Bürgerrathaus Worms zieht in früheren Verwaltungstrakt Kaufhof
Es war ein vermeintlicher Glücksfall, der sich im Jahr 2021 sowohl für das Immobilienunternehmen ehret + klein, als auch für die Stadt Worms anbahnte. Das Unternehmen aus Starnberg hatte zuvor den Gebäudekomplex, der früher als Kaufhof bekannt war, übernommen und die Stadt Worms suchte seit Längerem nach einem Ersatz für den in die Jahre gekommenen Sitz der Stadtverwaltung im Adenauerring.
Das ehemalige Bankgebäude beeindruckte zwar mit seiner Architektur und verlieh der Stadt eine gewisse Autorität, doch Raum war knapp, der Brandschutz ein Dauerthema und die Lärmbelastung für die Mitarbeiter hoch. Zudem kündigte sich bereits ein Nachfolger an, da das Gebäude als Gründerzentrum im Rahmen des Digital Hub im Gespräch war. Neue freie Räume waren also gefragt. Für Oberbürgermeister Adolf Kessel war schnell klar, dass sich der Verwaltungstrakt des ehemaligen Kaufhof prächtig als neue Heimat für städtische Mitarbeiter machen würde. Schließlich sollte alles ganz schnell gehen, zum Unmut einiger Stadtratsfraktionen. Mathias Englert (WWW) kritisierte 2021: „Da soll man mal schnell nach mehr als drei Stunden Video-Stadtratssitzung zustimmen. Und da wundert sich der OB, wenn das Verhältnis zwischen Stadtrat und Verwaltungsspitze so schlecht ist?“ Englert räumte zwar ein, dass die FWG-Bürgerforum (heute WWW) erkenne, dass es zu wenig Flächen für die Verwaltung gebe. Die Anmietung dieser Immobilie sei aber städtebaulich ein großer Rückschritt und für die Ent- wicklung der Stadt eine verpasste Chance, die einem Skandal gleiche. Nun, zwei Jahre später, ist die Verwaltung umgezogen und somit erster Mieter im K32. Seit 19. Dezember 2022 begrüßen die Mitarbeiter des Bereichs Sicherheit und Ordnung Menschen im neuen „Bürgerrathaus“. Ein gewichtiger Name, den sich die Stadt selbst verliehen hat, um wahrscheinlich jedem deut- lich zu machen, dass abseits der Landerampe, auf der früher Waren angeliefert wurden, weit- reichende Entscheidungen getroffen werden. Doch ein Wort kann die Symbolkraft des Gebäudes nicht ersetzen. Während zu hören ist, dass die Mitarbeiter in den kargen Räumen der neuen Verwaltung die Ruhe beim Arbeiten zu schätzen wissen, zeigen sich nicht wenige Bürger irritiert ob dieses optischen Rückzugs. Es ist das Bild einer Stadt, die sich aus der Öffentlichkeit entfernt und nun im Hinterhof eines einst erfolgreichen Kaufhauses, das schließlich der Insolvenz anheimfiel, zu finden ist.
Text und Foto: Dennis Dirigo