmosphäre pendelte gelungen zwischen alptraumhaft und Tolkienscher Fantasie mit einer ordentlichen Prise Wahnsinn. Zugleich unterstrich das Stück die grenzenlosen Möglichkeiten, die der Nibelungenkosmos bietet.
Text: Dennis Dirigo, Foto: Andreas Stumpf
Anmerkung der Redaktion: In unserer Printfassung wurde irrtümlicherweise der Oscar Wilde Roman „Das Gespenst von Canterville“ zu „Das Gespenst von Canterbury“ umgetauft.