Das Verletzungspech in der Vorbereitung, miese Testspielergebnisse und die gewohnt späte Kaderzusammenstellung hatten vielen Fans der Wormatia die Vorfreude auf die neue Saison verhagelt. Seit dem Heimsieg gegen Astoria Walldorf sieht die Welt schon wieder anders aus und nach fünf Spielen hat sich die Wormatia dort festgesetzt, wo man gerne auch am Ende der Saison landen würde: im gesicherten Mittelfeld. Das Trainerteam um Steven Jones und Maximilian Mehring hat ganze Arbeit geleistet – die bisher erzielten sieben Punkte gehen auf das Konto des Trainerteams und einer engagierten Mannschaft, die zunehmend an die letzte Saison anknüpft und wieder zu einer echten Einheit zusammenwächst.
Ja, auch wir hatten in der letzten Ausgabe einen Fehlstart der Regionalliga-Kicker des VFR Wormatia Worms befürchtet. Nach dem verlorenen Pokalfinale gegen den SV Morlautern schien der gesamte Verein von einer gewissen Lethargie gelähmt zu sein. Während sich die Suche nach bezahlbaren Nachfolgern für fünf abgewanderte Stammspieler offensichtlich schwieriger gestaltete, als dies den Nerven vieler Fans lieb war, kehrte der ohnehin noch nicht vollständige Kader mit jeder Menge verletzten oder angeschlagenen Spielern aus dem Trainingslager zurück. Zum Saisonstart umfasste der gesamte Kader des Regionalliga-Teams gerade einmal 19 Spieler, von dem mehr als ein halbes Dutzend verletzungsbedingt ausfiel, so dass man am 1. Spieltag in Stuttgart und zuhause gegen Mainz mit „U23-Spielern“ auffüllen musste, um überhaupt eine Alternative zum Wechseln auf der Bank zu haben. Von daher waren die erzielten null Punkte aus den ersten beiden Spielen keine große Überraschung für die Kritiker, die dem Verein zum wiederholten Male vorwarfen, den Kader generell erst sehr spät zusammenzustellen. Was jedoch überraschte, war die Art und Weise, wie sich das letzte Aufgebot der Wormatia bereits in diesen beiden Spielen präsentierte. Zum Auftakt bei den Stuttgarter Kickers wäre sogar ein Sieg möglich gewesen, aber Alan Stulin scheiterte in der 17. Minute vom Elfmeterpunkt, während die Kickers in der 39. Minute den einzigen Treffer des Spiels erzielten. Im folgenden Heimspiel gegen die „U23“ vom FSV Mainz 05 war die Personaldecke der Wormatia genauso dünn, aber die Einstellung der Mannschaft stimmte erneut. Trotzdem setzte es eine deutliche 1:4-Heimniederlage, die letztendlich um 1-2 Tore zu hoch ausgefallen ist, zudem noch gegen einen Gegner, der am Ende der Saison mit Sicherheit ziemlich weit vorne zu finden sein wird. Aber Einstellung hin oder her: Dass man mit dezimiertem Kader nach null Punkten aus zwei Spielen (bei 1:5 Toren) und einem Auswärtsspiel bei dem nächsten Drittliga-Absteiger, FSV Frankfurt, vor der Brust ein wenig nervös werden kann, ist verständlich. Wie man nach einem verpatzten Start so tief im Tabellenkeller verschwinden kann, dass am Ende sogar der Abstieg in die Oberliga stand, hatte Eintracht Trier in der letzten Saison vorgemacht. So ähnlich müssen wohl auch die 1.200 Zuschauer gedacht haben, die nach dem ersten Heimspiel gegen Mainz II. den Nachhauseweg antraten.
Der Knackpunkt gegen FSV Frankfurt
Seitdem sind drei Wochen vergangen und die Welt der Wormatia-Fans sieht nun weitaus rosiger aus. Zwar ist man mit Morris Nag, der auf Leihbasis von Waldhof Mannheim kommt, erst einen Tag vor dem fünften Saisonspiel gegen Koblenz fündig geworden auf der Suche nach jemandem fürs zentrale Mittelfeld, der die abgewanderten Loechelt und Köksal ersetzen soll. Auch der Treske-Nachfolger, Thomas Gösweiner, war ein Last-Minute-Einkauf, der erst zur zweiten Partie seine Spielberechtigung erhielt und gegen Mainz nur eingewechselt wurde. Es sind aber weniger die Neuzugänge, die Hoffnung machen, sondern die Tatsache, dass auch Spieler, die man nicht unbedingt in der Startposition erwartet hätte, mehr als nur Alternativen sind. Womöglich lag der Knackpunkt der gesamten Saison in den zweiten 45 Minuten beim Auswärtsspiel bei FSV Frankfurt. Wie schon in Stuttgart hatte der VFR in der ersten Hälfte gut gespielt, mehr Chancen als die Heimmannschaft herausgespielt, aber in Führung gingen kurz vor der Pause die Frankfurter. Was auch immer das Trainerteam in der Halbzeitpause gesagt oder umgestellt hat, es war wohl das Richtige zur richtigen Zeit. Womöglich lag es auch nur an der Einwechslung von Steffen Straub in der 62. Minute, der zunächst einen Eckball auf den Kopf des groß gewachsenen Thomas Gösweiner servierte, der nach 70 Minuten zum Ausgleich traf. Nach einer weiteren Straub-Vorarbeit köpfte schließlich der zweite Neuzugang, Daisuke Ando (87.), zum vielumjubelten Siegtreffer ein. Zum ersten Mal in der noch jungen Saison stellte auch die dezimierte Wormatia-Truppe fest, dass man in der Regionalliga Spiele gewinnen kann, wenn der Einsatz bis zum Schluss stimmt.
Der Befreiungsschlag gegen Astoria Walldorf
Nach einem für die Wormatia spielfreien Wochenende stand mit dem Heimspiel unter Flutlicht gegen Astoria Walldorf ein bärenstarker Gegner auf dem Plan, der bereits in der Vorbereitung mit Siegen gegen höherklassige Teams von sich reden machte. Auch in der Liga waren die Walldörfer mit zehn Punkten aus vier Spielen sehr gut gestartet und hatten die bisherigen drei Gegner der Wormatia allesamt bezwungen, zuletzt den FSV Frankfurt sogar deutlich mit 6:0. Dass Mentalität in der Lage ist, Qualität zu schlagen, zeigte das Spiel gegen Astoria Walldorf. Ähnlich wie gegen Mainz 05 II war auch hier erkennbar, dass die Walldörfer über die besseren Einzelspieler verfügten, gegen die das Team von Steven Jones in erster Linie Leidenschaft , Kampf und Einsatz entgegen zu setzen hatte. Getreu dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ setzten die Wormser den Gast sofort unter Druck und ließen dem Gast überhaupt keine Möglichkeit, sein gewohntes Spiel aufzuziehen. Nach 90 Minuten hochklassigem Regionalligafußball stand ein zuvor kaum für möglich gehaltener 3:1-Heimsieg gegen Walldorf durch drei glänzend herausgespielte Tore von Jan-Lucas Dorow (14.), Alan Stulin (43.) und Steff en Straub (64.), Walldorfs Pander (41.) hatte zum zwischenzeitlichen Ausgleich getroffen. Was den 928 Besuchern dieses Spiels seitdem Mut macht, ist der phasenweise begeisternde Fußball, den die Elf von Steven Jones hierbei gegen einen gewiss nicht schwachen Gegner bot. Vielleicht war die 64. Minute des Spiels die schönste der noch jungen Saison. Als gerade der traditionelle VFR-Wechselgesang zwischen Vortribüne und Gegengerade hin und her schwappte, eroberte Auracher den Ball. Benjamin Himmel, der mit einem katastrophalen Rückpass den Ausgleich der Walldörfer ermöglicht hatte, schlug einen sensationellen langen Ball auf Steffen Straub, der den gegnerischen Torwart überlupfte und zum vorentscheidenden 3:1 einlochte. Ausgerechnet der überragende Straub, der erst in der Winterpause von der Astoria zur Wormatia gewechselt war. Viel wichtiger jedoch: Mannschaft und Publikum waren zu diesem Zeitpunkt längst wieder eine Einheit. Zur Vorgeschichte sei gesagt, dass der größte Fanclub der Wormatia, die Sups Worms, vor der Saison erklärt hatte, dass man seine Aktivitäten einstellen werde. Das habe zwar nichts mit der Vereinsführung oder der Leistung der Mannschaft zu tun, aber es passte eben ins Bild, dass beim ersten Heimspiel gegen Mainz II – im Vergleich zu sonst – fast schon Grabesstille im Stadion herrschte. Im Heimspiel gegen Walldorf war dagegen im Laufe des Spiels immer mehr der Funke vom Rasen auf die Ränge übergesprungen, so dass Trainer Jones in der Pressekonferenz nach dem Spiel verkündete: „Ich bin heute stolz auf die Stimmung im Stadion, auf die Mannschaft und auf den Verein. Es war ein verdienter Sieg.“
Gerüstet für die nächsten Spiele
Im folgenden Auswärtsspiel holte Energieleistung beim 1:1 bei TUS Koblenz. Tragischer Held auf Seiten der Wormser war der Österreicher Thomas Gösweiner, der kurz vor der Halbzeit den Ausgleich für die Wormatia markierte, aber in der 84. Minute die rote Karte erhielt. Der zweite Stürmer, Daisuke Ando, musste schon nach einer halben Stunde verletzungsbedingt vom Platz. Da trifft es sich gut, dass der Kader der Wormatia mit 21 Spielern mittlerweile (fast) optimal besetzt ist und die Langzeitverletzten wie Gopko, Burgio oder Metzger wieder im Training sind und in die erste Elf drängen. In Anbetracht der äußeren Umstände und des knallharten Auftaktprogramms schien alles andere als ein Festsetzen im Tabellenkeller eine kleine Sensation zu sein. Jetzt steht die Wormatia nach fünf Partien im gesicherten Mittelfeld und die Saison scheint erst so richtig los zu gehen. Denn im September warten – nach dem Backfischfest-Heimspiel gegen den überraschend starken Aufsteiger Eintracht Stadtallendorf (Pflichtsieg!) – mit Waldhof Mannheim, Kickers Offenbach und dem 1. FC Saarbrücken drei richtige Brocken auf die Wormatia.