Steigende Zahlen sorgen für erneute Unterbringungsprobleme

In der Flüchtlingsunterkunft des Motorpool-Geländes Bensheimer Straße fand eine Infoveranstaltung für die Anwohner zur Unterkunft statt, bei der u.a. auch Sozialdezernent Waldemar Herder vor Ort war. Foto: BK/Andreas Stumpf

Spätestens seit 2015 ist das Thema Flüchtlinge in aller Munde. Damals suchten mehr als eine Million Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen Zuflucht in Deutschland. Rund 1.000 wurden damals auch in Worms untergebracht. Seitdem hat sich die Situation kaum entspannt. Wohnraum ist knapp, während Worms weiterhin Menschen aufnehmen muss. Das ist eine große Herausforderung für alle!

Immer wieder sorgt das Thema auch im Stadtrat für Diskussionen. Während wenig überraschend die AfW und auch die AfD immer wieder einen Aufnahmestopp aufgrund fehlender Unterkunftsmöglichkeiten fordern, würden andere Fraktionen, wie Bündnis90/Die Grünen, am liebsten Worms zum sogenannten „sicheren Hafen“ erklären. Das stößt wiederum bei den großen Fraktionen auf Ablehnung, mit der Begründung, dass die Stadt keine Kapazitäten mehr hat, um zusätzlich zu den vom Land zugewiesenen Flüchtlingen weitere aufzunehmen. Für Sozialdezernent Waldemar Herder ist klar, dass die Stadt Flüchtlinge nicht ablehnen kann. Im Gespräch mit WO! betont Herder: „Diese Menschen sind bereits in Deutschland und damit ist klar, dass sie irgendwo untergebracht werden müssen. Wir als Stadt können uns nicht aus dieser Verantwortung rausziehen“. Herder weiß aber auch, dass dies ein sensibles Thema ist, das die Bürger umtreibt. Der Wohnraum ist knapp und begehrt. Die Preise steigen und ohnehin ist das gesellschaftliche Klima durch eine Verket- tung von Krisen eher angespannt. Willkommenskul- tur wechselt sich längst mit Angst, aber auch Vor- urteilen ab. Herder findet es dann auch nicht hilfreich, wenn, wie zuletzt in einem Artikel der Wormser Zeitung, der Eindruck erweckt wird, dass Flüchtlinge Opfer von unseriösen Mietpraktiken sind. Dort wurde über eine Unterkunft im Pforten- ring berichtet, die zu überhöhten Preisen vermietet würde. Darin lebt eine Somalierin mit ihren Kindern. Die Stadt kostet die Unterbringung 1.200 Euro pro Monat. Im ersten Moment ein erstaunlich hoher Preis. Doch diese Summe enthält nicht nur die Miete, sondern auch weitere Kosten wie Security, Sozialarbeiter etc. Auch wenn sich Herder dessen bewusst ist, dass die Unterbringung nicht optimal ist, verweist er darauf, dass bei diesem Beispiel der Quadratmeterpreis tatsächlich bei 9 Euro liegt. Das ist sicherlich nicht günstig, aber weit vom Preis einer Luxuswohnung entfernt. Laut wohnungsboerse.net liegt in Worms der derzeitige Mietspiegel bei 10,13 Euro. Dabei gilt es zu wissen, dass die Asylanten selbst keine Miete zahlen, sondern diese „Nutzungsentschädigung“ durch den Jobcenter an die Stadtverwaltung überwiesen wird, die wiederum für die Anmietung der Immobilien zuständig ist. Erst wenn die Asylanten selbst Geld verdienen, müssen sie zahlen. Grundsätzlich verfällt damit auch der Anspruch, in einer der von der Stadt organisierten Wohnungen zu leben. Doch auch Flüchtlinge müssen schnell feststellen, dass es auf dem Markt kaum günstige Alternativen gibt, sodass die Stadt zumeist ein fortführendes Wohnrecht einräumt.

Lösungen dringend gesucht

Doch was passiert mit den Flüchtlingen, die in den nächsten Wochen und Monaten in Worms ankommen? Sammelunterkünfte sind knapp, die Container (siehe Salamandergelände oder Motorpool Gelände) insbesondere in den Sommermonaten eine Qual. Andererseits stehen zwei Blöcke des ehemali- gen Hochstiftkrankenhauses leer, ebenso wie das ehemalige Gesundheitsamt in der Andreasstraße. So schrieb ein WO! Leser: „Beispiel Hochstift Bau B. Es ist das neueste und modernste Gebäude dort mit vielen Krankenzimmern. Kurzfristig könnten hier z.B. jede Menge ukrainische Flüchtlinge untergebracht werden.“ Die Pressesprecherin erschlägt diesen Vorschlag pauschal mit Brandschutz. Was soll da falsch sein, sollte man hinterfragen? Sind es Brandschutztüren in den Fluren oder was? Die Stadt gibt offensichtlich viel Geld aus für private Flüchtlingsunterkünfte. Mit dem Geld könnte man doch dringendst benötigte Brandschutzmaßnahmen finanzieren!“ Neugierig geworden, suchen wir das Gespräch mit Baudezernent Timo Horst. Der erklärt erst mal, dass das Hochstift nicht in seine Zuständigkeit gehöre, da sich dies immer noch im Eigentum des Klinikums befindet. Grundsätzlich sieht er aber, dass eine vor- übergehende Ertüchtigung kaum machbar sei. Das liege nicht nur an den Fluchtwegen, sondern auch an der Technik, die komplett erneuert werden müsste. Erschwerend kommt hinzu, dass das Gebäude in den nächsten Jahren abgerissen werden soll. Waldemar Herder betont im Gespräch: „Glauben Sie mir! Meine Mitarbeiter überprüfen jedes Jahr die leerstehenden Immobilien und gleichen dies ab mit eventuellen Änderungen der Vorgabe. Aber es ist einfach nicht möglich!“ Aber was ist möglich? Im Gespräch mit WO! deutet Herder an, dass die Stadt Ideen hat. Welche das sind, das möchte die Stadt der Öffentlichkeit in einem Pressegespräch im Februar mitteilen.

Flüchtlingssituation in Worms in Zahlen:

In Sammelunterkünften leben derzeit 206 Flüchtlinge

177 Einzelwohnungen/Wohngemeinschaften wurden zusätzlich angemietet

894 Flüchtlinge aus der Ukraine leben derzeit in Worms (Stand 22.12.2022)

Die Gesamtzahl der Flüchtlinge in Worms kann die Stadt nicht benennen

250 Wohnungen werden in den nächsten Monaten für weitere Unterbringungen benötigt

Text: Dennis Dirigo, Foto: Andreas Stumpf